Sowohl Referenten- als auch Regierungsentwurf sind auf scharfe Kritik im Stiftungssektor gestoßen. Im Interview gibt Angelo Winkler, von 1991 bis 2016 Referatsleiter im Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg, seine Sicht auf das Gesetzesvorhaben. Winkler gehörte der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform an.

Herr Winkler, der Regierungsentwurf hat einige Punkte, die im Referentenentwurf kritisiert worden waren, zurückgenommen. Doch nach wie vor würden Kritiker auch den aktuellen Entwurf lieber verworfen sehen, als ihn Gesetz werden zu lassen.

Angelo Winkler: Es gab einige berechtigte Kritikpunkte am Referentenentwurf, diese wurden aber im Regierungsentwurf behoben. Wir brauchen jetzt dringend eine Reform; wir können nicht noch länger warten. Die Vorschriften unseres geltenden Stiftungsrechts sind – formal und inhaltlich – massiv defizitär, sie sind grottenschlecht. So ist das Stiftungsrecht für einen Rechtsanwender ohne Vorkenntnisse weitgehend unverständlich, erscheint als ein Buch mit sieben Siegeln. Wer aber Hilfe in einem wissenschaftlichen Kommentar sucht, wird im Zweifel eher verwirrt, nicht zuletzt weil landesrechtliche Regelungen zum Teil für verfassungswidrig erklärt werden und damit ihre Anwendbarkeit in Zweifel gezogen wird, obwohl diese Zweifel an der Gültigkeit der Vorschriften niemals von einem Verfassungsgericht bestätigt wurden. Ein Negativbeispiel ist § 86 BGB mit seinem missglückten Satzbau und seiner (über § 27 Abs. 3 BGB) doppelten Verweisung. Diese Situation ist unzumutbar; so können wir mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht umgehen. Recht ist für den „normalen“ Menschen da, nicht nur für eine schmale Elite von Expertinnen und Experten. Auch Nichtfachleute sollen – zumindest ungefähr – den Inhalt der Rechtsvorschriften verstehen können. Im Übrigen sind wichtige inhaltliche Fragen ungeklärt.

Welche zum Beispiel?

Winkler: Da sei etwa das Fehlen von Vorschriften zur Vermögensverwaltung im BGB und die rechtlichen Unsicherheiten bei allen Formen der Änderung der Stiftungsverfassung genannt. Diese Unklarheiten führen zum Beispiel dazu, dass es in der Praxis kaum Zulegungen und Zusammenlegungen gibt – Rechtsinstrumente, die sehr wichtig sein könnten für viele kleinere Stiftungen mit geringen Erträgen bzw. Problemen bei der Nachfolge von Vorstandsmitgliedern. Auch wünschen sich viele Stiftungsorgane seit Jahren eine gesetzliche Klarstellung, dass sie nicht persönlich haften, wenn etwa eine – trotz großer Vorsicht getroffene – Anlageentscheidung entgegen allen berechtigten Erwartungen zu Verlusten des Stiftungsvermögens führt. Angesichts dieser erheblichen Defizite waren sich Bund und Länder in der AG Stiftungsrecht einig: Kleinere Reparaturen am Gesetzestext reichen nicht aus; wir brauchen ein ganz neues Regelungswerk. Deshalb wurden schon im Diskussionsentwurf von 2018 die §§ 80ff. BGB völlig neu gefasst. Künftig finden die Rechtsanwender das gesamte Stiftungszivilrecht im BGB; auf Landesrecht müssen sie (fast) nur für die laufende Aufsicht zurückgreifen. Darüber hinaus enthält der Regierungsentwurf eine weitere wichtige Verbesserung, nämlich das von der „Stiftungsszene“ seit vielen Jahren geforderte Stiftungsregister mit Publizitätswirkung. Ein neues Stiftungsrecht aus einem Guss – das ist, kurz gesagt, der Inhalt des Regierungsentwurfs. Deshalb sage ich: Nach fast sieben Jahren intensiven Beratungen und mehrfacher Beteiligung der betroffenen Verbände sollte die Politik nun den Schritt wagen und den Gesetzentwurf verabschieden – diese Chance sollte man nicht verstreichen lassen. Und wenn nach einigen weiteren Jahren praktischer Erprobung Korrekturbedarf festgestellt werden sollte, wäre das ein völlig gewöhnlicher Vorgang: „Nach der Reform ist vor der Reform.“

Ein Vorwurf ist ein restriktiver Umgang mit dem ursprünglichen Stifterwillen, ja ein Misstrauen gegenüber dem lebenden Stifter. Warum räumt der Gesetzgeber nicht mehr Rechte ein?

Winkler: Manche Kritiker malen ein falsches, zumindest missverständliches Bild von unserem Stiftungsrecht. Dieses ist keineswegs von Misstrauen, vielmehr von großem Vertrauen gegenüber den Stifterinnen und Stiftern geprägt. Wer eine Stiftung errichten will, dem (oder der) wird – heute wie in Zukunft – der rote Teppich ausgerollt. Denn die Stifterinnen und Stifter haben vor der Anerkennung nach dem BGB eine in jeder Hinsicht fast unbegrenzte Gestaltungsfreiheit. Es gibt nur eine einzige, allerdings wohlbegründete Einschränkung: Die Stifter müssen ihre umfassenden Rechte auch wahrnehmen, d.h. sich über die zu errichtende Stiftung Gedanken machen und diese in der Stiftungssatzung im Einzelnen formulieren. Sie treffen mit der Errichtung in der Regel eine Lebensentscheidung; typischerweise werden sie sich zuvor umfassend über ihre Rechte vor und nach der Anerkennung informieren.

Kritiker sagen, dass es eben doch Sinn hat, Stiftern Zeit zu geben, sich in die Rechtsform hineinzufinden.

Winkler: Ich kenne das Argument und möchte deshalb noch einmal das Leitbild der Stiftung in Erinnerung rufen, ihre Grundidee: Ein Stifter trifft eine Vermögensverfügung, durch die ein vom Stifter bestimmtes Vermögen für einen vom Stifter bestimmten Zweck zur Verfügung gestellt werden soll. Diese Vermögensverfügung wird auf Dauer durch die staatliche Stiftungsaufsicht geschützt. Mit der Anerkennung entsteht eine selbstständige Vermögensmasse, die über eigene Rechte verfügt und auch vom Stifter selbst unabhängig ist. Maßgebend während der gesamten Existenz der Stiftung ist stets der ursprüngliche Stifterwille zum Zeitpunkt der Anerkennung – viele Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht haben das immer wieder so entschieden. Diese Grundkonzeption hat sich seit Jahrzehnten bewährt; sie wollen wir nicht antasten. Auf ihr beruht der gute Ruf, das hohe Ansehen der Stiftung, das wir keinesfalls aufs Spiel setzen dürfen. Die Beliebtheit von Stiftungen erkennt man im Übrigen auch daran, dass sich manche Institutionen – zum Beispiel Vereine – die Bezeichnung Stiftung zulegen, obwohl sie rechtlich gar keine Stiftungen sind – die Reform wird diesen Missbrauch durch einen verpflichtenden Zusatz für alle „echten“ eingetragenen Stiftungen übrigens zumindest eingrenzen. Formal geht die errichtete Stiftung den Stifter tatsächlich nichts an. Aber in der Praxis wird ein gut beratener Stifter bei der Errichtung seine umfassende Stifterfreiheit nutzen und die Weichen so stellen, dass er die Stiftung später genau nach seinen Vorstellungen steuern kann, zum Beispiel indem er sich zum Alleinvorstand bestellt und auch Vorkehrungen für eine mögliche Veränderung der Verhältnisse trifft. Diese Entscheidungen kann ihm allerdings niemand abnehmen.

Der Blick in andere Länder zeigt, dass es auch liberaler erfolgreich geht. In der Schweiz etwa besteht die Möglichkeit, innerhalb einer Frist Änderungen am Zweck vorzunehmen, um die Rechtsform kennenzulernen.

Winkler: Ich glaube nicht, dass das Stiftungsrecht der Schweiz „liberaler“ ist. Zum Wesenskern der Stiftung gehört ihre Dauerhaftigkeit – diese ist Voraussetzung für die Anerkennung (auch im Fall einer Verbrauchsstiftung). Dauerhaftigkeit (bzw. Kontinuität) einerseits und Flexibilität andererseits sind tendenziell Gegensätze. Wer für sein Vorhaben ein hohes Maß an Flexibilität benötigt, sollte eher die Gründung eines Vereins oder auch die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung in Betracht ziehen, bei denen eine Zweckänderung leichter möglich ist. Dies gilt vor allem für Menschen, die beim Start ihres Vorhabens über Einzelheiten noch unsicher sind und zunächst während einer Übergangszeit Erfahrungen sammeln und verschiedene Gestaltungsalternativen ausprobieren wollen. Diese Fallkonstellation ist jedenfalls keine Rechtfertigung für die Einführung eines Stifteränderungsrechts. Denn in solchen Fällen gibt es mit der unselbstständigen Stiftung eine Alternative, bei der sogar die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorteile in Anspruch genommen werden können, wobei die Option der Umgestaltung in eine selbstständige Stiftung in der Satzung verankert werden sollte. Im Übrigen ist auch das Recht der rechtsfähigen Stiftung keineswegs völlig starr. Durch den Regierungsentwurf wird nämlich ein wichtiges Element der Flexibilisierung des Stiftungsrechts ins BGB eingefügt: Bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse kann der Zweck geändert werden (§ 85 Abs. 2). Nach alledem wäre ein Stifteränderungsrecht gleichermaßen entbehrlich wie systemwidrig: Es gibt keinerlei Grund, einem Stifter zu gestatten, zum Beispiel eine Kulturstiftung ohne Rücksicht auf den ursprünglichen Stifterwillen nach freiem Ermessen in eine Sportförderstiftung umzugestalten, erst recht nicht, wenn in der Zwischenzeit eine – im Vertrauen auf den ursprünglichen Zweck erfolgte – Zustiftung stattgefunden hat.

Es gibt die Sorge, die Bundesrepublik könnte als Stiftungsstandort Schaden nehmen, auch angesichts alternativer Rechtsformen.

Winkler: Ich halte nichts davon, den Teufel an die Wand zu malen. Viele der – uns so wichtigen – kleineren Stiftungen, die sich zum Beispiel in einer Kommune im Sozialbereich oder an einer Schule engagieren, sind fachlich und emotional in einem örtlichen Rahmen eingebettet – sie werden nicht ins Ausland abwandern. Aber auch größere Stiftungen wissen durchaus die Verlässlichkeit und die – ohnehin gesetzlich gebotene – Zurückhaltung der Behörden bei der Aufsicht zu schätzen. Im Übrigen sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Zwischen 2001 und 2019 hat sich die Zahl der Stiftungen von 10.503 auf 23.230 mehr als verdoppelt – und für eine etwa bevorstehende Umkehr dieses erfreulichen Trends gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte.

Auch in anderen Belangen sind die Vorgaben für Stiftungen strenger, als sich etwa Verbände und Berater wünschen würden. Ein Verein gründet sich, eine Stiftung muss anerkannt werden.

Winkler: Ich kenne die Kritik, aber ich denke, dass das Bild einer sehr strengen Stiftungsaufsicht eher ein Zerrbild ist, jedenfalls heute längst nicht mehr zutrifft. Das Erfordernis der Anerkennung liegt im ureigenen Interesse von Stifter und Stiftung. Der Sinn dieses Verfahrens ist vor allem die Prüfung, ob das Vermögen, das die Stifterin bzw. der Stifter in die Stiftung einbringen möchte, und die Zwecke, für deren Verwirklichung es gedacht ist, in einem realistischen Verhältnis zueinander stehen. Außerdem kann die Behörde die Stifterin bzw. den Stifter beraten und dabei ihre Erfahrungen aus der Beaufsichtigung bestehender Stiftungen einbringen. So soll sichergestellt werden, dass die Stiftung auch noch in zehn, 15 oder 25 Jahren bestehen kann – und verhindert werden, dass Stiftungen entstehen, die nicht lebensfähig sind und nach kurzer Zeit wieder aufgehoben werden müssen. Solche Stiftungen nützen niemandem. Im Übrigen ist seit fast 20 Jahren ausdrücklich im BGB geregelt, dass ein Rechtsanspruch auf Anerkennung besteht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. In diesem Fall hat die Stiftungsbehörde keinerlei Ermessen; sie muss anerkennen. Paragraph 82 BGB des Regierungsentwurfs stellt das – wie schon das bisherige Recht – ganz klar: Eine Stiftung ist anzuerkennen, wenn das Stiftungsgeschäft den Anforderungen des Paragraphen 81 über das Stiftungsgeschäft genügt und die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Zwecks gesichert erscheint. Ähnlich verhält es sich mit der Aufsicht. Die Behörde übt eine reine Rechtsaufsicht aus: Sie darf im Wesentlichen nur prüfen, ob im Prüfungszeitraum der vom Stifter vorgegebene Zweck erfüllt wurde und das Grundstockvermögen erhalten geblieben ist. Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen sind ihr dagegen strikt untersagt – das hat die Rechtsprechung schon vor Jahrzehnten entschieden.

Dennoch scheint es einen grundlegenden Interessenkonflikt zwischen Gesetzgeber und Stiftungssektor zu geben.

Winkler: Einen Interessenkonflikt zwischen Gesetzgeber und „dem“ Stiftungssektor sehe ich nicht. Zwar spielen subjektive Interessen immer eine Rolle – und dies völlig zu Recht. So ist es zum Beispiel die ureigene Aufgabe eines Anwalts, die Interessen seiner Mandanten zu vertreten. Ich kann deshalb durchaus verstehen, wenn der eine oder andere für eine maximale Gestaltungsfreiheit von Stifterinnen bzw. Stiftern auch insoweit eintritt, als sich diese Stifterfreiheit – systemwidrig – auf den Zeitpunkt nach der Anerkennung erstreckt. Der Gesetzgeber dagegen ist – wie, in anderer Funktion, auch die Verwaltung – dem Gemeinwohl verpflichtet; er muss die widerstreitenden Interessen objektiv bewerten und zum Ausgleich bringen. Seine vornehmste Aufgabe sehe ich darin, dass das Rechtsinstrument Stiftung sein über Jahrhunderte bewahrtes hohes Ansehen auch in Zukunft behält und für neue Herausforderungen gut gerüstet ist.

Der Referentenentwurf ist scharf kritisiert worden. Inwiefern spielten Abstimmungsprobleme, etwa durch Corona, eine Rolle?

Winkler: Bis Februar 2018 gab es regelmäßige Treffen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Ein Treffen im März 2020 fiel aufgrund von Corona aus, der Kontakt zwischen dem Bundesjustizministerium und den Ländern war danach nicht mehr so eng – bis zur Vorlage des Referentenentwurfs, bei dem sich die Länder intensiv eingebracht haben. Umso mehr freue ich mich, dass der Regierungsentwurf so gut gelungen ist. Und ich möchte betonen: Ich bin dem Bundesjustizministerium besonders dankbar, dass jetzt sogar eine praktikable Lösung für das Stiftungsregister gefunden wurde. Es ist ein großer Schritt nach vorn, dass der Bund bereit ist, die Sache in die Hand zu nehmen, das Register beim Bundesamt für Justiz aufzubauen und die Kosten zu tragen. In der Arbeitsgruppe waren viele Kollegen zunächst sehr kritisch. Vor allem fürchtete man die hohen Kosten – wir sind in den Ministerialverwaltungen geprägt durch jahrzehntelange Sparrunden. Auch deshalb gab es 2018 den Beschluss, dass zunächst eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden soll. Dies hätte aber bedeutet, dass sich die Einführung noch weiter verzögert hätte. Der Regierungsentwurf dagegen sieht vor, dass 2026 – nach dem notwendigen technischen Vorlauf – das Stiftungsregister mit Publizitätswirkung starten kann. Damit ziehen die Stiftungen endlich gleich mit den Vereinen, Gesellschaften und Genossenschaften, die schon seit langem in Register eingetragen werden. Bis heute muss sich zum Beispiel eine Stiftung, die ein Grundstücksgeschäft abschließen möchte, von der Stiftungsbehörde eine Vertretungsbescheinigung ausstellen lassen. Das ist ein im IT-Zeitalter völlig veraltetes Verfahren, das dank des Registers ein Ende finden wird.

Aber auch hier bestehen Bedenken.

Winkler: Es gibt tatsächlich die Kritik, der Bund dürfe das Register nicht von einer Bundesbehörde, führen lassen; diese Aufgabe müsse nach dem Grundgesetz von den Ländern wahrgenommen werden. Zunächst einmal: Ich habe keinerlei Zweifel an der hohen fachlichen Kompetenz des Bundesjustizministeriums, das die Verfassungsmäßigkeit des Regierungsentwurfs auch für dieses Problem geprüft und bejaht hat. Falls gleichwohl Zweifel fortbestehen sollten, könnte sich auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages noch einmal mit dieser Frage beschäftigen. Vor allem aber sehe ich das Problem aus praktischer Sicht. Zwar könnte man sich sicherlich vorstellen, dass statt einer Bundesbehörde die Stiftungsbehörden der Länder das Register führen – wie schon bisher die Stiftungsverzeichnisse. Da sie die Anerkennungsentscheidung treffen und die laufende Aufsicht ausüben, könnte man sie – und nicht etwa die Amtsgerichte, wie manche immer noch meinen – durchaus als prädestiniert ansehen für die Aufgabe der Registerbehörde. Das Problem ist aber, dass bisher für eine solche Lösung keinerlei Vorbereitungen getroffen wurden.

Was würde das für das Register aus Ihrer Sicht bedeuten?

Winkler: Würde sich der Gesetzgeber für ein von den Ländern geführtes Register entscheiden, so befürchte ich, könnte das seine Verwirklichung noch einmal um weitere Jahre verzögern. Denn die 16 Länder – Stiftungsbehörden, IT-Abteilungen, Finanzministerien – müssten erst einmal ein technisches Konzept erarbeiten und zum Beispiel klären, ob ein Bundesland die Koordinierung übernimmt („einer für alle“); wahrscheinlich wäre ein Staatsvertrag erforderlich. Alle Behörden müssen ja miteinander vernetzt sein; schon aus Gründen der Praktikabilität darf es für die Bürgerinnen und Bürger nur ein einziges Register geben. Der Aufbau des Registers darf aber nicht so lange dauern, bis wir alle tot sind. Im Übrigen: Das Argument, die Länder gäben massiv Kompetenzen an den Bund ab, überzeugt mich nur bedingt. Denn die Stiftungsregistertätigkeit ist eine bloße Hilfstätigkeit. Die Registerbehörde prüft nur die formalen Voraussetzungen, ob zum Beispiel eine Anerkennung erfolgt ist und die erforderlichen Unterlagen vorliegen. Ist dies der Fall, hat die Registerbehörde kein Ermessen, sondern ist verpflichtet zur Eintragung. Alle materiellen Entscheidungen, zum Beispiel auch die Genehmigung einer Änderung der Stiftungsverfassung, verbleiben ja bei den Stiftungsbehörden der Länder. Für mich bleibt entscheidend: Mit einem modernen Stiftungsregister verabschieden wir uns im Stiftungsrecht endlich vom 19. Jahrhundert.

Das war einer der Vorwürfe zum Referentenentwurf: Er atme den Geist den 19. Jahrhunderts. Sie fällt beim Regierungsentwurf nicht grundlegend anders aus.

Winkler: Ich sehe das völlig anders. Der Geist des 19. Jahrhunderts und des Obrigkeitsstaates steckt etwa im heutigen Paragraphen 87 BGB, den wir – offenbar entgegen der Meinung einiger Professoren – dringend modernisieren müssen. Die Vorschrift besagt, dass im Fall der Unmöglichkeit der Erfüllung des Stiftungszwecks die Behörde die Stiftung aufheben kann. Nicht erwähnt wird dabei, dass die Stiftung diese Frage zunächst selbst prüfen könnte und sollte. Der Regierungsentwurf dagegen weist in die Zukunft; er atmet den Geist des Grundgesetzes und verkörpert ein modernes Stiftungsrecht. Eine verständliche Sprache, ein klarer, systematischer Aufbau und präzise Begriffe erleichtern – entsprechend den neuesten Standards der Gesetzgebungstechnik – die Anwendbarkeit. Die Regelungen zum Stiftungsvermögen ermöglichen ein hohes Maß an Flexibilität bei der Gestaltung der Vermögensverwaltung (vgl. §§ 83b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3, 83c Abs. 2 und 3). Mit der „Business Judgement Rule“ (§ 84a Abs. 2) wird eine moderne Haftungsregelung für die Stiftungsorgane kodifiziert. Das Subsidiaritätsprinzip wird konsequent umgesetzt: Bei Änderungen der Stiftungsverfassung sind in erster Linie die Stiftungsorgane für die Stiftung verantwortlich; die Behörde soll – zur Stärkung der Autonomie der Stiftung – nur hilfsweise eingreifen (§§ 85a Abs. 2, 86b Abs. 2, 87a Abs. 1). Zulegung und Zusammenlegung werden umfassend – einschließlich des wichtigen Vermögensübergangs (§ 86f Abs. 2) – geregelt; dies ist ein Lösungsangebot vor allem für kleinere Stiftungen in der Krise (§§ 86 bis 86h). Schließlich kann eine Stiftung bereits dann aufgelöst bzw. aufgehoben werden, wenn sie – zum Beispiel wegen geringer Erträge – nicht mehr anerkennungsfähig wäre (vgl. § 87 Abs. 1); deshalb dürfte es künftig kaum noch Fälle geben, in denen Stiftungen gegen den Willen der Organe am Leben erhalten werden müssen. Last but not least bekommen wir ein modernes Stiftungsregister. Alles in allem ist das Stiftungsrecht mit dem Regierungsentwurf endlich im 21. Jahrhundert angekommen. Deshalb appelliere ich noch einmal an die Politik, nicht der – teilweise weit überzogenen – Kritik zu folgen, sondern „den Sack zuzumachen“ und den Entwurf zu verabschieden.

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