Oftmals brauchen Stiftungen Mitarbeiter, die sich der eigenen Mission etwas mehr verschrieben haben als die Kollegen aus einem Wirtschaftsunternehmen. Dem trägt auch das Arbeitsrecht Rechnung, wenn es hierbei zu Konflikten kommt. Zudem sind das Kündigungsschutzgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in etlichen Fällen nur bedingt anwendbar.
Von Sandra E. Wassermann
Quelle: panthermedia/Erwin Wodicka
Können Stiftungen mehr Einsatz verlangen?
Auch wenn eine Stiftung noch so edle Ziele verfolgt: Sie kann von ihren Mitarbeitern grundsätzlich nur fordern, dass sie während der Dienstzeiten stets im Sinne ihrer Organisation handeln. Was sie nach Feierabend und am Wochenende machen, geht die Stiftung nichts an.
Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn es sich bei der Organisation um einen so genannten Tendenzbetrieb handelt. Gemeint ist damit ein Betrieb oder ein Unternehmen, der/das nicht nur erwerbswirtschaftliche Zwecke, sondern auch Ziele verfolgt, die politischen, konfessionellen, karitativen, koalitionspolitischen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken dienen. Darüber hinaus muss der Zweck unmittelbar mit dem Betrieb erreicht werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Stiftungszweck selbst auf die Tendenz ausgerichtet und nicht nur geeignet ist, den eigentlichen Tendenzbetrieb zu unterstützen. Als klassisches Beispiel für Stiftungen, die als Tendenzunternehmen eingeordnet werden, sind parteinahe Stiftungen wie die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Friedrich-Naumann-Stiftung zu nennen. Sie sind wegen ihrer allgemeinen politischen Zielsetzungen Tendenzunternehmen.
Im Gegensatz hierzu verfolgt beispielsweise die Robert Bosch Stiftung eine Vielzahl gemeinnütziger Zwecke, die nicht unbedingt die klassischen Ziele eines Tendenzunternehmens berühren. Hier kann nicht zwingend von einem Tendenzunternehmen ausgegangen werden.
Ist die Stiftung als Tendenzbetrieb zu bewerten, so kann sie von ihren sogenannten Tendenzträgern ein hohes Maß an Loyalität verlangen. Sie sind verpflichtet, auch im außerdienstlichen Bereich nicht gegen die Tendenz des Arbeitgebers zu verstoßen. Tendenzträger haben zu jeder Zeit solche Äußerungen und Handlungen zu unterlassen, die der Tendenz des Unternehmens nachhaltig zuwiderlaufen. Es bestehen im Gegensatz zu den übrigen Arbeitsverhältnissen gesteigerte Rücksichtnahmepflichten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes gilt ein Mitarbeiter dann als Tendenzträger, wenn er in verantwortlicher Stellung tätig ist und unmittelbar einen maßgeblichen Einfluss auf die Tendenzverwirklichung hat. Daran fehlt es, wenn sein Gestaltungsspielraum bezogen auf die Tendenz stark eingeschränkt ist. Nicht zu den Tendenzträgern zählen also solche Mitarbeiter, die Tätigkeiten verrichten, die unabhängig von der Eigenart des Tendenzbetriebes in jedem Betrieb anfallen. Hierzu zählen z.B. administrative Tätigkeiten wie Buchhaltung, Bürogehilfetätigkeiten, Lagerarbeiten, Registratoren, Sekretariatsaufgaben u.Ä.
Was ist bei Einstellungsgesprächen zu beachten?
Auch wenn Stiftungen als Tendenzbetrieb einzuordnen sind, müssen sie bei der Personalauswahl – wie alle Unternehmen – das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), landläufig auch als Antidiskriminierungsgesetz bekannt, beachten. § 1 AGG zählt insgesamt acht Merkmale auf, die nicht Anlass für eine Benachteiligung sein dürfen. Hierzu zählen z.B. Alter, Geschlecht, Religionszugehörigkeit oder auch die sexuelle Orientierung.
Einbezogen sind hierbei nicht nur die reinen aufgezählten Merkmale, sondern auch Eigenschaften und Verhaltensweisen, die mit diesen im unmittelbaren Zusammenhang stehen. Stellt ein Arbeitgeber Fragen, die gegen § 1 AGG verstoßen, kann im Allgemeinen der künftige Mitarbeiter hierauf unrichtige Antworten geben, ohne dass ihm dadurch ein Nachteil entsteht.
Etwas anderes gilt, wenn ein Tendenzbetrieb neue Tendenzträger einstellt, also Mitarbeiter, die durch ihre Stellung auf den Betriebszweck Einfluss nehmen können oder ihn präsentieren. Hier besteht den Bewerbern gegenüber ein erweitertes Fragerecht, durch das ihre Ansicht zu dem ideellen Zweck des Betriebes offenbart werden soll. In diesem Fall hat ein Kandidat die an ihn gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Falls die Antworten zu einer Absage führen, stellt dies keine Benachteiligung dar, da eine Diskriminierung aufgrund der Besonderheit des Tendenzunternehmens gerechtfertigt wäre.