DIE STIFTUNG: Heute tritt das neue Kapitalanlagegesetzbuch, kurz KAGB, in Kraft. Was hat es damit auf sich?
Jens-Hendrik Janzen: Das KAGB ist die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds in das deutsche Recht. Der Gesetzgeber hat damit ein Gesetzbuch geschaffen, das sämtliche Arten von Investmentfonds, also alle Wertpapierfonds sowie alle sonstigen Investmentfonds und ihre Verwalter, einer Finanzaufsicht unterwirft. Neu ist insbesondere, dass beispielsweise geschlossene Fonds erstmals regulatorisch erfasst werden.
DIE STIFTUNG: Welche Veränderungen bringt das KAGB für das Anlageverhalten der Stiftungen?
Metin Konu: Stiftungen stehen weiter alle denkbaren Anlageformen offen, soweit die Satzung nichts anderes vorsieht. Da Stiftungen nach dem Gesetz als sogenannte semiprofessionelle Anleger gelten, können sie weiterhin insbesondere in Spezialfonds investieren.
Auch bleibt die Anlagemöglichkeit, direkt oder mittelbar in offene Immobilienfonds zu investieren, bestehen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es nunmehr eine Mindesthaltedauer von 24 Monaten gibt. Zudem können in den Anlagebedingungen Rücknahmetermine vorgesehen werden, die eine Rückgabe nur alle zwölf Monate ermöglichen. Dies ist bei der Liquiditätsplanung entsprechend zu berücksichtigen.
DIE STIFTUNG: Welche Anlagestrategie ist nach dem neuen KAGB einer Stiftung zu empfehlen?
Konu: Geboten ist weiterhin eine Optimierung von Ertrag und Werterhaltung durch sorgfältige Auswahl, Mischung und Streuung der Vermögensanlagen. Insbesondere bei geschlossenen Fonds ist darauf zu achten, dass die Zahlungsfähigkeit der Stiftung jederzeit gewährleistet sein muss.
DIE STIFTUNG: Inwiefern wird für Stiftungen die Anlage in einen Investmentfonds durch das neue Gesetz transparenter?
Konu: Es gibt nun keine geschlossenen Fonds mehr, die zum sogenannten grauen Kapitalmarkt gehören. Wie bislang müssen Stiftungen ihre Investitionen aber genau prüfen, zusätzliche Aufklärungspflichten für die Fondsemittenten hat die Gesetzesreform nicht mit sich gebracht.
DIE STIFTUNG: Wie werden sich die Regulierungen auf die Auswahl an Investmentfonds auswirken, die Stiftungen zur Verfügung stehen?
Konu: Es ist noch nicht abzusehen, ob dies wirklich zu einer Marktbereinigung führt, wie einige Kapitalmarktakteure vermuten.
DIE STIFTUNG: Das Gesetz zielt darauf ab, sogenannte Investmentvermögen zu regulieren. Hierzu reicht es aus, wenn die Gelder von mindestens zwei Anlegern verwaltet werden. Unterliegen also auch Stiftungstreuhänder und Stiftungen, die ihr Geld poolen, dem KAGB?
Janzen: Vom Gesetzgeber und der Finanzverwaltung gibt es hierzu leider keine eindeutige Stellungnahme. Während etwa Family Offices grundsätzlich vom Anwendungsbereich des KAGB ausgenommen wurden, gibt es keine ausdrückliche Ausnahme für Stiftungen. Auch im klarstellenden Auslegungsschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, vom 14. Juni dieses Jahres finden sich hierzu keine grundsätzlichen Erwägungen.
Alles, was aktuell bleibt, ist der Blick auf den Wortlaut des Gesetzes: § 1 KAGB verlangt unter anderem, dass die Investmentvermögen das Geld zum Nutzen der Anleger investieren.
Bei Stiftungen und Stiftungstreuhändern werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein. Denn sie investieren nicht zum Nutzen ihrer Anleger, sondern um den Stiftungszweck zu erfüllen. Dies gilt auch für privatnützige Stiftungen, die ja ebenfalls einen Zweck und Destinatäre haben. Das Vorliegen eines Investmentvermögens im Sinne von § 1 KAGB ist bei einer Stiftung und Stiftungstreuhändern daher nicht möglich.
Bei Stiftungen, die Unternehmensbeteiligungen halten, ist allerdings darauf zu achten, dass das Unternehmen gegebenenfalls dem KAGB unterliegen könnte. Bei solchen Kombinationen von Stiftung und Gesellschaft ist daher auf der Ebene der Gesellschaft Vorsicht geboten.
DIE STIFTUNG: Wie dürfen wir das verstehen?
Janzen: Ein Unternehmen, an dem mehrere Investoren beteiligt sind, kann sehr wohl ein Investmentvermögen sein. Es müsste dann alle regulatorischen Vorgaben des KAGB einhalten und innerhalb eines Jahres einen umfangreichen Erlaubnisantrag bei der BaFin stellen.
Für viele Unternehmen dürfte in diesem Fall jedoch die sogenannte De-minimis-Regelung im KAGB gelten. Danach ist lediglich eine Registrierung und keine Erlaubnis notwendig, wenn das Vermögen ausschließlich in Spezialfonds investiert ist und dieses die Schwelle von 100 Mio. EUR nicht überschreitet.
DIE STIFTUNG: Hoffen wir, dass sich alle Zweifelsfragen schnell klären werden. Herr Konu, Herr Janzen, vielen Dank für dieses Gespräch.
Das Interview führte Gregor Jungheim.
Metin Konu ist Rechtsanwalt bei Menold Bezler Rechtsanwälte. Er berät mittelständische Unternehmen, steuerbegünstigte Einrichtungen, Vereine und Stiftungen.
Jens-Hendrik Janzen (LL.M.) ist ebenfalls Rechtsanwalt bei Menold Bezler Rechtsanwälte. Er berät mittelständische Unternehmen, Konzerne und institutionelle Investoren in allen Fragen des Aktien- und Gesellschaftsrechts sowie im Kapitalmarktrecht.