Mit nur einem zwingend vorgeschriebenen Organ ermöglicht eine Stiftung bürgerschaftliches Engagement in schlankeren Strukturen als z.B. ein Verein oder eine gemeinnützige GmbH. Fällt der Vorstand allerdings aus, ist eine Stiftung handlungsunfähig. In Fällen besonderer Dringlichkeit kann das Amtsgericht deshalb einen Notvorstand bestellen. Ebenso gestatten einige Landesgesetze der Stiftungsaufsicht die Abberufung und Neubestellung des Vorstands. Beides ist jedoch an enge Voraussetzungen geknüpft.
von Dr. Gerhard Ries und Metin Konu

Stiftungsvorstände haben ein gutes Leben. Sie können die Geschicke der Organisation alleine lenken und müssen sich weder gegenüber Mitgliederversammlungen noch Aufsichtsräten erklären. Was aber gilt, wenn kein Vorstand vorhanden ist, etwa wenn das einzige Vorstandsmitglied sein Amt niederlegt oder verstirbt oder dessen Amtszeit abläuft oder wenn Streit besteht, wer rechtmäßiger Vorstand ist? Das BGB hält hierfür eine Möglichkeit bereit, die dem Vereinsrecht entstammt, aber auch auf Stiftungen anwendbar ist: Das für den Sitz der Stiftung zuständige Amtsgericht kann auf Antrag eines Beteiligten einen Notvorstand bestellen (§§ 29, 86 BGB).

Voraussetzung ist das ständige oder vorübergehende Fehlen eines Vorstandsmitgliedes, sodass die Stiftung nicht handlungsfähig ist. Rechtlich ausgedrückt bedeutet dies, dass der Vorstand beschlussunfähig ist und/oder es niemanden gibt, der die Stiftung im Rechtsverkehr wirksam vertreten kann.

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das einzige Vorstandsmitglied sein Amt niederlegt. Oder es streiten sich zwei Parteien, wer rechtmäßiges Vorstandsmitglied ist. Dies kann vorkommen, wenn das Amt nach der Satzung an bestimmte Rechtspositionen geknüpft ist, aber Unklarheit besteht, wem diese Rechtspositionen zustehen. Ein Beispiel ist das Urheberrecht an dem literarischen Werk eines verstorbenen Autors, dessen Erlöse der Stiftung zufallen.

Nicht hierher gehört der Fall, dass ein Vorstandsmitglied in einer bestimmten Angelegenheit die Tätigkeit verweigert, nicht sachgerecht handelt oder eine bestimmte Handlung als unzweckmäßig ablehnt, solange der Vorstand formal gesehen handlungsfähig ist. Verweigert allerdings ein Mitglied des Vorstands generell die Geschäftsführung und ist das Vorhandensein dieses Vorstandsmitgliedes etwa für die Vertretung der Stiftung unerlässlich, so ist vom Fehlen eines erforderlichen Vorstandsmitgliedes auszugehen.

Der Umstand, dass nicht alle nach der Satzung vorgesehenen Vorstandspositionen ordnungsgemäß besetzt sind, wäre nach dem Gesagten als solcher noch kein Fall des Fehlens eines erforderlichen Vorstandsmitgliedes. Rechtlich nicht eindeutig geklärt ist allerdings die Frage, ob die Beschlüsse eines solchen Stiftungsvorstandes wirksam sind, selbst wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Beschlussfähigkeit vorliegen. Dies wird in der vereinsrechtlichen Fachliteratur mitunter verneint. Daher kommt auch für den Fall der möglichen Unwirksamkeit von Vorstandsbeschlüssen wegen nicht ordnungsgemäßer Vorstandsbesetzung die Bestellung eines Notvorstandes in Betracht.

Für die Bestellung eines Notvorstandes weiter erforderlich ist das Vorliegen eines dringenden Falls. Dies bedeutet zum einen, dass die Stiftung sich nicht durch eigene Maßnahmen helfen kann, zum anderen, dass ohne die Notbestellung des Vorstands der Stiftung oder einem Beteiligten ein Schaden droht. Ein dringender Fall kann vorliegen, wenn die Stiftung mangels Vertretung ein wichtiges Rechtsgeschäft nicht abschließen kann, etwa eine Vermögensanlage, und dadurch einen Verlust erleidet.

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