Die Stiftungsaufsicht wird vielfach als umständlicher Akteur im Stiftungswesen wahrgenommen. Daran hat die zwischenzeitliche Liberalisierung des Stiftungsrechts wenig geändert. Immer noch wird Stiftungsgründern die Übernahme sogenannter Mustersatzungsklauseln der Behörde auferlegt und erhalten Stiftungen seitenlange Fragenkataloge zur Kontrolle der Stiftungsgeschäftsführung. Häufig ist unbekannt, dass die Stiftungsaufsicht nur in einem engen Rahmen agieren darf.

Die Stiftungsaufsicht wird vielfach als umständlicher Akteur im Stiftungswesen wahrgenommen. Daran hat die zwischenzeitliche Liberalisierung des Stiftungsrechts wenig geändert. Immer noch wird Stiftungsgründern die Übernahme sogenannter Mustersatzungsklauseln der Behörde auferlegt und erhalten Stiftungen seitenlange Fragenkataloge zur Kontrolle der Stiftungsgeschäftsführung. Häufig ist unbekannt, dass die Stiftungsaufsicht nur in einem engen Rahmen agieren darf.
von Thomas von Holt

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Foto: panthermedia/Philippe Ramakers

Die Stiftungsaufsicht ist ein wichtiger Garant für die dauerhafte Beachtung des Stifterwillens. Dieser Aspekt ist auch aus Sicht des Stifters häufig ein entscheidendes Kriterium für die Rechtsformwahl.

Im praktischen Umgang allerdings kann sich die Aufsicht schon im Gründungsverfahren als bürokratischer Hemmschuh erweisen. Denn obwohl ihr nur die Rechtsaufsicht obliegt, neigt die Stiftungsaufsicht vielfach zu einer umfassenden Überarbeitung des eingereichten Satzungsentwurfs oder sogar zu angeblich „bindenden“ stiftungsrechtlichen Vorgaben für die Satzungsgestaltung. Ähnliche Konflikte können bei Umstrukturierungen auftreten. Auch nimmt die Stiftungsaufsicht gelegentlich die ihr in den Landesstiftungsgesetzen zugebilligten Kontrollbefugnisse ausufernd wahr.

Ziele der Stiftungsaufsicht
Bei Auseinandersetzungen mit der Stiftungsaufsicht wird deutlich, dass die Behörde neben der gesetzgeberischen Intention, dem Stifterwillen Geltung zu verschaffen, noch einige andere Ziele verfolgt:

  • Hinwirken auf funktionstüchtige Organisationseinheiten: Nachvollziehbar ist das Anliegen der Stiftungsaufsicht, komplizierte Organisationsstrukturen bei kleinen Stiftungen zu vermeiden und darauf zu achten, dass die Stiftungszwecke nicht außer Verhältnis zum Stiftungsvermögen stehen. Während die Strukturen später an eine zwischenzeitlich gewachsene Stiftung angeglichen werden können, bestehen bei einer nachträglichen Erweiterung des Stiftungszwecks regelmäßig erhebliche Hürden. Auch dann, wenn umfangreiche Zustiftungen das ursprünglich gewünschte, breiter gefasste Betätigungsfeld erlauben.
  • Arbeitserleichterung für die Stiftungsaufsicht: Beim Anerkennungsverfahren drängt die Stiftungsaufsicht häufig auf eine Übernahme von Mustersatzungsklauseln. Dies erleichtert zwar der Stiftungsaufsicht die Arbeit, wird aber den individuellen Bedürfnissen des Stifters und konkreten Rahmenbedingungen häufig nicht gerecht.
  • Förderung staatlicher Zielsetzungen: Gelegentlich versucht die Stiftungsaufsicht, bei der Formulierung der Stiftungszwecke darauf hinzuwirken, aus staatlicher Sicht bevorzugte Zwecke in die Stiftungssatzung aufzunehmen. Auch entstehen im Gründungsverfahren von Stiftungen mit unerwünschten Zielsetzungen gelegentlich recht ungewöhnliche Hürden. Hierbei ist selbst eine darauf gerichtete Zusammenarbeit zwischen Stiftungsaufsicht und Finanzamt, zum Beispiel in Oberbayern, nicht ausgeschlossen. Nach der Gründung kann sich staatlicher Unwille in einer besonders intensiven Wahrnehmung der im Landesstiftungsgesetz oder dem Steuerverfahrensrecht eingeräumten Kontrollbefugnisse äußern.
  • Vermeidung staatlicher Haftungsrisiken: Fehlerhafte Maßnahmen der Stiftungsaufsicht können Amtshaftungsansprüche auslösen. Dagegen versucht sich manche Stiftungsaufsicht zu schützen, indem sie die Anerkennung der Stiftung von der Aufnahme diverser Mustersatzungsklauseln in die Stiftungsverfassung abhängig machen will, auch soweit diese nicht aus steuerrechtlichen Gründen erforderlich sind. Gerade das Aufdrängen von in der individuellen Situation ungeeigneter Satzungsklauseln kann jedoch Regressansprüche gegen die Stiftungsaufsicht begründen. Nachdem das (soweit ersichtlich) erste veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs zur Amtspflichtverletzung einer Stiftungsaufsicht deren unzureichende Kontrollmaßnahmen betraf (BGH, Urteil vom 03. März 1977 – Aktenzeichen III ZR 10/74), begründet manche Stiftungsaufsicht intensive Kontrollmaßnahmen mit ihrem Amtshaftungsrisiko. Nach der Liberalisierung desStiftungsrechts kann eine geringe Kontrolldichte aber nur noch in seltenen Ausnahmefällen eine Amtspflichtverletzung begründen.

Handlungsoptionen des Stifters und der Stiftung

Sowohl bei der Stiftungsgründung wie beim laufenden Stiftungsbetrieb stehen Handlungsoptionen zur Abwehr übermäßiger Eingriffe seitens der Stiftungsaufsicht zur Verfügung:

  • Auswahl des Stiftungssitzes: Die Intensität der Stiftungsaufsicht unterscheidet sich in den einzelnen Bundesländern erheblich. Durch die Auswahl des Stiftungssitzes im Zuständigkeitsbereich einer liberalen Stiftungsaufsicht kann Konflikten vorgebeugt werden. Hierbei kommt jeder Sitz in Betracht, der einen (gestaltbaren) Bezug zur Stiftungstätigkeit erkennen lässt.
  • Satzung geschickt formulieren: Im Stadium der Stiftungsgründung kann der Einfluss der Stiftungsaufsicht durch die Aufnahme geeigneter Satzungsklauseln zurückgedrängt werden, z.B. durch Regelungen, mit denen bestimmte oder alle Satzungsänderungen vereinfacht werden.
  • Zweckmäßigkeitserwägungen sind unverbindlich: Die Stiftungsaufsicht ist in allen Bundesländern als eine reine Rechtsaufsicht ausgestaltet. Die von der Stiftungsaufsicht zur Begründung ihrer Auffassung häufig angeführten Zweckmäßigkeitserwägungen sollten daher als möglicherweise hilfreicher Ratschlag angemessen gewürdigt, ihre rechtliche Unverbindlichkeit aber beachtet und in der Diskussion benannt werden.
  • Rechstkenntnis verschafft Verhandlungsspielräume: Als staatliche Eingriffsverwaltung hat die Stiftungsaufsicht die Grundsätze der Subsidiarität staatlichen Eingriffs sowie der Verhältnismäßigkeit zu beachten und bei Eingriffen die mildeste der geeigneten Maßnahmen zu wählen (z.B. Verwaltungsgericht Sigmaringen, Urteil vom 26. Februar 2009 – Aktenzeichen 6 K 1701/08). Die damit für die Stiftungsaufsicht bestehenden Schranken müssen bei Auseinandersetzungen mit der Stiftungsaufsicht in der Regel nur angedeutet werden, um erhebliche Verhandlungsspielräume zu eröffnen.
  • Alternativen entwickeln: Bei als zu weit reichend empfundenen Kontrollmaßnahmen sollten der Stiftungsaufsicht alternative Lösungen angeboten (ggf. z.B. die Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers), bei Verhandlungen über Satzungsklauseln Alternativformulierungen vorgeschlagen werden.
  • Eine Klage ist möglich: Wenn die Verhandlungen stagnieren, können Hinweise auf den in solchen Fällen immer eröffneten Verwaltungsrechtsweg und etwaige Regressansprüche weiterhelfen. Notfalls sollte der Klageweg beschritten und möglichst parallel dazu weiter verhandelt werden. Die von der Stiftungsaufsicht bei ihren Maßnahmen zu beachtenden Sorgfaltshürden sind hoch, das Fehlerrisiko fördert in der Regel ihre Einigungsbereitschaft.

Fazit
Stifter und Stiftungen sollten bei Auseinandersetzungen mit der Stiftungsaufsicht beachten, dass diese nur die Rechts-, nicht aber die Fachaufsicht über Stiftungen hat. Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen sind daher als gut gemeinte Ratschläge, nicht aber als unerlässliche Bedingungen für die Anerkennung der Stiftung anzusehen. Um übermäßige Eingriffe seitens der Stiftungsaufsicht zu verhindern, besitzen Stifter und Stiftungen ein hohes Maß an Handlungsoptionen. Diese reichen von der Auswahl des Stiftungssitzes über geschickte Verhandlungen mit der Behörde bis zur Klageerhebung.

Rechtsanwalt und Steuerberater Thomas von Holt hat seine Kanzlei mit dem Schwerpunkt Recht und Steuerrecht der Nonprofit-Organisationen in Bonn und ist Autor einschlägiger Veröffentlichungen, u.a. des Buchs „Stiftungssatzung“ (Beck-Verlag, 238 S., 35,90 EUR, ISBN-13: 978-3406605611).

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