Mit einem Einkommen von 638 US-Dollar pro Kopf im Jahr zählt Uganda zu den ärmsten Ländern der Welt. Rund 46 Millionen Menschen leben in dem ostafrikanischen Land. Mit den Bedürfnissen der Menschen in dieser Region haben sich die Hanns-R.-Neumann-Stiftung (HRNS), die Siemens-Stiftung und die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) in der Vorbereitung ihres Kooperationsprojekts Team-up auseinandergesetzt.
Einteilen lassen sich die Bedürfnisse der Ugander laut Michael Opitz, Geschäftsführer der Hanns-R.-Neumann-Stiftung, in zwei Bereiche. Auf der wirtschaftlichen, materiellen Ebene suchen die Menschen eine langfristige Lebensperspektive, eine Arbeitsstelle und ein stabiles Einkommen. Auf der immateriellen Ebene sind Gesundheit, Sicherheit, Zeitmanagement und Familienplanung von Bedeutung. Auch der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist in vielen Landesteilen noch nicht gewährleistet. Die Neumann-Stiftung konzentriert sich auf drei Ziele: die soziale und wirtschaftliche Lage von kleinbäuerlichen Familien in tropischen Ländern verbessern, den Schutz der Umwelt vorantreiben und bessere Jugendperspektiven schaffen. „Die Hilfe zur Selbsthilfe ist ein sehr wichtiger Ansatz für uns“, sagt Opitz.
Die drei in Team-up kooperierenden Stiftungen haben sich für Uganda drei Ziele gesetzt: Das Projekt soll sexuelle und reproduktive Gesundheit verbessern, Hygienemaßnahmen vorantreiben und Ausbildungsmaßnahmen in Landwirtschaft und Betriebswirtschaft entwickeln. Zielgruppe sind 50.000 junge Menschen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren im ugandischen Mityana District. Die Initialzündung für die Kooperation der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung und der Hanns-R.-Neumann-Stiftung sei gewesen, „dass wir uns gegenseitig schon kannten und von vornherein viele Anknüpfungspunkte in unserer Arbeit in Ostafrika sahen“, erinnert sich Angela Bähr, seit 2016 Direktorin für Projekte und Programme bei der DSW.
Privat trifft Staat
Ein umfangreiches Kooperationsprojekt setzt gute Vorbereitung voraus: Als die drei Stiftungen 2018 zusammenfanden, prüften sie als Erstes gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen vor Ort die Bedürfnisse der Zielgruppe, so Opitz. Auf diese Weise zeige sich bereits recht schnell, auf welche Art die Stiftungen ihre Angebote einbringen und miteinander vernetzen können. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt die Kooperation. Damit treffen unterschiedliche Arten von Akteuren aufeinander – hier private, gemeinnützige Stiftungen, dort eine staatliche Institution. Eine Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft habe für das Ministerium verschiedene Vorteile, erklärt das BMZ: Stiftungen kämen aus der Mitte der Gesellschaft, brächten große Fachexpertise mit und verfügen über belastbare Netzwerke – auch im globalen Süden selbst. „Darüber hinaus bringen sie substantielle Eigenbeiträge ein, um ihre Projekte wirkungsvoll mit ihren Partnern umzusetzen.“
Auch aus Sicht der Stiftungen bringt die Kooperation mit dem Gegenüber Vorteile. Bähr verweist hier auf die Einbindung öffentlicher Institutionen, Opitz auf die Punkte Sichtbarkeit und Vernetzung mit staatlichen Ebenen. Das Budget des Erstvorhabens von Team-up beläuft sich auf insgesamt sechs Millionen Euro und verteilt sich je zur Hälfte auf das BMZ und die Stiftungen.
Klare Rollenverteilung
Auf sich alleine gestellt, wären die Handlungsmöglichkeiten der beiden zivilgesellschaftlichen Akteure geringe, sind sie überzeugt. „Jede Stiftung für sich kann einen Teil abdecken, jedoch nie alles alleine. Im Verbund kann das Angebot einfach umfassender und relevanter gestaltet werden“, sagt Opitz. „Wie alles zusammengespielt hat, wie sich die Angebote miteinander vernetzt haben und wir direkt Feedback für die Arbeit im Austausch mit der Zielgruppe erhalten konnten, war sehr bereichernd.” Durch die Kooperation und den Austausch mit der Zielgruppe habe sich auch auf Managementebene viel gewandelt: Der intensive Kontakt habe zu einem besseren Verständnis der Komplexität der Probleme geführt.
Operativ herrscht eine klare Rollenverteilung, entsprechend der Ausrichtung der Organisationen. „Wir von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung konzentrieren uns auf das Thema Gesundheit, die Hanns-R.-Neumann-Stiftung hat ihren Schwerpunkt bei der Förderung von Farmerfamilien im Kaffeesektor und die Siemens-Stiftung bei der nachhaltigen Wasserversorgung.“ So lassen sich mehrere Problemstellungen in einem Distrikt angehen. Entwicklungsprozesse ließen sich verkürzen, sagt Opitz.
Vertrauen ist besser
Zugleich erhöht die Kooperation die Komplexität und bringt damit auch Herausforderungen mit sich. „Bei multisektoraler Zusammenarbeit ist die Frage immer: ‚Was ist man bereit zu investieren und wie kommen wir zusammen?‘“, sagt Bähr. Da sei Wille zur Kooperation und zur gemeinsamen Auseinandersetzung gefragt. Anfangs könnten Abstimmungsschleifen viel Zeit in Anspruch nehmen, doch mittlerweile habe sich zwischen den Stiftungen ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Offene Kommunikation untereinander sei das A und O.

Foto: Team-up
Es empfehle sich, anfangs mit einem höheren Organisationsaufwand zu rechnen, sagt Opitz in der Rückschau. „Wir haben anfangs mehr investiert, als wir budgetiert haben“, sagt der Geschäftsführer der Hanns-R.-Neumann-Stiftung. „Jedoch ist dies notwendig für die Abstimmung untereinander, und um das Synergiepotential durchdringen zu können.“ Ganz einfach sei es nicht gewesen, gemeinsam Neuland zu betreten, da etwa das Ministerium eine sehr detaillierte Planung im Vorhinein wünschte. Dies habe zu umfangreichen administrativen Prozessen geführt, wenn sich spontan etwas geändert habe. Es habe vielleicht etwas an Flexibilität gefehlt.
Nachfolgeprojekt in Planung
Die Antwort auf die Frage, ob sie ein solches Projekt noch einmal angehen würden, fällt eindeutig aus. Es soll ein Folgeprojekt geben: „Team-up 2 nimmt bereits Gestalt an“, sagt Opitz. Parallel zu Team-up gebe es die Stiftungsallianz für Afrika (Safa) „als institutionalisiertes und langfristiges Format der Kooperation zwischen Stiftungen, um weitere Themenfelder zu sichten und auch in weiteren Ländern Afrikas aktiv werden zu können“.
Aus Sicht von DSW-Direktorin Bähr ist für Stiftungen beim Abschluss eines umfangreichen Projekts die Evaluation und die Wirksamkeit der Ansätze von großer Bedeutung. Durch die Pandemie sei es allerdings nicht gerade einfach, gemeinsam Lehren aus der Kooperation zu ziehen, da die Projektverantwortlichen zwei Jahre lang nicht vor Ort sein konnten und sich somit auch nicht persönlich mit den lokalen Partnerorganisationen austauschen konnten. „Kooperation braucht auch Begegnung und gemeinsame Erfahrung.“
Unabhängig von aktuellen Herausforderungen sorgen Formalia mitunter für erhöhte Komplexität: Die Regularien für die Verwendung öffentlicher Mittel seien oftmals kleinteilig, Abrechnungen aufwendig, so Bähr – doch gleichzeitig birgt es eben große Vorteile, private Mittel von Stiftern und öffentliche Mittel des BMZ für gemeinsame Ziele einzusetzen. „Mit guter Planung im Vorfeld und einer guten Moderation während der Umsetzung solcher Vorhaben würde ich gar nicht so viel anders machen“, sagt Angela Bähr – hat aber noch einen Tipp für Stiftungen in der Entwicklungszusammenarbeit: „Von Aufs und Abs in der Förderung von entwicklungspolitischen Projekten darf man sich nicht entmutigen lassen. Die gehören dazu.“