Viele Stiftungen kämpfen mit sinkenden Einnahmen. Wie können sie in der momentanen Niedrigzinsphase ihr Kapital erhalten und mehren, ohne gegen ihre Satzungen und Anlagerichtlinien zu verstoßen? Und welche alternativen Anlageformen sind möglich? Auf der Podiumsveranstaltung „Stiftungen im Spannungsfeld niedriger Zinsen“ am 28. Februar im Haus der Patriotischen Gesellschaft in Hamburg wurde angeregt über Zukunftsstrategien und die Arbeit von Vermögensverwaltern für Stiftungen diskutiert.
von Jürgen Hoffmann
„Wir sehen in vielen Stiftungen derzeit große Nervosität“, sprach Hans Christian Blum, Rechtsanwalt und Partner bei CMS Hasche Sigle, gleich zu Beginn der Diskussion Klartext. Die Angst vor gestiegenen Risiken, die durch die anhaltenden Unruhen an den Finanzmärkten entstanden seien, lähme manche Stiftung. Allzu strenge Restriktionen für die Kapitalanlage wirkten wie eine Handbremse: „Die momentane Niedrigzinsphase zeigt die Schwächen in vielen Satzungen.“ Aufgrund der geringen Renditen in den letzten Monaten können viele Stiftungen schon keine Ausschüttungen mehr vornehmen. Noch dramatischer drohe es zu werden, wenn künftig die Zinsen wieder anziehen, dann aber als Folge die Aktienkurse ins Rutschen kommen.
Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbandes deutscher Stiftungen, bestätigte Blums Einschätzung und betonte, dass es den meisten Stiftungen derzeit nur noch darum ging, einen nominalen Werterhalt ihres Vermögens zu erreichen. Zurückgehende Einnahmen führten beispielsweise zu prozentual steigenden Verwaltungskosten. Eine Stiftung, die vor einigen Jahren 100.000 EUR Einnahmen und 20.000 EUR Ausgaben für Buchhaltung, IT, Einkauf und ähnliche Posten per anno verbucht habe – die also % Verwaltungskosten hatte – käme bei einer Halbierung der Einnahmen und gleichbleibenden Kosten jetzt auf 40% Verwaltungskosten. Fleisch berichtete auch von Fällen, in denen wegen signifikanter Kursverluste bereits die Staatsanwaltschaft tätig geworden sei. Und er konstatierte, dass so mancher, vor allem kleinerer Stiftung Insolvenz drohe, wenn sich ihre Finanzsituation nicht bald verbessere.
Dass es aber auch Stiftungen gibt, denen es finanziell besser geht, zeigte die Diskussion mit den rund 25 Vertretern von Institutionen, die der Einladung des Family Offices Kontora gefolgt waren, darunter die Phoenix Kulturstiftung, die Körber Stiftung, die BürgerStiftung Hamburg und die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung. Letztere beispielsweise investiert unter anderen in Erneuerbare Energien und nutzt damit eine Kapitalanlage, „die als Mission Investing zu ihrem Stiftungszweck passt“, wie Stephan Buchwald sagt, Geschäftsführender Gesellschafter von Kontora. Er erläuterte den derzeitigen Run der Anleger auf Sachwerte und die Notwendigkeit einer breiten Streuung des investierten Kapitals. Profis, beispielsweise wohlhabende Familien und amerikanische Universitätsstiftungen, würden seit Jahren so handeln. Auf den Einwand, dass kleineren Stiftungen häufig der Zugang zu interessanten Investments mangels finanzieller Masse und fehlendem Knowhow versperrt sei, verwies der Kontora-Chef auf die Möglichkeit des Poolings. Mehrere kleinere Stiftungen tun sich zusammen und investieren gemeinsam.
Aus Sicht von Stephan Buchwald werden Stiftungen durch die niedrigen Zinsen „geradezu gezwungen, sich zu professionalisieren“. Tools wie Vermögenscontrolling und Liquiditätsplanung seien mittlerweile unerlässlich. Außerdem ist eine Überprüfung der Anlagerichtlinien, „die oft nicht mehr zeitgemäß sind“, anzuraten. Er ermunterte Stiftungen, ihre Geldanlagen stärker selber in die Hand zu nehmen oder durch Honorarberater ihre Interessen gegenüber Banken und Finanzdienstleistern durchzusetzen: „Wenn kleine Stiftungen zu großen Banken gehen, herrscht keine Waffengleichheit. Das ändern wir.“
Abschließend empfahl Dr. Hans Fleisch den Stiftungen, Dienstleister wie Allokationsberater zu nutzen. Deren Erfahrung und Kompetenz sei hilfreich. Einige hätten das bereits erkannt: „Viele Stiftungen gehen inzwischen die Wege der Profis."