Die Rolle der Schweiz als Gaststaat internationaler Organisationen und als Zentrum für globale Gouvernanz soll weiter gefestigt und nachhaltig entwickelt werden. Dies hat der Bundesrat in einer Botschaft auch für den Zeitraum 2020-2023 beschlossen, und zu diesem Zweck die Gründung einer Stiftung genehmigt. Unter dem Namen „Geneva Science and Diplomacy Anticipator“ soll die Stiftung vom Bund gemeinsam mit dem Kanton und der Stadt Genf errichtet werden, teilte der Bundesrat mit. Die Neugründung soll die Position der Schweiz bei den Themen der multilateralen Diplomatie des 21. Jahrhunderts stärken sowie Wissenschaft und Diplomatie näher zusammenzubringen.
„Zur Stärkung des Gaststaats Schweiz muss das internationale Genf als Ort positioniert werden, wo neue Themen diskutiert werden, die die Welt in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen werden“, so der Bundesrat. Dazu zählt er etwa die Fortschritte in der Genetik, die die medizinischen und landwirtschaftlichen Praktiken verändern, oder die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf die Arbeit. Die Stiftung solle der internationalen Gemeinschaft „ein innovatives und flexibles Instrument zur Verfügung stellen, das die Arbeit der internationalen Organisationen beschleunigt, so dass die Themen der multilateralen Diplomatie des 21. Jahrhunderts rasch angegangen werden können“. Denn, so die Mitteilung des Bundesrats, die neuen technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen bedeuten nicht nur Fortschritt und Zukunftschancen, sondern sie können unsere Gesellschaften und Institutionen auch destabilisieren: „Es braucht innovative, grenzübergreifende Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren, um die durch diese Entwicklungen verursachten Herausforderungen zu lösen, die Gouvernanzbedürfnisse zu ermitteln und entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.“
Drei Millionen Schweizer Franken
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) unterstützt die Lancierung der Stiftung mit drei Millionen Schweizer Franken, verteilt über drei Jahre, je 300.000 Franken kommen von Kanton und Stadt Genf. Die Gründung werde auch durch private Zuwendungen unterstützt, so der Bundesrat, nennt aber weder Zahlen noch Namen. „Um den Stiftungszweck sicherzustellen, ernannte der Bundesrat Peter Brabeck-Letmathe zum Präsidenten und Patrick Aebischer zum Vizepräsidenten der Stiftung“, teilte der Bundesrat mit. Brabeck-Letmathe ist früherer langjähriger Nestlé-Präsident, Aebischer war Präsident der ETH Lausanne.
Kritik schon im Vorfeld
Schon im Vorfeld sorgte die geplante Stiftung für Kritik, auch innerhalb des Bundesrats. Einerseits aufgrund der vorgesehenen Aufteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor: „So soll das Aussendepartement zwei Millionen und private Geldgeber acht Millionen Franken für die zweijährige Pilotphase der Stiftung einbringen“, erklärte die NZZ im Juli vergangen Jahres. Dieser Plan wurde nun geändert. Andererseits auch rund um die personelle Besetzung. Bemängelt wurde, dass weder er noch Aebischer aus dem diplomatischen Umfeld Genfs stammen. Ursprünglich war der ehemalige Nationalrat und FDP-Präsident Fulvio Pelli als Leiter des Stiftungsrats vorgesehen.
Mehr Nestlé als Diplomatie?
Nicht erfreut über die Neugründung zeigt sich Public Eye, besser bekannt unter ihrem ehemaligen Namen „Erklärung von Bern“. Der Verein titelte „Nestlé verbessert die Welt – mit Schweizer Steuergeldern“ und mutmasst, dass sich durch die neue Stiftung vor allem Nestlé und das politische Machtzentrum näher kommen werden.
Denn neben dem Stiftungspräsidium, das mit einem Nestlé-Mann besetzt wird, ist auch der Vizepräsident dem Konzern verbunden: Er war 2011 bis 2015 Verwaltungsratsmitglied der Nestlé Health Science SA. „Herr Aebischer liess sich zwar an der EPFL (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) zwei Lehrstühle von Nestlé finanzieren und musste deswegen per 2015 aus dem Verwaltungsrat der Nestlé Health Science SA austreten. Aber 2015 wechselte er nahtlos in den Verwaltungsrat der Nestlé S.A und sitzt jetzt erneut im Advisory Board der Nestlé Health Science SA. Das beweist doch, dass er ganz klar weiss, wessen Interessen er vertritt“, konstatiert Public Eye.