Stiftungskapital - DIE STIFTUNG https://www.die-stiftung.de/stiftungskapital/ Magazin für das Stiftungswesen und Philanthropie Mon, 15 Apr 2024 12:42:33 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.3 Stiftungszweck im Portfolio? https://www.die-stiftung.de/stiftungszweck/stiftungszweck-im-portfolio-101295/ Mon, 15 Apr 2024 12:35:53 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=101295 Wie viel Rendite Stiftungen dem finanziellen Zweck opfern dürfen, ist nicht genau festgelegt

Stiftungen brauchen laufende Erträge, um ihren Zweck zu erfüllen. Doch können sie nicht zumindest teilweise den Zweck direkt über die Kapitalanlage erfüllen, auch zulasten der Rendite?

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Wie viel Rendite Stiftungen dem finanziellen Zweck opfern dürfen, ist nicht genau festgelegt

Stiftungen brauchen laufende Erträge, um ihren Zweck zu erfüllen. Doch können sie nicht zumindest teilweise den Zweck direkt über die Kapitalanlage erfüllen, auch zulasten der Rendite?

Dass Anlageentscheidungen über die finanzielle Rendite hinausgehen, ist längst etabliert. Nicht regulierte Investoren sind frei in der Wahl, gegebenenfalls auch auf Performance zu verzichten, um ein Thema zu befördern – doch wie ist die Lage bei Stiftungen, die sich an ihre Satzung halten müssen? Dürfen sie gewissermaßen den Zweck in Teilen durch Investitionen erfüllen, wenn so die Erträge erwartbar niedriger ausfallen? Das wurde beim Bochumer Stiftungsrechtstag diskutiert.

„Keine veröffentlichte Rechtsprechung“

„Es gibt keine veröffentlichte Rechtsprechung zum Thema, keine verlautbarte Haltung der Stiftungsbehörden“, sagt Rechtsanwalt Matthias Uhl von der Kanzlei PSP München, der das Thema in den Räumen der Ruhr-Universität vorstellte. „Die Stiftungsbehörden weisen zu Recht darauf hin, dass es nicht ihre Funktion ist, darüber zu befinden, wie Stiftungen hier agieren.“

Grundsätzlich gelte für Stiftungen: „Der Zweck muss mit der Rendite aus dem Vermögen verwirklicht werden, nicht mit dem Vermögen selbst“, sagt Uhl. Eine Vermischung mit „unternehmerisch-innovativen“ Ansätzen wie dem „Mission Investing“, dem zweckbezogenen Investieren, sei im Stiftungsrecht nicht angelegt. Auch das bei gemeinnützigen Stiftungen stets mitzudenkende Gemeinnützigkeitsrecht bestehe darauf, dass Stiftungen wirtschaftlich angemessen agieren. Das zeige sich beim kon­struierten Extrembeispiel besonders deutlich. „Wenn wir annehmen, dass eine Stiftung nur eine Anlage tätigen möchte, dann ist aus rechtlichen Gründen die Anlage vorzuziehen, die eine höhere Ertragserwartung bei ansonsten gleichen Risikoeigenschaften bietet.“

Breite Aufstellung bringt Flexibilität

In Wirklichkeit kommt die Einzelanlage aus Diversifikationsgründen selten vor, wodurch sich ein Ermessensspielraum hinsichtlich der Vorgabe öffnet – einmal davon abgesehen, dass der Vergleich von Chance-Risiko-­Verhältnissen zwischen Assets kaum exakt sein kann. „Angesichts der Tatsache, dass eine Stiftung noch einige andere Investments tätigt, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, mit Blick auf einen überschaubaren Teil des Stiftungsvermögens durchaus zugunsten des Zwecks und zulasten einer Renditeerwartung zu entscheiden“, sagt Uhl. „Im Rahmen einer solchen ‚Beimischung‘ gibt es auch keine verbindlichen Wertgrenzen – weder wirtschaftlich noch rechtlich. Allerdings muss das Portfolio insgesamt auf die Erzielung eines ex ante als angemessen anzusehenden wirtschaftlichen Ertrags ausgerichtet sein.“ Damit gelten für zweckbezogene Investitionen dieselben Regeln wie für andere Anlageformen.

Ein gewisser Anteil direkter Zweckerfüllung in der Kapitalanlage ist für Stiftungen also durchaus möglich. Entscheidend sei dabei, dass die Gremien ihr Ermessen ordnungsgemäß ausüben, sich gut über die Anlage für den Stiftungszweck informieren und auch dokumentieren, sagt Uhl – denn auch ein Investment zur Zweckerfüllung sollte möglichst nicht ausfallen. „Das gilt natürlich immer vorbehaltlich der Satzung als entscheidendem Stiftungsdokument. Sie bestimmt, ob überhaupt und inwieweit Spielraum besteht.“

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Deutsche Stiftung Friedensforschung erhält Zustiftungen vom Bund https://www.die-stiftung.de/stiftungsszene/deutsche-stiftung-friedensforschung-erhaelt-zustiftungen-vom-bund-100955/ Wed, 28 Feb 2024 14:29:13 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=100955

Die Bundesregierung unterstützt die Deutsche Stiftung Friedensforschung mit Zustiftungen bis 2029. Damit fließen Mittel in einer Gesamthöhe von zwölf Millionen Euro. Zuvor hatte der Wissenschaftsrat dringend angeraten, die Stiftung finanziell stärker zu unterstützen.

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Die Bundesregierung unterstützt die Deutsche Stiftung Friedensforschung mit Zustiftungen bis 2029. Damit fließen Mittel in einer Gesamthöhe von zwölf Millionen Euro. Zuvor hatte der Wissenschaftsrat dringend angeraten, die Stiftung finanziell stärker zu unterstützen.

Die Deutsche Stiftung Friedensforschung erhält im Jahr 2024 eine Zustiftung in Höhe von zwei Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt. Der Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages sieht laut Pressemitteilung der Stiftung zudem Zahlungen in gleicher Höhe für die Jahre 2025 bis 2029 vor. Ziel der Zustiftungen in Höhe von zwölf Millionen Euro sei es, die Förderleistungen für die Friedens- und Konfliktforschung und die Kapitalbasis der Deutschen Stiftung Friedensforschung mittelfristig zu sichern. Die finanziellen Mittel würden über das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitgestellt.

Der Vorsitzende des Stiftungsvorstands Ulrich Schneckener, Professor für Internationale Beziehungen sowie Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Osnabrück, sprach laut Pressemitteilung von „einer sehr erfreulichen und wegweisenden Entscheidung für die Deutsche Stiftung Friedensforschung. Mit den Zustiftungen erhält die Stiftung die notwendige Planungssicherheit für die Förderung von Projekten und für die Umsetzung des weiterentwickelten Förderkonzeptes“.

23 Millionen Euro bisher verteilt

Die Deutsche Stiftung Friedensforschung mit Sitz in Osnabrück wurde im Jahr 2000 durch den Bund als unabhängige Einrichtung der Forschungsförderung für die Friedens- und Konfliktforschung gegründet. In Verwaltung der Stiftung befindet sich zudem die Ludwig-Quidde-Stiftung, benannt nach dem Aktivisten und Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde (1858–1941). Diese vergibt auch den Ludwig-Quidde-Preis für herausragende wissenschaftliche Arbeiten aus dem Bereich der Friedens- und Konfliktforschung.

Seit ihrer Gründung stellte die Deutsche Stiftung Friedensforschung nach eigenen Angaben Fördermittel in einer Gesamthöhe von 23 Millionen Euro für die strukturelle und inhaltliche Weiterentwicklung des Forschungsfelds bereit. Die Stiftung wurde im Jahr 2000 mit einem Startkapital von umgerechnet rund 25 Millionen Euro ausgestattet, Ende 2023 betrug das Vermögen laut Stiftung 27,2 Millionen Euro. Zustiftungen des Bundes gab es auch in den Jahren 2020 bis 2023 – in Höhe von jeweils 1,5 Millionen Euro. Der Wissenschaftsrat hatte nach einer Evaluation der Deutschen Stiftung Friedensforschung der Bundesregierung die dringliche Empfehlung vorgelegt, die Deutsche Stiftung Friedensforschung finanziell besser auszustatten.

Die Stiftung darf laut Satzung Kapital verzehren, sofern die Erfüllung des Stiftungszwecks anders nicht zu verwirklichen ist. „Von dieser Möglichkeit wird regelmäßig Gebrauch gemacht, so dass die Zustiftungen nicht ausschließlich zu einer Erhöhung des Stiftungskapitals verwendet, sondern auch zu einem erheblichen Anteil der Absicherung der Forschungsprojektförderung benötigt werden. Die Höhe des Stiftungskapitals ist deshalb eine variable Größe“, so die Geschäftsstelle.

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Signa-Pleite: RAG-Stiftung schreibt Investitionen ab https://www.die-stiftung.de/stiftungsszene/signa-pleite-rag-stiftung-schreibt-investitionen-ab-100724/ Thu, 08 Feb 2024 07:57:08 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=100724 Die Zeche Zollverein in Essen, Verwaltungssitz der RAG-Stiftung.

Die RAG-Stiftung hat ihre gesamten Investitionen in die Signa-Gruppe abgeschrieben. Dies beschert ihr hohe Verluste. Vorstandsvorsitzender Bernd Tönjes sieht jedoch keinen Grund zur Sorge.

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Die Zeche Zollverein in Essen, Verwaltungssitz der RAG-Stiftung.

Die RAG-Stiftung hat ihre gesamten Investitionen in die Signa-Gruppe abgeschrieben. Dies beschert ihr hohe Verluste. Vorstandsvorsitzender Bernd Tönjes sieht jedoch keinen Grund zur Sorge.

Die RAG-Stiftung hat in ihrem Jahresabschluss für das Jahr 2023 ihr gesamtes Engagement in der insolventen Signa-Gruppe abgeschrieben. Das macht etwa ein bis zwei Prozent ihres Gesamtvermögens in Höhe von 17,6 Milliarden Euro aus, also zwischen 180 und 350 Millionen Euro. Dies bestätigt ihr Vorstandsvorsitzender Bernd Tönjes in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er betont, dass die RAG-Stiftung aktuell kein Risiko mehr in Bezug auf Signa habe.

Signa ist ein im Jahr 2000 gegründetes österreichisches Immobilienunternehmen. Es tätigte zahlreiche Zukäufe, unter anderem erwarb es die Warenhausgesellschaften Karstadt und Galeria Kaufhof. 2023 geriet Signa zunehmend in finanzielle Schieflage, im gleichen Jahr meldete das Unternehmen Insolvenz an. Hauptgesellschafter von Signa ist die Familie-Benko-Privatstiftung. Sie ist zu zehn Prozent direkt und zu 74 Prozent über die Signa Supraholding mehrheitlich am Unternehmen beteiligt.

Breite Streuung der Risiken

Die Entscheidung der RAG-Stiftung, bei Signa zu investieren, sei 2017 gefallen, als das Unternehmen ein herausragendes Portfolio im Bereich hochkarätiger europäischer Immobilien besessen habe. Die anfänglich positive Entwicklung habe sich ab 2022 aufgrund steigender Zinsen, schwieriger Geldbeschaffung und explodierender Baukosten gewandelt. Doch Bernd Tönjes betont: „Unsere Philosophie ist, möglichst breit und diversifiziert zu investieren – in allen Ländern dieser Welt und auf möglichst allen Kontinenten. Wir streuen damit die Einzelrisiken so breit wie möglich.“

Trotz der Signa-Verluste habe die Stiftung im Jahr 2023 gute Gewinne verzeichnet, insbesondere durch erfolgreiche Verkäufe in Private-Equity-Fonds. Tönjes rechnet für das letzte Jahr mit einem Ergebnis von rund 400 Millionen Euro, deutlich über den zuvor formulierten Zielvorgaben. Sorgen darüber, dass die RAG-Stiftung die Finanzierung der Ewigkeitskosten des Bergbaus langfristig nicht stemmen könne, mache der Vorstandsvorsitzende sich nicht.

Über die RAG-Stiftung

Die RAG-Stiftung mit Sitz in der Zeche Zollverein in Essen finanziert die Verpflichtungen, die seit Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus als sogenannte Ewigkeitsausgaben fortbestehen. Dazu gehören Grundwasserreinigung, Grubenwasserhaltung oder Poldermaßnahmen in den ehemaligen Steinkohlerevieren an der Ruhr und Saar und in Ibbenbüren. Neben der Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben ist es satzungsgemäß unter anderem Aufgabe der Stiftung, die RAG Aktiengesellschaft bei der Beseitigung und Vermeidung der Folgelasten des Bergbaus zu unterstützen. Die RAG AG befindet sich zu 100 Prozent im Besitz der RAG-Stiftung.

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„Ohne den Wald gäbe es uns nicht mehr“ https://www.die-stiftung.de/alternative-anlagen/ohne-den-wald-gaebe-es-uns-nicht-mehr-97983/ Mon, 20 Feb 2023 13:35:13 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=97983 Wolf-Dietrich Graf von Hundt ist Administrator der Fuggerschen Stiftungen und damit auch für den Forst verantwortlich.

Forstwirtschaft ist für die Fuggerschen Stiftungen seit Jahrhunderten von großer Bedeutung. Administrator Wolf-Dietrich Graf von Hundt erklärt, wie es dazu kam, welche Herausforderungen es bringt und welche Trends er kritisch sieht.

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Wolf-Dietrich Graf von Hundt ist Administrator der Fuggerschen Stiftungen und damit auch für den Forst verantwortlich.

Forstwirtschaft ist für die Fuggerschen Stiftungen seit Jahrhunderten von großer Bedeutung. Administrator Wolf-Dietrich Graf von Hundt erklärt, wie es dazu kam, welche Herausforderungen es bringt und welche Trends er kritisch sieht.

Die Fuggerschen Stiftungen besitzen rund 3.200 Hek­tar Waldfläche. Welche Bedeutung haben diese Investitionen für die Organisation, die 2021 ihr 500-jähriges Bestehen gefeiert hat?

Wolf-Dietrich Graf von Hundt: Ohne den Wald gäbe es uns nicht mehr. Das wäre den berüchtigten schwarzen Schwänen geschuldet, die man immer erst im Nachhinein erkennt. Früher hatte die Stiftung ein Depot bei der Fuggerbank – das war gewissermaßen ein Welthandelskonzern mit angegliederter Bank: das Konto St. Ulrich. Heute würde man Charity-Konto sagen. Die Einlagen kamen von den Stiftern Jakob Fugger und dessen Brüdern und dann noch einmal von Anton Fugger. Durch die spanischen und französischen Staatskonkurse und den Dreißigjährigen Krieg ging viel Vermögen verloren, Schuldner fielen aus. Doch dann gab es einen lichten Moment: Die Stiftung kaufte mit dem Restvermögen aus der Tiroler Landschaft Herrschaften in der Augsburger Umgebung. Die Familie Fugger hat das analog getan. So hat das Vermögen überlebt – Inflationen, Kriege, Währungsreformen und gesellschaftliche Umschwünge.

„Historisch waren Kahlschläge keine Seltenheit.“
Wolf-Dietrich Graf von Hundt

Was sind aus Ihrer Sicht die Vor- und Nachteile dieser Assetklasse?

Graf von Hundt: Mit dem Holz wird ein allzeit moderner und zu jeder Zeit benötigter Rohstoff erzeugt. Seit sicher 200 Jahren wird der Stiftungsforst nachhaltig bewirtschaftet. Seit der Zeit wird ein nachhaltiger positiver Finanzstrom für die Stiftungen generiert. Das können für diesen Zeitraum in Deutschland nicht viele Assets zeigen. Nachteilig ist sicher die geringere Rendite. Sie liegt im Schnitt bei etwa einem Prozent im Jahr. Zudem ist man gezwungen, dieses Asset aktiv zu managen, was ein sehr spezifisches Fachwissen und einen gewissen Mitarbeiterstamm nötig macht. Und diese Assetklasse ist nicht sehr fungibel – und es braucht eine gewisse Größe, um überhaupt von einem sinnvollen Investment sprechen zu können.

An Ihrem Stiftungsforstamt findet sich ein Spruch von 1848, der beginnt mit „Heget den Wald, er ist des Wohlstands sichere Quell, schnell verheert ihn die Axt … “ War Forstwirtschaft immer schon nachhaltig?

Graf von Hundt: Historisch waren Kahlschläge keine Seltenheit. Der Forstmann Carlowitz hat Anfang des 18. Jahrhunderts Nachhaltigkeitsgrundsätze aus Frankreich für preußischen Forst reklamiert. Wir wissen seither, dass man den Wald nicht nur mit dem sprichwörtlichen Holzauge sehen darf, sondern auch mit dem Waldauge betrachten muss – und nicht mehr nutzen sollte, als jährlich nachwächst. Allerdings kann man im Forst nicht einfach Inventur machen. Allein die Anzahl der Bäume zu zählen, ist schon mühsam. Wir machen daher alle zehn Jahre Inventur im Stichprobenverfahren, und das seit 200 Jahren.

Was muss Forstwirtschaft tun, um nachhaltig zu agieren? Welches Verbesserungspotential sehen Sie?

Graf von Hundt: Die größte Herausforderung für den Forst ist sicher der Klimawandel. Der Wald, den wir heute haben, wird zukünftig nicht mehr den Ertrag bringen und seine wichtigen Funktionen erhalten können, wenn wir ihn nicht ambitioniert auf den Klimawandel vorbereiten. Nachdem noch niemand hinreichend genau das Klima für die nächsten 100 Jahre beschreiben kann, ist es fast nicht möglich, eine passgenaue Baumartenwahl zu treffen. Wir wissen ja nur, dass es wärmer wird und die Trockenphasen länger und die Extremwetterereignisse stärker werden. Ganz schlimm sind trockene Sommer: Tage über 30 Grad und Nächte über 20 Grad machen Bäumen enorm zu schaffen, aber auch starker Regenguss in kurzer Zeit ist nicht hilfreich. Bei den Fuggerschen Stiftungen bauen wir daher den Wald schon seit den letzten 30 Jahren langsam um und versuchen, die Artenvielfalt unter unseren Forstbäumen zu erhöhen. Man muss sich klarmachen, dass im Forst alles viel Zeit braucht. Wir arbeiten jedes Jahr auf einem Prozent unserer Fläche. Dabei sind wahrscheinlich jeweils 30 bis 80 Prozent schon von der Natur vorgegeben – denn dort wächst ja bereits etwas. Man kann also nicht einfach alles neu aufforsten.

Wie ist aus Ihrer Sicht die internationale Lage?

Wolf-Dietrich Graf von Hundt in den Räumen des Seniorats in der Verwaltung der Fuggerei. Foto: Oliver Soulas

Graf von Hundt: International wäre es sicher von Vorteil, wenn die Wirtschaftswälder nachhaltig bewirtschaftet würden und der illegale Holzhandel wirksam unterbunden würde. Dann wären wir einen großen Schritt weiter. Doch die Vorschriften sind sehr unterschiedlich – und in Deutschland besonders streng, auch im europäischen Vergleich. Während zum Beispiel in Kanada oder Schottland 1.000 Hektar Kahlhieb als für die Natur verträglich gelten, ist bei uns ein Kahlhieb von zwei Hektar gesetzlich verboten. Auch gibt es eine Wiederaufforstungspflicht binnen fünf Jahren. Den illegalen Holzhandel zu bekämpfen, wäre sehr wichtig. Aktuell werden in Europa Tropenhölzer zu Pellets verpresst. Das sind natürlich Restprodukte, aber mit Blick auf die Nachhaltigkeit ist das abstrus.

Wie schätzen Sie die Situation bei der Zertifizierung ein? Bietet sie Industrie und Verbrauchern eine gute Orientierung oder besteht Handlungsbedarf?

Graf von Hundt: Etwas ohne Zertifikat zu kaufen, ist ja heute fast nicht mehr üblich. Aus meiner Sicht wird da mit dem Verbrauchervertrauen auch oft leichtfertig gespielt. Mit der forstlichen Wirklichkeit setzen sich, soweit ich das beurteilen kann, nur zwei Labels auseinander: PEFC und FSC. Bei PEFC ist der Prozess transparent, bei den Richtlinien sprechen nicht nur Experten, sondern auch die Waldbesitzer mit. Daher hat es für die Forstwirtschaft sicher die höhere Attraktivität, was sich übrigens in der zertifizierten Fläche weltweit zeigt. FSC ist in manchen Richtlinien für uns schwer umsetzbar und wird von unseren Kunden auch nicht nachgefragt. Hintergrund ist, dass FSC eine Flächenstilllegung zwischen fünf und zehn Prozent umfasst, was für die meisten Waldbesitzer nicht darstellbar ist. Ein ganz anderes Thema ist die CO2-Zertifizierung. Diese steckt aber noch in den Kinderschuhen. Da wäre eine schnelle Weiterentwicklung für uns sicher interessant.

Bei Waldinvestments wird häufig mit einer gewissen Abkopplung von den Finanzmärkten geworben. Wie sieht es mit der Volatilität der Marktpreise aus?

Graf von Hundt: Der Markt für große Forstflächen ist sehr intransparent, da kaum Flächen gehandelt werden. Bei den dort aufgerufenen Preisen spielen oft Faktoren eine Rolle, die unter strengen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten keinen Einfluss auf den Preis haben dürften, etwa die Jagd. Momentan sind die Preise für Forstflächen noch hoch, was aus meiner Sicht an der Nullzinspolitik lag. Auch die Holzpreise sind zurzeit auf einem hohen Niveau, und der Baustoff erfährt gerade mal wieder eine Renaissance. So ganz entkoppelt ist die Assetklasse jedoch nicht – zumindest die Holzpreise korrelieren mit der Bauwirtschaft.

Haben Sie in der Vergangenheit darüber nachgedacht, die Bedeutung von Forstwirtschaft zu reduzieren und liquidere, global gestreute Varianten wie Aktien oder Anleihen stärker zu gewichten? Warum kam es nicht dazu?

Graf von Hundt: Erst um das Jahr 2000 wurde der Begriff der mündelsicheren Anlage aus dem Bayerischen Stiftungsgesetz genommen. Forst galt immer als besonders sichere Anlageform. Das Wort Aktie brauchte man bis dahin bei der Stiftungsaufsicht gar nicht in den Mund zu nehmen. Seit der Reform der Landesstiftungsgesetze spricht die Stiftungsaufsicht bei der Kapitalanlage nicht mehr so stark mit. Ein weiterer Grund ist aber, dass eine massive Verkleinerung unseres Forstbetriebes auch eine Verschlechterung der Rendite aus dem Forst bedeuten würde.

Info

Die neun Fuggerschen Stiftungen bestehen seit dem 16. Jahrhundert. Jakob Fugger legte den Grundstock mit dem Stiftungsbrief vom 23. August 1521, der auch im Namen seiner Brüder ausgestellt war. Dieser sicherte die drei Kernstiftungen innerhalb der Familie und nach außen juristisch ab. Daran waren alle nachfolgenden und sind auch die kommenden Generationen der Fugger gebunden. Jakob und Anton Fugger wollten damit Augsburger Bürger mit Wohnraum und medizinischen Einrichtungen versorgen. Zugleich dienten sie unter anderem dem Seelenheil der Stifterfamilie, für das die Bewohner der Fuggerei in Augsburg bis heute beten, und einer besseren Predigt.

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Auf Spurensuche https://www.die-stiftung.de/stiftungsvermoegen/nachhaltige-kapitalanlage-96665/ Wed, 07 Sep 2022 09:01:33 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=96665 Unübersichtlich: ESG-Fußabdrücke von Investitionen im Bereich nachhaltige Kapitalanlage zu messen, bleibt eine Herausforderung.

Bei der Suche nach passenden Lösungen für eine nachhaltige Kapitalanlage treffen Stiftungen auf viele offene Fragen. Neben unterschiedlichen Nachhaltigkeitsbegriffen ist auch die Datenlage unübersichtlich und lückenhaft. Wie finden sich institutionelle Anleger wie Stiftungen und Finanzdienstleister angesichts einer Vielzahl an Bewertungsmaßstäben zurecht?

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Unübersichtlich: ESG-Fußabdrücke von Investitionen im Bereich nachhaltige Kapitalanlage zu messen, bleibt eine Herausforderung.

Bei der Suche nach passenden Lösungen für eine nachhaltige Kapitalanlage treffen Stiftungen auf viele offene Fragen. Neben unterschiedlichen Nachhaltigkeitsbegriffen ist auch die Datenlage unübersichtlich und lückenhaft. Wie finden sich institutionelle Anleger wie Stiftungen und Finanzdienstleister angesichts einer Vielzahl an Bewertungsmaßstäben zurecht?

Die Berücksichtigung von ESG-Faktoren (Um­welt, Soziales, Governance) und eine nachhaltige Kapitalanlage soll zum Standard werden, eine Selbstverständlichkeit wie Angurten oder Zähneputzen. Regulierungen auf EU-Ebene und internationale freiwillige Selbstver­pflichtungen haben das Ziel, den Fußabdruck von Investitionen in Sachen Klimawirksamkeit, aber auch anderen Nachhaltigkeitsfaktoren sichtbarer zu machen. Tatsächlich nehmen die Investitionen im Bereich der nachhaltigen Kapitalanlage stetig zu – seit August 2022 sind Dienstleister wie Vermögens­verwalter und Banken in der EU durch die Richtlinie Mifid 2 (Markets in Financial Instruments Directive) sogar verpflichtet, im Beratungsgespräch Nachhaltigkeitspräferenzen zu klären.

Was heute ins Bewusstsein vieler Stiftungen und anderer Anleger gerückt ist, war es bis vor kurzem keineswegs. Der Weg in die nachhaltige Kapitalanlage und zu einem nachhaltig ausge­richteten Portfolio kann beschwerlich sein, wie die Erfahrung von Edith Wolf, Vorständin der Vector-Stiftung, zeigt. Als sie vor sechs Jahren von der Robert-Bosch-Stiftung an ihre neue Stelle wechsel­te, habe sie das Portfolio der unternehmensverbun­denen Vector-Stiftung in einer Struktur vorgefun­den, die vor allem an Rendite und Risiko orientiert war. Ausschlüsse auf bestimmte Aktientitel, bei­spielsweise von Unternehmen aus der Rüstungsindustrie, sowie der Best-in-Class-Ansatz seien zwar vorhanden gewesen, erinnert sich die 51-Jährige. Die Entscheidung aber, das gesamte Stiftungsver­mögen nachhaltig anzulegen, brauchte laut Wolf „ein paar Diskussionen“ mit dem Stiftungsrat sowie den eigenen Vermögensverwaltern – und führte zu kontroversen Gesprächen: zum Beispiel über Anlei­hen des französischen Energiekonzerns EDF. Ein Vermögensverwalter hatte sie der Stiftung empfoh­len, doch für Wolf kam und kommt eine Investition in Atomkraft und Gas nicht in Frage – unabhängig von der umstrittenen politischen Entscheidung, beide Energieträger entgegen den Empfehlungen der Expertenkommission als nachhaltig in die EU-Taxonomie aufzunehmen.

Nach und nach nachhaltig

Inzwischen hat Wolf das Stiftungsvermögen, das heute einem Wert von 50 Millionen Euro entspricht, sukzessive mit Fokus auf Nachhaltigkeit anlegen lassen. Von den Anleihen, die insgesamt 80 Prozent des Stiftungskapitals ausmachen, sind wiederum 80 Prozent oder 32 Millionen Euro in Green Bonds und Social Bonds (Finanzierung nachhaltiger Pro­jekte), Sustainability-linked Bonds (Kuponhöhe be­rücksichtigt Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen) und Anleihen angelegt, deren Emittenten den UN Global Compact unterzeichnet haben. Auch beim in Aktien angelegten Stiftungsvermögen kommen Nachhaltigkeitskriterien zum Einsatz. Hier setzt die Stiftung auf Artikel-8- sowie die weiter reichenden Artikel-9-Fonds.

„Standardisierte Nachhaltig­keitskennzahlen gibt es heute nicht.“

Edith Wolf, Vector-Stiftung

„Es war und ist ein Lernprozess auf allen Sei­ten“, sagt Wolf über die Diskussionen. Auch die fälschliche Vorstellung, dass nachhaltige Finanz­produkte per se weniger Rendite erwirtschafteten, sei ihr begegnet. Dass man nicht auf Performance verzichte, wenn man nachhaltig anlege, sei jedoch längst bewiesen, sagt Wolf. Vorgaben wie Mifid 2 sieht sie positiv: „Das schärft das Bewusstsein“ – insbe­sondere auf Investorenseite. Regularien seien sehr wichtig, „um den Markt zu zwingen, überhaupt in eine nachhaltige Richtung zu gehen“.

Und so verändern sich die Fragen in Sachen nachhaltige Kapitalanlage: Stand in der Vergangenheit das Ob im Mittelpunkt – inklusive vieler Vorurteile und Wissenslücken –, geht es nach Jahren der öffentlichen Diskussion und zunehmen­den Regulierung um die Frage nach dem Wie. Damit ist der Einstieg einfacher, aber die Ausgestaltung noch lange nicht selbsterklärend geworden: Inves­toren, die beginnen, sich mit dem Thema zu be­schäftigen, stehen nicht nur vor der Frage, wie streng und in welcher Ausrichtung sie Nachhaltig­keit umsetzen möchten – sie treffen auch auf eine komplexe Datenlandschaft: Alleine für ESG-Ratings (Umwelt, Soziales, Governance) von Unternehmen gibt es im europäischen Raum 59 unterschiedliche Anbieter, die den Nachhaltigkeitsbegriff unter­schiedlich verwenden und messen, sagt André Höck, der beim Assetmanager EB-SIM der Evangeli­schen Bank für nachhaltige Investments verant­wortlich ist. Die unterschiedlichen Ansätze dieser Vielzahl von Anbietern empfindet auch Wolf als Pro­blem. „Standardisierte Nachhaltigkeitskennzahlen gibt es heute nicht.“ Die Suche nach dem eigenen Fußabdruck wird dadurch nicht einfacher. Sie erfor­dert Initiative der Anleger.

Edith Wolf hat sich als Vorständin der Vector-Stiftung dazu entschlossen, das Stiftungskapital nachhaltig anlegen zu lassen.

Edith Wolf ist Vorständin der Vector-Stiftung. Foto: Vector-Stiftung

Bereits auf der Stufe vor dem Rating besteht Handlungsbedarf: Die nachhaltigkeitsbezogene Be­richterstattung von Unternehmen sei nach wie vor zu anekdotisch und lückenhaft, sagt Olga Emelianova, die beim Datenanbieter MSCI im Bereich ESG-Forschung tätig ist. Auch wenn Unternehmen heute deutlich umfangreicher berichteten als in der Vergangenheit, sei es immer noch ein langer Weg zu einer konsistenteren Datenlage. „Die Verordnungen scheinen recht eindeutig zu sein, aber wenn man sie genauer betrachtet, fehlen ihnen klare Definitio­nen“, sagt Emelianova.

Die richtigen Daten für eine nachhaltige Kapitalanlage?

Maßnahmen wie die Corporate Sustainability Re­porting Directive (CSRD), die die nachhaltigkeitsbe­zogenen Berichtspflichten in der EU ab dem Jahr 2023 erweitert, sollen Abhilfe schaffen. Betroffen sind alle an Börsenplätzen in der EU notierten Un­ternehmen und solche, deren Bilanzsumme 20 Milli­onen Euro übersteigt, die mehr als 40 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse verbuchen und mehr als 250 Mitarbeiter zählen. Sie müssen künftig die Wir­kung von Nachhaltigkeitsaspekten auf ihre eigene wirtschaftliche Lage sowie die Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf Nachhaltigkeitsaspekte offenlegen. Für Emelianova ein Schritt in die richtige Richtung. Wichtig sei es außerdem zu fragen, welche nachhaltigkeitsrelevanten Zahlen allgemein wichtig seien – und welche für bestimmte Sektoren. „Natürlich brauchen wir viele Daten, aber noch wichtiger ist es, dass wir die relevanten Daten bekommen.“

Insgesamt sei die CSRD, so Höck, ein Meilen­stein zur Verbesserung der Datenqualität. Weitere Schritte werden folgen. So habe sich auch die Euro­päische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) auf den Weg gemacht, die Standardisierung von ESG-Ratings voranzutreiben, wie aus einem Ende Juni erschienenen Call for Evidence hervor­geht. „Der Regulator dreht an den richtigen Stell­schrauben“, sagt Höck.

Finanzdienstleister wie MSCI ergänzen die bis­her von den Unternehmen bereitgestellten Daten durch eigene Analysen, Modelle und Datenpunkte. Der weltweit größte Datenanbieter der Finanzindustrie betrachte für jedes Unternehmen rund 1.000 zusätzliche Indikatoren, so Emelianova. Dazu gehöre unter anderem der physische Standort der Geschäftstätigkeit und die Aufschlüsselung der Ein­nahmeströme von Unternehmen: „Welche Produkte stellen Sie her? Welche Art von Dienstleistungen? Wie groß ist der Anteil eines bestimmten Produkts an Ihren Einnahmen? Wie viele Lieferanten haben Sie in Ihrer Lieferkette? Was genau tun diese Liefe­ranten für das Unternehmen?“, lauten die Fragen. Die Unternehmen verfügten jedoch nicht immer über vollständige Informationen zu jedem dieser Aspekte ihres Geschäfts, so die ESG-Expertin.

„Lücken schließen“

Auch J.P. Morgan Asset Management greift ange­sichts unzureichender Unternehmensangaben und unterschiedlicher ESG-Ratings auf eigene Modelle zurück. Um „Lücken zu schließen“, sagt Roland Rott, Leiter des Sustainable Investing Research. Durch die Kombination offengelegter und eigener, modellgenerierter Daten habe man eine Übergangs­lösung für Unternehmensvergleiche und darauf ba­sierende Investitionsentscheidungen. Dabei, so Rott, sei es selbst „für die am besten ausgestatteten Vermögensberater keine einfache Aufgabe, eine umfassende Datenbank mit allen wichtigen Nach­haltigkeitskennzahlen aufzubauen“. Einerseits, weil die Inanspruchnahme von Datendienstleistern kostspielig sein kann, andererseits aufgrund der Datenlücken auf Unternehmensseite.

Dennoch ist mittlerweile einiges in Bewegung geraten was die Möglichkeiten in Sachen nachhaltige Kapitalanlage angeht. Neue Offenlegungsstandards für Daten wie Kohlenstoffemissionen auf Unternehmensseite ver­ringerten zum Beispiel die Abhängigkeit von ande­ren Kennzahlen, so Rott. Gängige Modelle zur Mes­sung von Unternehmensemissionen im Markt be­ziehen sich etwa auf die unterschiedlichen Ebenen Scope 1 bis Scope 3. Während der Ausstoß, den das Unternehmen selbst verursacht (Scope 1), recht einfach zu erfassen ist, wird dies bei eingekaufter Energie (Scope 2) bereits deutlich schwieriger. Die gesamte Lieferkette bis hin zu den Zulieferern der Zulieferer zu durchleuchten, ist eine entsprechend große Herausforderung. Daher kommt bei Scope 3 Schätzungen bislang noch eine große Rolle zu. Dass die Gesamtbetrachtung aller Elemente entschei­dend für die Bewertung ist, zeigt ein plakatives Bei­spiel zweier unterschiedlicher Branchen: Während etwa Hersteller von Automobilen mit Verbren­nungsmotor die größte CO2-Belastung erst bei der Nutzung ihrer Produkte verantworten, erreichen Zementhersteller ihr Maximum bereits bei der Pro­duktion.

„Natürlich brauchen wir viele Daten, aber noch wichtiger ist es, dass wir die relevanten Daten bekommen.“

Olga Emelianova, MSCI

Wie geht es nun weiter? In der aktuellen Situation sind für EB-SIM-Experte Höck zwei Fragen zen­tral: „Was wird gemessen – und wie wird es gemes­sen?“ Sie werden allerdings von den Finanzdienst­leistern unterschiedlich beantwortet. Bereits für Anbieter von Finanzprodukten wie Banken und Ver­mögensverwalter sei es herausfordernd, die Metho­dik von ESG-Ratings im Detail zu verstehen: Wäh­rend manche Agenturen für ihr ESG-Rating ein Peer- Group-Vergleich durchführten, berechneten andere ein absolutes Rating, weshalb Transparenz seitens der Produktanbieter elementar sei, so Höck. Es be­dürfe erfahrener Spezialisten, um die Unterschiede zwischen den Nachhaltigkeitsratings genau zu ver­stehen. Außerdem würden für ESG-Ratings mitun­ter unterschiedliche Fragebögen genutzt oder auf verschiedene Rohdaten zurückgegriffen. Eigene Nachhaltigkeitskennzahlen von Finanzdienstleis­tern würden helfen, ein umfassendes Nachhaltig­keitsbild zu erhalten. EB-SIM etwa beziehe zwar Ra­tings von etablierten Datenanbietern, werte jedoch auch selbständig ESG-Rohdaten aus, die in die Un­ternehmensbewertung des Vermögensverwalters mit einfließen würden. Weitere Metriken also, die verstanden sein wollen.

Passend zur Strategie

Die grundsätzliche Vielzahl an unterschiedlichen Nachhaltigkeitskennzahlen im Bereich nachhaltige Kapitalanlage sei jedoch nicht das Problem, so Höck. Jedes Rating habe unterschiedli­che Stärken und Schwächen. Man müsse verstehen, welche Kennzahlen zu den eigenen Investitionsent­scheidungen passten – was wiederum eine Beschäf­tigung mit der eigenen Strategie erfordert. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Emelianova. Ratings würden sich in ihren Zielen und Methoden unterscheiden. Es sei wichtig zu verstehen, „welche Ratings zu den eigenen Anlageentscheidungen pas­sen“.

Nicht nur Banken und Vermögensverwalter, sondern auch Investoren wie die Vector-Stiftung er­warten von Regularien, dass sie eine Wirkung erzie­len. Ob kommende Richtlinien und Standards die­sen Forderungen gerecht werden, wird sich, trotz der gebotenen Eile, erst zeigen müssen. Dabei wird es auch darauf ankommen, wie zwingend Stiftungen und Investoren ihr Kapital nachhaltig anlegen wol­len. „Ein Wandel muss stattfinden“, so Wolf. „Investitionsentscheider sollten nicht mehr gut schlafen können, wenn sie sich die Notwendigkeit zur nach­haltigen Kapitalanlage nicht bewusst machen.“

Mehr zum Thema nachhaltige Kapitalanlage im Stiftungssektor lesen Sie hier.

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Gates Foundation will pro Jahr neun Milliarden US-Dollar ausgeben https://www.die-stiftung.de/stiftungsvermoegen/gates-foundation-will-pro-jahr-neun-milliarden-us-dollar-ausgeben-96315/ Thu, 14 Jul 2022 12:42:58 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=96315 Bill Gates (links) gründete 2000 zusammen mit seiner damaligen Frau Melinda French Gates die Bill and Melinda Gates Foundation. Investor Warren Buffet unterstützt die Stiftung mit erheblichen Summen.

Die Bill and Melinda Gates Foundation will ab 2026 jährlich neun Milliarden US-Dollar für Projekte bereitstellen – und damit die Erhöhung aufgrund der Corona-Pandemie deutlich übertreffen. Diese Größenordnungen sind nicht zuletzt durch die langjährige Unterstützung eines bekannten Investors möglich.

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Bill Gates (links) gründete 2000 zusammen mit seiner damaligen Frau Melinda French Gates die Bill and Melinda Gates Foundation. Investor Warren Buffet unterstützt die Stiftung mit erheblichen Summen.

Die Bill and Melinda Gates Foundation will ab 2026 jährlich neun Milliarden US-Dollar für Projekte bereitstellen – und damit die Erhöhung aufgrund der Corona-Pandemie deutlich übertreffen. Diese Größenordnungen sind nicht zuletzt durch die langjährige Unterstützung eines bekannten Investors möglich.

Gestartet war sie im Jahr 2000 bei Ausgaben von rund einer Milliarde US-Dollar, ab 2026 will die Bill and Melinda Gates Foundation jährlich neun Milliarden Euro einsetzen. Dazu soll die Summe der Fördergelder schrittweise ansteigen. Zur Pandemiebekämpfung hatte die Stiftung zusätzlich zum Sechs-Milliarden-Budget der Jahre 2020 und 2021 zwei Milliarden US-Dollar bereitgestellt, von denen bislang 1,5 Milliarden US-Dollar abgerufen worden seien.

Milliarden aus Omaha

Um die Auszahlungen zu bewerkstelligen hat Bill Gates angekündigt, weitere 20 Milliarden US-Dollar in die Stiftung einzulegen. Der 66-Jährige betont in seinem Blog zudem die Rolle der „größten Schenkung, die je gemacht wurde“: Sie stammt von Warren Buffet, der „im Grunde die Hälfte unserer Mittel“ zur Verfügung gestellt habe. Seit 2006 habe der Investor und Gründer von Berkshire Hathaway 35,7 Milliarden US-Dollar bereitgestellt, was aufgrund der Wertsteigerung aktuell rund 45 Milliarden entspreche. Die Bill and Melinda Gates Foundation war 2000 mit einem Kapital von 22,9 Milliarden US-Dollar gestartet.

Gates plant Abstieg

Er plane, sein Vermögen weitestgehend der Stiftung zu übertragen, wie der Microsoft-Gründer auf Twitter mitteilte. Er werde auf der Liste der reichsten Menschen absteigen und letztendlich von ihr verschwinden, so Gates. Er sehe das überhaupt nicht als Opfer. „Ich empfinde es als Privileg dazu beizutragen, diese großen Herausforderungen anzugehen, ich genieße die Arbeit, und ich glaube, dass ich eine Verpflichtung habe, meine Mittel auf eine Arte und Weise an die Gesellschaft zurückzugeben, die die größte Auswirkung hat, um das Leben von Menschen zu verbessern.“ Dies sieht Gates in den Bereichen, auf die er in seinem Schreiben eingeht: Pandemievermeidung, Verringerung der Kindersterblichkeit, die Ausrottung von Krankheiten, die Verbesserung von Nahrungssicherheit, Anpassung und Verminderung des Klimawandels, Geschlechtergerechtigkeit und die Verbesserung der Bildungssituation.

Weitere Informationen zur Gates-Stiftung lesen Sie hier.

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DBU erhöht Erträge um 40 Millionen Euro https://www.die-stiftung.de/stiftungskapital/dbu-erhoeht-ertraege-um-40-millionen-euro-96280/ Tue, 12 Jul 2022 09:29:55 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=96280 Alexander Bonde (links), Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), und DBU-Finanzchef Michael Dittrich präsentierten auf der digitalen DBU-Jahrespressekonferenz die aktuellen Zahlen.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat eine positive Bilanz für das Jahr 2021 vorgelegt. Sowohl die Erträge aus der Vermögensanlage, die jährliche Fördersumme der Stiftung sowie auch das Stiftungsvermögen nahmen zu.

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Alexander Bonde (links), Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), und DBU-Finanzchef Michael Dittrich präsentierten auf der digitalen DBU-Jahrespressekonferenz die aktuellen Zahlen.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat eine positive Bilanz für das Jahr 2021 vorgelegt. Sowohl die Erträge aus der Vermögensanlage, die jährliche Fördersumme der Stiftung sowie auch das Stiftungsvermögen nahmen zu.

Die Deutschen Bundesstiftung Umwelt hat Geschäftszahlen für das Jahr 2021 veröffentlicht. Demnach stiegen die Erträge aus der Vermögensanlage von 73,6 Millionen Euro (2020) um 36 Prozent auf 114,6 Millionen Euro. Die jährliche Fördersumme der Stiftung wuchs zum sechsten Mal in Folge an – von 58,3 Millionen Euro (2020) auf 59,8 Millionen Euro. Insgesamt förderte die Stiftung im vergangenen Jahr 293 Projekte, 2020 waren es 282 Projekte. Das Stiftungskapital erhöhte sich um 60 Millionen Euro oder knapp 2,5 Prozent auf 2,39 Milliarden Euro. 

DBU-Generalsekretär Alexander Bonde spricht angesichts der Corona-Pandemie und weltweiten Lieferkettenproblemen in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg von einem stabilen Niveau von 55 bis 60 Millionen Euro, das die Stiftung durchschnittlich an jährlichen Fördermitteln aufwende. Dabei seien die Erträge aus der Vermögensanlage der Stiftung insbesondere durch die gute Bewältigung der Corona-Pandemie auf Seiten der Wirtschaft zu erklären, so Michael Dittrich, Chef der Vermögensanlage bei der DBU. Die Aussichten würden sich angesichts der derzeitigen globalen Lage jedoch eintrüben: „Wir sehen einen rasanten Anstieg der Inflation, der unsere Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.“ 

Stabil statt spektakulär: Erträge aus Erneuerbaren 

Die DBU hat ihre Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien im vergangenen Geschäftsjahr ausgeweitet. Das Volumen an Green Bonds nahm laut Dittrich gegenüber 2020 um 100 Millionen auf 160 Millionen Euro zu. Die Erträge aus der Windenergie seien hinter den Erwartungen zurückgeblieben, die aus der Solarenergie gestiegen. In diesem Bereich seien derzeit 100 Millionen Euro investiert, 20 Millionen mehr als im Vorjahr. „Insgesamt liefern die Anlagen mit einer Mischung aus Wind- und Solarenergie zwar keine besonders hohen, dafür aber stabile Erträge, und wir planen, diese Engagements weiter auszubauen“, so Dittrich.

Mit der Bildung einer Rücklage soll zudem die Inflationsrate ausgeglichen werden. Angesichts der erwarteten Inflationsrate von sechs bis acht Prozent für 2022 stelle sich dies allerdings als eine Herausforderung dar. „Wir haben für solche Situationen Reserven gebildet, aber wenn die Inflation weiter so hoch bleibt oder gar weiter ansteigt, werden wir das reale, also kaufkraftbereinigte Stiftungskapital nicht dauerhaft erhalten können“, sagt Dittrich.

Über die Deutsche Bundesstiftung Umwelt 

Die Stiftung wurde 1990 auf Vorschlag des damaligen Finanzministers Theo Waigel errichtet. Sie fördert laut Satzung „innovative, modellhafte und lösungsorientierte Vorhaben zum Schutz der Natur unter besonderer Berücksichtigung der mittelständischen Wirtschaft“. Die Stiftung legt mehr als 80 Prozent ihres Kapitals selbst an den Kapitalmärkten an, so der Finanzchef der DBU. Neben verzinslichen Wertpapieren betrage der Aktienanteil nach Kurswerten etwa 30 Prozent. Rund neun Prozent seien in Immobilien und Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien investiert worden. In ihrer rund 30-jährigen Geschichte habe die DBU bis mehr als 10.500 Projekte mit rund 1,93 Milliarden Euro gefördert. Das Amt des Generalsekretärs und ein 16-köpfiges Kuratorium bilden die Organe der Stiftung. 

 

 

 

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Nachhaltig orientiert https://www.die-stiftung.de/nachhaltige-kapitalanlage/nachhaltig-orientiert-96258/ Wed, 06 Jul 2022 10:04:52 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=96258 Langfristigkeit durch Individualität? Je nach Ausrichtung können Stiftungen für ihre Kapitalanlage Schwerpunkte im Bereich ESG festlegen.

Ab August müssen Finanzdienstleister im Beratungsgespräch die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden abfragen. Nicht nur die Berater können sich vorbereiten, auch Stiftungsentscheider tun gut daran zu klären, was für sie in Fragen der Kapitalanlage wichtig ist.

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Langfristigkeit durch Individualität? Je nach Ausrichtung können Stiftungen für ihre Kapitalanlage Schwerpunkte im Bereich ESG festlegen.

Ab August müssen Finanzdienstleister im Beratungsgespräch die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden abfragen. Nicht nur die Berater können sich vorbereiten, auch Stiftungsentscheider tun gut daran zu klären, was für sie in Fragen der Kapitalanlage wichtig ist.

Wie nachhaltig soll die Kapitalanlage sein? Die Frage ist für viele Investoren nicht neu, doch ab August 2022 wird sie im Rahmen einer Ergänzung der EU-Richtlinie Mifid 2 (Markets in Financial Instruments Directive) verpflichtend: Dienstleister wie Vermögensverwalter oder Banken müssen künftig im Beratungsgespräch die Nachhaltigkeitspräferenzen klären. Damit kommen auch Investoren mit dem Thema in Kontakt, die sich bislang noch nicht darum gekümmert haben.

„Es geht wie in jedem Gespräch los mit Vokabeln.“

York Asche, Bethmann Bank

Begrifflichkeiten, die die Investmentpräsentationen durchziehen, werden nun für alle relevant. Ob Ausschlusskriterien, Best-in-Class, Best-of-Class, Impact, SDGs oder ESG: Wer vorbereitet in den Austausch geht, hat es leichter. „Es geht wie in jedem Gespräch los mit Vokabeln“, sagt York Asche, Seniorberater Stiftungen bei der Bethmann Bank. „Wichtig sind die Begriffsbestimmungen: Was bedeutet Nachhaltigkeit für uns? Sprechen wir von denselben Inhalten? Welche der 17 Ziele der Vereinten Nationen sind für meine Stiftung besonders wichtig?“

Stufe für Stufe

Wie der Weg zum passenden Nachhaltigkeitsansatz aus Sicht des Beraters aussehen kann, zeigt der Leitfaden des Forums nachhaltige Geldanlagen, der sich dem Thema schrittweise nähert – von der Vermeidung von Wertekollisionen bis hin zum „unbedingten Fokus“ auf Nachhaltigkeit und hohe Wirkung. „Dienstleister müssen mehrere Stufen abfragen“, sagt Christoph Hott, Leiter Vermögensverwaltung bei BNP Paribas Wealth Management. „Es beginnt mit der wichtigen Frage, ob Nachhaltigkeit überhaupt berücksichtigt werden soll.“ In einem zweiten Schritt wird der Anleger dann nach seinen Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt. Dabei kann er angeben, ob im Rahmen seiner Investments darauf geachtet werden soll, negative nachhaltige Auswirkungen zu reduzieren oder ob er mit seinen Anlagen eine nachhaltige Zielsetzung verfolgen möchte. Im letzterem Fall kann er wählen, ob der Vermögensverwalter frei ist im Rahmen der Auswahl der nachhaltigen Anlagen – oder ob diese bestimmte Kriterien der EU-Taxonomie erfüllen sollten.

„Es sollte ein langes Gespräch werden. Gerade wenn Sie sich auch über Fragen wie die Risikoaffinität austauschen“, sagt Asche. Das gelte auch für die Annäherung an die Komplexität und die verschiedenen Dimensionen von Ökologie, Sozialem und Governance (ESG): „Nachhaltigkeit in einem Bereich eines Unternehmens ist noch keine hinreichende Bestimmung. So können Unternehmen etwa mit erneuerbaren Energien produzieren, aber zugleich schlechte Bedingungen zum Beispiel bei der Mitbestimmung oder Chancengleichheit aufweisen.“

Zwar ist nachhaltiges Investieren auch weiterhin nicht verpflichtend, doch die Vorteile liegen für Asche auf der Hand. „Die Frage, die sich Stiftungsvorstände im Zweifelsfall stellen sollten, lautet nicht ‚Warum nachhaltig investieren?‘, sondern vielmehr ‚Warum nicht?‘ Wir vertreten die Auffassung, dass sich Rendite und Nachhaltigkeit nicht widersprechen. Im Gegenteil: Unternehmen, die nachhaltig unterwegs sind, sind erfolgreicher am Markt.“ Till Keulen, Leiter Stiftungen Deutschland bei BNP Paribas Wealth Management, sieht eine mittelbare Pflicht zur Auseinandersetzung mit dem Thema – „auch um Anlageentscheidungen entsprechend der Business Judgement Rule dokumentieren zu können.“ Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen und der politischen Rahmenbedingungen könne man sich Nachhaltigkeitsüberlegungen nicht mehr entziehen. Fälle wie Wirecard zeigen, dass Governance-Kriterien Schäden vermeiden können.

Erst allgemein, dann spezifisch?

Für Stiftungen, die Neuland betreten, wäre eine Einstiegsmöglichkeit, negative Auswirkungen berücksichtigen zu lassen, etwa über einen Best-in-Class-Ansatz – „aber noch keine spezifischen Nachhaltigkeitsziele vorzugeben“, sagt Hott. „Später könnte dann eine stärker differenzierte Positionierung folgen.“ Gemeinnützige Stiftungen erfüllten in der Regel ein gesellschaftliches Ziel – Daher stelle sich für sie die Frage, ob sie mit ihren Investments zusätzlich zu der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken eine nachhaltige Zielsetzung über ihre Vermögensanlage erreichen wollen, so Hott.

„Eventuell wird man im Gespräch darauf hinarbeiten, neue Assetklassen zuzulassen, falls es bislang Beschränkungen gibt“

Till Keulen, BNP Paribas Wealth Management

Ein Blick in die Anlagerichtlinien zeigt, wie breit das Instrumentarium der Stiftung ausfällt. „Eventuell wird man im Gespräch darauf hinarbeiten, neue Assetklassen zuzulassen, falls es bislang Beschränkungen gibt“, sagt Keulen. „So könnten etwa alternative Anlageformen wie Mikrofinanz hinzukommen.“ Die neue Beratungsregel wirkt sich auf das Client Investor Profile aus, also die dokumentierten Anlageziele und die Risikobereitschaft des Anlegers, so Hott. Es werde nun um die Nachhaltigkeitspräferenzen ergänzt, „so dass auch die Anlagerichtlinien überprüft werden müssen, wenn sich die Stiftung dafür entscheidet, nachhaltige Aspekte in der ein oder anderen Form im Rahmen ihrer Vermögensanlage zu berücksichtigen“.

Dieser Zuschnitt kann langfristig der Anlage helfen. Auch die unvermeidbare Volatilität lässt sich mit einem Portfolio, das eigene Wertevorstellungen widerspiegelt, gegebenenfalls besser durchstehen. „Das ist ja ein großer Vorteil von Stiftungen: Sie haben in der Regel keinen Anlagehorizont und können Schwankungen aushalten. Je überzeugter sie von ihren Investitionen sind, desto leichter fällt das den Vorständen“, so Asche.

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Nachhaltige Geldanlagen: Beträchtliches Wachstum https://www.die-stiftung.de/nachhaltige-kapitalanlage/nachhaltige-geldanlagen-2022-betraechtliches-wachstum-96049/ Wed, 22 Jun 2022 06:54:44 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=96049 Quelle: Forum Nachhaltige Geldanlagen

Die nach Nachhaltigkeitskriterien investierten Gelder in Deutschland wachsen seit Jahren mit zweistelligen Prozentwerten, zeigt eine Studie des Forums Nachhaltige Geldanlagen – in diesem Jahr allerdings auch aufgrund einer veränderten Definition. Der Anteil am Gesamtmarkt liegt knapp unter zehn Prozent. Häufigste Anlagestrategie: die Nutzung von ESG-Kennzahlen.

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Quelle: Forum Nachhaltige Geldanlagen

Die nach Nachhaltigkeitskriterien investierten Gelder in Deutschland wachsen seit Jahren mit zweistelligen Prozentwerten, zeigt eine Studie des Forums Nachhaltige Geldanlagen – in diesem Jahr allerdings auch aufgrund einer veränderten Definition. Der Anteil am Gesamtmarkt liegt knapp unter zehn Prozent. Häufigste Anlagestrategie: die Nutzung von ESG-Kennzahlen.

Der Markt für nachhaltige Kapitalanlage wächst deutlich, so das Ergebnis der jährlich publizierten Umfrage „Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen“ unter 73 Finanzdienstleistern des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG): Das Gesamtvolumen nachhaltiger Geldanlagen in Deutschland lag am 31. Dezember 2021 bei 501,4 Milliarden Euro und erhöhte sich somit im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent. Unter der Kategorie „nachhaltige Geldanlagen“ subsummiert das FNG nachhaltige Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds sowie nachhaltig verwaltete Kunden- und Eigenanlagen. Der größte Anteil entfällt bei diesen auf nachhaltige Publikumsfonds, die insgesamt 246 Milliarden Euro ausmachen. Im Vergleich zum Vorjahr weisen diese auch die stärkste Entwicklung auf: Ihr Gesamtvolumen hat sich mit einem Wachstum von 130 Prozent mehr als verdoppelt. Auch die Gesamtsumme nachhaltiger Spezialfonds und Vermögensverwaltungsmandate legte im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent zu, und beträgt nun rund 164 Milliarden Euro. Nachhaltig verwaltete Kunden- und Eigenanlagen addieren sich auf insgesamt 92 Milliarden Euro.

Gemessen am Gesamtmarkt bleibt der Anteil nachhaltiger Geldanlagen aber weiterhin überschaubar. Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) beziffert das Volumen aller Fonds und Mandate in Deutschland zum 31. Dezember 2021 auf 4,3 Billionen Euro. Nachhaltige Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds machen davon 9,4 Prozent aus. Zwar wuchs der Gesamtfondsmarkt um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – da die nachhaltigen Fonds aber wesentlich schneller wachsen, wuchs auch der Anteil der Nachhaltigen Fonds und Mandate am Gesamtmarkt um drei Prozent. Bei den Publikumsfonds haben die nachhaltigen Fonds einen Marktanteil von 16,7 Prozent.

Mehrheitlich Artikel 8-Fonds

Die EU-Offenlegungsverordnung legt eine Einteilung in Artikel 6-, Artikel 8- und Artikel-9-Fonds fest. Artikel-6-Fonds berücksichtigen keine Nachhaltigkeitskriterien, bei Artikel-8-Fonds sind diese berücksichtigt und müssen transparent dargestellt sein. Als Artikel-9-Fonds werden Fonds bezeichnet, die sich auf ein konkretes, nachhaltigkeitsbezogenes Anlageziel verpflichtet haben. Die FNG-Studie zeigt, dass von den nachhaltigen Publikumsfonds 93 Prozent als Artikel-8-Fonds deklariert sind. Sieben Prozent sind Artikel-9-Fonds. Von den 454 von den Fondsanbietern als nachhaltig gekennzeichneten Publikumsfonds tragen zudem 79 (17 Prozent) ein Nachhaltigkeitssiegel.

Nachhaltige Publikumsfonds und Mandate Wachstumsfaktoren

Quelle: Forum Nachhaltige Geldanlagen

Die Umfrage des FNG fragt auch danach, was die Wachstumstreiber in diesem Markt sind. Da mit der Definition der Offenlegungsverordnung einige Fonds als Artikel-8-Fonds eingestuft wurden, die davor nicht als nachhaltig galten, ist ein Teil des Wachstums auf eine veränderte Definition zurückzuführen. Die Studie weist bei den Publikumsfonds 58 Prozent des Wachstums als „Wertentwicklung/keine Angaben/auf Nachhaltigkeit umgestellte Fonds“ aus. Letzteres betreffe „insbesondere nachhaltige Immobilienfonds mit einem Volumen von 72,2 Milliarden Euro“, so die FNG-Studie. Weitere 40 Prozent des Wachstums bei den Publikumsfonds resultierten aus Mittelzuflüssen.

ESG-Integration vor Ausschlüssen

Nachhaltige Anlagestrategien von Fonds und Mandaten

Quelle: Forum Nachhaltige Geldanlagen

Ein Blick auf Strategien, die nachhaltige Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds anwenden, zeigt unterschiedliche Herangehensweisen: Mit 82 Prozent ist die ESG-Integration, also die Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und Governancekriterien, erstmals die meistangewandte Methode der nachhaltigen Kapitalanlage von Fonds. Die zunehmende Bedeutung der ESG-Integration hat vor allem statistische Gründe. Dieser Aspekt fällt laut FNG ab diesem Jahr stärker ins Gewicht, weil nachhaltige Immobilienfonds innerhalb des letzten Jahres als Artikel-8-Fonds und damit als nachhaltig deklariert wurden.

Ausschlusskriterien nachhaltige Kapitalanlage

Quelle: Forum Nachhaltige Geldanlagen

Fast gleichauf mit der Berücksichtigung von ESG-Kriterien liegen Ausschlüsse, wie etwa jener von Investments in Kohleverstromung oder Geschäfte mit Waffen oder Tabak, die gerundet ebenfalls auf 82 Prozent kommen. 80 Prozent der Fonds und Mandate nutzen normbasiertes Screening – die Investments verpflichten sich auf die Einhaltung gewisser Kodizes, wie des Global Compact. 71 Prozent stehen im Dialog mit Unternehmen und versuchen, den Kurs des Unternehmens in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu bewegen (Engagement); 65 Prozent nutzen ihr Stimmrecht bei Aktionärsversammlungen in ähnlicher Weise.

Den Best-in-Class-Ansatz, bei dem innerhalb einer Kategorie, wie zum Beispiel einer Branche, die Unternehmen mit den besten ESG-Kennzahlen ausgewählt werden, nutzen 65 Prozent aller nachhaltigen Fonds und Mandate. Seltener finden sich nachhaltige Themenfonds (elf Prozent) und dezidierte Impact-Investing-Strategien (sieben Prozent). Gleichwohl ist das Wachstum bei diesen beiden Anlagestrategien mit 139 Prozent beziehungsweise 80 Prozent groß.

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Inflation: Was können Stiftungen tun? https://www.die-stiftung.de/stiftungsportfolio/hohe-inflation-was-koennen-stiftungen-tun-95758/ Thu, 12 May 2022 11:09:11 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=95758 Wichtigste Leitzinsinstanz der Welt: Sitz der US-Notenbank, Marriner S. Eccles Federal Reserve Board Building

Seit einem Jahr steigen die Konsumentenpreise in vielen Ländern verstärkt an. Dies hat auch Auswirkungen auf Förderstiftungen: Die Finanzierung von gemeinnützigen Projekten wird potentiell teurer. Und gleichzeitig besteht die Gefahr, dass das Vermögen an Wert verliert. Sechs Fragen und Antworten zu dieser herausfordernden Situation.

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Wichtigste Leitzinsinstanz der Welt: Sitz der US-Notenbank, Marriner S. Eccles Federal Reserve Board Building

Seit einem Jahr steigen die Konsumentenpreise in vielen Ländern verstärkt an. Dies hat auch Auswirkungen auf Förderstiftungen: Die Finanzierung von gemeinnützigen Projekten wird potentiell teurer. Und gleichzeitig besteht die Gefahr, dass das Vermögen an Wert verliert. Sechs Fragen und Antworten zu dieser herausfordernden Situation.

Was ist Inflation?
Als Inflation wird ein anhaltender Anstieg des allgemeinen Preisniveaus bei Gütern des täglichen Bedarfs bezeichnet.

Während Inflationsphasen verteuern sich meist nicht nur Konsumgüter. Als Folge können auch Löhne, Mieten und andere Preise steigen. Die Finanzierung des gleichen Projekts kostet eine Stiftung somit plötzlich mehr als früher, was auch die Zweckerfüllung tangiert. Nicht als Inflation bezeichnet werden saisonale Preiserhöhungen (zum Beispiel teurere Neuwagenpreise im Sommer) oder lediglich eine geringe Teuerung.

Wie hoch ist die Inflation aktuell?
Die Inflation der letzten zwölf Monate betrug Ende März 2022 in den USA 8,5 Prozent, in Deutschland 7,3 Prozent und in der Schweiz 2,4 Prozent.

In den USA und in Deutschland lag die Inflation letztmals in den 1980er Jahren auf diesem Niveau, in der Schweiz in den 2000er Jahren. Je länger die inflationäre Phase andauert, umso grösser ist die Gefahr, dass sich Unternehmen, Mitarbeitende sowie Konsumentinnen und Konsumenten an die Geldentwertung gewöhnen und regelmässige Preis- und Lohnerhöhungen zum Alltag werden. Im Vergleich mit anderen Ländern ist dieser Effekt (sogenannte Lohn-Preis-Spirale) in der Schweiz bislang noch weniger ausgeprägt. Die Teuerung liegt in der Schweiz mit 2,4 Prozent nur leicht oberhalb der von der SNB festgelegten Obergrenze von zwei Prozent.

Warum ist die Inflation so hoch?
Lieferengpässe und Nachholeffekte im Zuge der Coronakrise, Energieknappheit infolge des Ukraine-Kriegs sowie die Interventionen der Zentralbanken an den Finanzmärkten treiben die Teuerung an.

Zurzeit wirken unüblich viele Faktoren preistreibend: Nach den Lockerungen der Massnahmen gegen die Coronapandemie besteht Nachholbedarf im Konsum. Schon seit längerem betreiben zudem die meisten Zentralbanken eine äusserst grosszügige Geldpolitik: Indem sie Wertpapiere kaufen, gelangt zusätzliches Geld in die Realwirtschaft, was Preiserhöhungen zusätzlich antreibt. Die anziehende Nachfrageseite trifft schliesslich auf eine schwächelnde Angebotsseite, da sich weltweit Lieferengpässe bei Konsum- und Investitionsgütern offenbaren. Das globale Angebot an Gütern reicht nicht aus, um lokale Engpässe zu kompensieren, was sich ebenfalls in steigenden Preisen äussert. Hinzu kommen der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegenüber Russland, was steigende Energiepreise zur Folge hat.

Die Preiserhöhungen in der Schweiz fielen bislang vergleichsweise bescheiden aus. Dies lässt sich unter anderem auf den erstarkten Schweizer Franken zurückführen, der den Preisanstieg bei importierten Gütern etwas dämpft. Zusätzlich haben Energiepreise im Schweizer Warenkorb ein eher kleines Gewicht, was die Schweizer Inflationsrate weniger anfällig macht gegenüber entsprechenden Preisanstiegen.

Welche Anlagen bieten einen Inflationsschutz?
Kurzfristig können Anlagen in Rohstoffe (Commodities) einen Schutz vor einem unerwarteten Inflationsanstieg bieten, mittelfristig können sich Bankkontoguthaben lohnen, und langfristig bieten Aktien potentiell einen relativ guten Schutz. Um aber für alle Szenarien gewappnet zu sein, lohnt sich ein breit diversifiziertes Portfolio.

Glauben die Verantwortlichen einer Stiftung zu wissen, dass die Inflation künftig stärker ansteigt als allgemein erwartet, haben sie verschiedene Optionen. Soll ein kurzfristiger Schutz aufgebaut werden, liegt eine Investition in Rohstoffe nahe, da Rohstoffpreise gemäss den Erfahrungen in vergangenen inflationären Phasen und gemäss ökonomischer Theorie die globale Teuerung reflektieren. Für einen mittelfristigen Schutz kann auf Kontoguthaben und Festgelder gesetzt werden – unter der Annahme, dass die Geldmarktzinsen inflationsbedingt ansteigen. Auf lange Sicht können auch Aktien oder andere Sachwerte wie Immobilien dank ihrer erhöhten Renditeerwartungen einen gewissen Inflationsschutz bieten.

All diese Empfehlungen gelten aber nur unter der Annahme, dass die Verantwortlichen einer Stiftung korrekt vorhersagen, dass die Inflation stärker ansteigt als von den Märkten angenommen. Weil solche Prognosen auch falschliegen können und zum Beispiel ein im Vergleich zu den Markterwartungen weniger starker Inflationsanstieg denkbar ist, ist ein breit diversifiziertes Portfolio zu bevorzugen – und zwar kurz-, mittel und langfristig.

Muss sich eine Stiftung überhaupt gegen Inflation schützen?
Falls eine Stiftung den realen Kapitalerhalt beziehungsweise Vermögenserhalt anstrebt, dann sollte ihre Anlagestrategie auch Inflationsszenarien berücksichtigen – jedoch nicht ausschliesslich.

Förderstiftungen können bei einer Erhöhung des Preisniveaus mit dem gleichen Geldbetrag weniger Projekte finanzieren. Die Inflation erschwert so ihre erfolgreiche Zweckerfüllung. Zusätzlich können die Inflation und mit ihr gestiegene Zinsen auch den Wert der Vermögensanlagen (zum Beispiel Anleihen) deutlich verringern. Erhöhte Inflation stellt für Stiftungen daher eine mögliche Gefahr dar und sollte bei der Strategiebestimmung – selbst während Niedriginflationsphasen – nie ganz ausser Acht gelassen werden.

Welche Massnahmen kann eine Stiftung ergreifen?
Für die meisten Förderstiftungen lohnt es sich, primär auf ein diversifiziertes Portfolio mit genügend hoher erwarteter Rendite zu setzen, dabei jedoch auch das Anlagerisiko nicht zu vernachlässigen. Zudem können sie ein Ausschüttungsmodell einsetzen, mit dem sie das langfristig finanzierbare Ausgabenbudget (nach Abzug der Teuerungserwartung) herleiten. In dieses fliesst auch die aktuelle finanzielle Lage der Stiftung ein (Kapitalerhalt).

Eine Stiftung kann verschiedene Massnahmen ergreifen, um sich vor hoher Inflation zu schützen. In erster Linie sollte sie, unter Beachtung der Risikofähigkeit der Stiftung, auf ein breit diversifiziertes Portfolio setzen, dessen langfristiges Renditepotential nicht nur Projekt- und Verwaltungskosten deckt, sondern auch eine gewisse Teuerung berücksichtigt. Im Hinblick auf die allfällige Forderung rascher und starker inflationsbedingter Portfolioumschichtungen sollten sich die Stiftungsverantwortlichen bewusst sein, dass ausserordentliche Anlageerfolge auch in Zeiten hoher Inflation an die Prognosefähigkeit geknüpft sind, dass Finanzmarktprognosen (das heisst auch Inflationsprognosen) weiterhin schwierig sind und sich im Nachhinein als inkorrekt herausstellen können.

Schliesslich empfiehlt sich für Stiftungen in jedem Fall ein Ausschüttungsmodell: Hierbei wird auf Basis der erwarteten Anlagerendite und Inflation berechnet, welche Ausgaben für das kommende Jahr eine Stiftung entsprechend ihrer finanziellen Lage finanzieren kann. Dazu wird auch das zu erhaltende Kapital (kaufkraftbereinigt) nachgeführt, dem tatsächlichen Vermögen gegenübergestellt und so Transparenz über die finanzielle Lage und den Kaufkrafterhalt geschaffen. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf unseren Beitrag in Ausgabe 2/2021, der unter anderem Ausschüttungsmodelle thematisierte.

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