Zur Premiere der Zürcher Debatte lud DIE STIFTUNG drei Experten ein: Dr. Peter Spinnler (Aminato-Stiftung), Jan Viebig (Bank Vontobel) und Holger Gachot (Star Capital). Die Diskussion drehte sich um die Möglichkeiten, die Stiftungen angesichts des Niedrigzinsumfeldes ergreifen können und welche Voraussetzungen, etwa bei der Expertise eines Stiftungsrates, dafür notwendig sind.

Zur Premiere der Zürcher Debatte lud DIE STIFTUNG drei Experten ein: Dr. Peter Spinnler (Animato-Stiftung), Dr. Jan Viebig (Harcourt) und Holger Gachot (Star Capital). Die Diskussion drehte sich um die Möglichkeiten, die Stiftungen angesichts des Niedrigzinsumfeldes ergreifen können, und welche Voraussetzungen, etwa bei der Expertise eines Stiftungsrates, dafür notwendig sind.

 

Die STIFTUNG: Herr Dr. Spinnler, die Animato-Stiftung gibt auf ihrer Webseite ein Renditeziel von 4% an, hat das aber durch die Fokussierung auf Anleihen und Liquidität von 2006 bis 2011 in keinem Jahr geschafft. Haben Sie seither etwas geändert?
Dr. Peter Spinnler: Die Situation heute ist so, dass 4% unrealistisch sind, wir haben zuletzt zwischen 2,5 und 3% erreicht, die Löcher müssen wir mit Spenden stopfen. Wir haben jetzt für zwei Drittel des Bond-Portfolios ein aktives Management eingeführt, das ansprechende Resultate bringt. Die zweite, langfristige Massnahme ist der Übergang von einer „ewigen“ Stiftung zu einer Verbrauchstiftung.

Die Stiftung: Herr Dr. Viebig, Herr Gachot: Wie bewerten Sie das Vorgehen der Animato-Stiftung und was raten Sie Stiftungen
im aktuellen Umfeld?
Dr. Jan Viebig: Wir sind in einem Umfeld von extrem niedrigen Zinsen. Wenn man sich den Zinsverlauf seit der Französischen Revolution ansieht, stellt man fest, dass die Zinsen nur in den 1940er Jahren so tief waren wie heute. Anleger, die in Anleihen mit langen Laufzeiten investiert sind, werden hohe Kapitalverluste erleiden, wenn sich die Zinsen früher oder später normalisieren.
Auf der Suche nach höheren Renditen fliesst derzeit viel Kapital in Aktien, die seit 2009 bereits stark gestiegen sind. Schaut man sich etwa die Shiller P/E-Ratio an, dann stellt man fest, dass Aktien in mehreren Ländern derzeit im obersten Bewertungs-Quartil sind. Das heisst nicht, dass Aktienkurse nun stark fallen werden, Anleger sollten bei Investments in Aktien aber ihre Renditeerwartungen anpassen. Die hohen Renditen, die Anleger mit Aktien seit 2009 erzielt haben, sind aufgrund des hohen Bewertungsniveaus in den nächsten Jahren eher unwahrscheinlich. Zudem ist die Volatilität von Aktien derzeit ungewöhnlich tief. Steigt diese, dann werden Investoren mit Aktien hohe Kursverluste erleiden.
Da Investments in traditionelle Anlagen, Aktien und Bonds, derzeit nicht sonderlich attraktiv erscheinen, schauen sich Stiftungen, Pensionsfonds und andere institutionelle Anleger momentan vermehrt nach Alternativen um. Eine gute Alternative sind Strategiefonds, die Momentum-Strategien, Value-Strategien und Prämienstrategien umsetzen. Solche Strategien waren früher Hedgefonds vorbehalten. In den USA sind sogenannte Liquid Alternatives (Alternative Investments, die täglich handelbar sind, Anm. der Redaktion) derzeit der am stärksten wachsende Bereich im Asset Management. Das Wachstum von Liquid Alternatives wird meines Erachtens in den nächsten Jahren zu den bedeutendsten Trends im Asset Management zählen.
Stiftungen und andere institutionelle Anleger können ihr Kapital heute nicht nur über verschiedene Anlageklassen wie Aktien und Anleihen streuen, sondern auch über verschiedene Strategien, die eine geringe Korrelation mit traditionellen Anlagen aufweisen. Anleger können dadurch alternative Risikoprämien nutzen und gleichzeitig Diversifikationsvorteile erzielen.
Holger Gachot: Ich möchte das Thema von einer anderen Seite aus aufgreifen. Wir stecken in einer ungelösten Finanzkrise. Das zeigt sich zum Beispiel an Ankündigungen von EZB-Präsident Draghi, Negativzinsen gegenüber aufgeschlossen zu sein, und vielen weiteren Gedanken, etwa denen des IWF über Abgaben auf Vermögen. Der zweite Aspekt ist: Wir stecken in einer Phase, in der die Konjunktur nur langsam läuft und somit auch keine inflationären Tendenzen entstehen. Es sind eher deflationäre oder disinflationäre Tendenzen erkennbar. Wir stecken also in einem Umfeld, in dem wir mit deflationären Trends und auf der anderen Seite mit einer ungelösten Finanzkrise leben müssen.
Was machen wir also im Umkehrschluss? Bleiben wir in der Liquidität? Da ist die Gefahr, dass Vermögen abgeschöpft wird, ausserdem bringt Liquidität keinen Zins. Wenn wir uns die Rentenmärkte anschauen, besteht natürlich immer ein Restrisiko, dass Zinsen steigen. Die Zinsen werden dabei weniger durch die Massnahmen der Zentralbanken verändert, sondern mehrheitlich über das Bonitätsranking der Emittenten. Wenn sich die Bonitäten verschlechtern, werden am Kapitalmarkt die Zinsen leicht steigen, wenn sie sich für einzelne Staaten verbessern, werden die Zinsen leicht zurückkommen. Diese Entwicklungen bringen mit einer aktiven Rentenstrategie durchaus Mehrwert. Wir meiden derzeit Staatsanleihen und bevorzugen Unternehmensanleihen. In den USA bekommen Sie für Unternehmensanleihen im BBB oder BB Bonitätsbereich Renditen zwischen 4,6 und 5%, und den US-Dollar gegen Euro oder Schweizer Franken abzusichern, kostet heute fast nichts. Eine Idee ist auch, in sogenannte Fallen Angels zu investieren. Also Anleihen, die aus dem Investment Grade herausfallen. Da kommt es oft zu überverkauften Situationen und man kann mal ein Schnäppchen machen.
Bei Aktien teile ich die Einschätzung von Herrn Viebig nicht ganz. Es gibt in der Peripherie in Südeuropa Märkte, die eine attraktive oder neutrale neutrale Bewertung haben, die durch die Eurodiskussion in Missgunst geraten sind. Der starke Euro, der eine Belastungssituation für diese Länder dargestellt hat, weicht auf, und aus dieser Situation heraus lässt sich unseres Erachtens in diesen Märkten noch ein entsprechender Mehrwert generieren.
Insgesamt sehen wir die Chancen an den etablierten Märkten als weiterhin relativ gut an, denn viele Investoren sind unterinvestiert, die Liquidität wird den Märkten helfen.

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