Zur Premiere der Zürcher Debatte lud DIE STIFTUNG drei Experten ein: Dr. Peter Spinnler (Aminato-Stiftung), Jan Viebig (Bank Vontobel) und Holger Gachot (Star Capital). Die Diskussion drehte sich um die Möglichkeiten, die Stiftungen angesichts des Niedrigzinsumfeldes ergreifen können und welche Voraussetzungen, etwa bei der Expertise eines Stiftungsrates, dafür notwendig sind.

DIE STIFTUNG: …weil ja eben gerade keine klassischen Mittelständler da drin sind und die Bezeichnung Etikettenschwindel ist…
Gachot: …genau, und das zeigt: Man begibt sich in Risiken, die viel schwerer zu überschauen sind und viel höher sind als bei klassischen, traditionellen Anlagen. Bei Private Equity bekomme ich nur zweimal im Jahr eine Bewertung. Das beruhigt, und damit bin ich bei meinem Thema: Die Aktie macht nervös, weil ich täglich den Preis sehe. Wir sehen aktuell eher einen Trend raus aus Kleinst- und Nebenwerten und rein in Blue Chips (umsatzstarke Aktien von Unternehmen mit hohem Börsenwert, Anm. d. Red).
Spinnler: Herr Gachot, Sie haben mit den Ausführungen zu Risiken und mangelnder Liquidität recht. Aber was ist die Reaktion darauf? Ich bin im Anlageausschuss einer grösseren Schweizer Stiftung mit einem Kapitalstock von ca. 170 Mio. CHF tätig. Dort werden eben die von Ihnen genannten Risiken gemieden mit dem Ergebnis: Wir sind ausschliesslich in Anleihen, Aktien und Schweizer Immobilien investiert und damit absolut konservativ aufgestellt.

DIE STIFTUNG: Muss man letztlich festhalten: Egal, ob man nun in den traditionellen Anlageschemata bleibt oder Alternativen ausprobiert, schon die eingangs geforderten 4% Rendite sind ziemlich ambitioniert?
Gachot: Absolut. Man darf die Erwartungen nicht überborden lassen. Wir haben eine Inflation in Europa von zuletzt 0,7%. Wenn Sie 3% erwirtschaften, haben Sie eine reale Verzinsung von mehr als 2%. Das klingt nicht nach viel, aber es ergibt keinen Sinn, höhere Risiken einzugehen, die man nicht steuern kann, zumal diese Risiken aktuell nicht ausreichend bezahlt werden.
Spinnler: Bei allem dürfen wir die Kostenfrage nicht vernachlässigen. 3 bis 4% Rendite finden wir in der Schweiz schon sehr gut. Aber wie wollen sie denn aktive Steuerung umsetzen und weitere versteckte Kosten bei Banken tragen, wenn das zusammen auf bis zu 2% Kosten kommt?
Gachot: Bei den Zahlen, die wir nennen, sprechen wir von Renditen nach Kosten. Für Stiftungen liegen in Deutschland die Kosten eher bei deutlich unter 1%. Es gibt einen klaren Trend: Diese Wegelagerer-Gebühren lassen sich umgehen, da muss man aufpassen, aber mit professionellen Partnern gelingt das.

DIE STIFTUNG: Expertise ist also gefragt, die Kosten müssen aber gering gehalten werden. Wie können Stiftungen dieses Dilemma lösen?
Spinnler: Was ich Stiftungen empfehlen würde: Die Kompetenz im Finanzbereich, die ein Stiftungsrat haben sollte, muss man sich beschaffen. Was nicht geschehen darf, ist das, was lange Zeit in der Schweiz Hausgebrauch war: Dass ein Vertreter der beratenden Bank in den Stiftungsrat einzieht. Das ist ein Interessenkonflikt. Ich muss in der Schweiz immer noch mahnen, diesen Konflikt zu überwinden und einen neutralen Finanzfachmann hinzuzuziehen, um möglichst auf gleicher Augenhöhe mit den Beauftragten für die Investitionen zu diskutieren.
Viebig: Mit der bereits vorgestellten Risikoprämien-Strategie können Stiftungen und andere institutionelle Anleger rund zwei Drittel der Kosten sparen, die in der Vergangenheit bei Anlagen in herkömmliche alternative Investmentprodukte angefallen sind. Gerade bei Investments in alternative Anlagen ist es wichtig, dass Anleger konsequent darauf achten, dass die Produkte liquide, transparent und kosteneffizient sind. Bei einer Betrachtung über mehrere Jahre kommt der Begrenzung der Kosten aufgrund des Zinseszinseffektes eine enorme Bedeutung zu.
Gachot: Da möchte ich Herrn Dr. Spinnler eine Idee mitgeben: Die neutrale Person im Stiftungsrat würde ich nicht berufen, sondern mandatieren. Das wird von Familiy Offices vorgemacht. Es geht darum, vorgeschlagene Investmentideen stetig zu evaluieren. Da muss man verschiedene Experten zuvor hören, also einen Beauty Contest machen, und dort, wo man meint, es passt, ein Mandat vergeben. Das entlastet den Stiftungsrat und sorgt für Transparenz: Man hat einen neutralen Experten an seiner Seite, dessen Rat man einholen kann, und kommt so zu einer objektiven und nachvollziehbaren Lösung.

DIE STIFTUNG: Meine Herren, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen und die Diskussion.

 

Durch die Debatte führte Stefan Preuß.

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