Die Bayerische Landesstiftung fördert seit über 50 Jahren soziale und kulturelle Projekte in Bayern. Wie die Stiftung risikoavers Erträge generiert und warum sie leise agiert, erklärt Vorstand Markus Reichhart im Interview mit DIE STIFTUNG.

Die Bayerische Landesstiftung ist eine Stiftung öffentlichen Rechts. Wie kam es zur Stiftungserrichtung?
Markus Reichhart: Die Stiftung ist in diesem Jahr 50 Jahre alt geworden. Sie wurde 1972 aus Privatisierungserlösen aus der Vereinigung der Bayerischen Staatsbank und der Bayerischen Ver­einsbank gegründet. Die damaligen poli­tischen Vertreter waren sich einig, dass es sinnvoll wäre, eine Stiftung zu errich­ten, die den bayerischen Bürgern und dem Freistaat zur Verfügung steht.

Viele der Stiftungsposten sind mit Politi­kern besetzt. Wie groß ist der Einfluss der Politik auf die Stiftung?
Reichhart: Es gibt den Stiftungsrat, der besetzt ist mit Landtagsabgeordne­ten, Vertretern der Ministerien und zwei Sachverständigen aus dem Finanzbe­reich, die an den Auswahlprozessen der Begünstigten beteiligt sind. Den Vorsitz hat der Ministerpräsident inne, Stellver­treter ist der Finanzminister. Die Stiftung hat sich relativ restriktive Fördergrund­sätze gegeben, und dadurch ist der poli­tische Einfluss gering, weil zuerst die Ge­schäftsstelle die Förderanträge gemäß diesen Grundsätzen prüft und diese dann vom Vorstand dem Stiftungsrat zur Entscheidung vorgelegt werden.

Wie setzt sich der dreiköpfige Vorstand zu­sammen?
Reichhart: Der Stiftungsvorstand wird durch die Staatsregierung für fünf Jahre berufen, das passiert über die Re­gierungsparteien, derzeit die CSU und die Freien Wähler.

Markus Reichhart ist Vorstand der Bayerischen Landesstiftung und saß bis 2013 im Bayerischen Landtag.

Markus Reichhart ist Vorstand der Bayerischen Landesstiftung und saß bis 2013 im Bayerischen Landtag. Foto: Bayerische Landesstiftung

Wie und wie oft entscheidet der Vorstand über die Kapitalanlage?
Reichhart: Wir haben eine Kapitalver­waltungsgesellschaft. Über die Kapital­verwaltungsgesellschaft haben wir das Kapital strukturiert, zum einen in einen aktiven Anlageteil, der von drei Asset­managern verwaltet wird, und einen pas­siven Teil, der aus Immobilien- und Infra­strukturfonds sowie einem Portfoliokon­zept bei einer Lebensversicherung be­steht. Die Mandate werden laufend über­prüft.

Das Grundstockvermögen wird im Jahres­bericht 2020 mit 836 Millionen ausgewie­sen. Wie hoch ist das Stiftungskapital zur­zeit?
Reichhart: Das liegt weiterhin im hö­heren dreistelligen Bereich. Es ist auf­grund der aktuellen Lage am Kapital­markt leicht gesunken.

Wie ist das Kapital allokiert?
Reichhart: Zu unserer strategischen Asset Allocation haben wir eine Studie durchführen und verschiedene Szenari­en abbilden lassen. Wir haben in der Stif­tung ein relativ restriktives Risikokapi­talverhalten und gehen nicht in große Ri­siken rein, deshalb haben wir keine ext­rem hohe Ertragserwartung. Nach der neuen Asset Allocation haben wir eine Erhöhung der Immobilien- und Infra­strukturquote vorgenommen und die Ri­sikobereitschaft etwas erhöht. Aktien sind auch im Portfolio in einer breiten Mischung gemäß Anlagerichtlinien ent­halten. Zu sehr kann ich nicht aus dem Nähkästchen plaudern, weil wir einen Anlageausschuss haben, in dem sitzt der Vorstand, dem beratend der Vorstands­vorsitzende der Bayerischen Versor­gungskammer und der ehemalige Vor­standsvorsitzende der Sparkasse in In­golstadt zur Seite stehen. Wenn Schwie­rigkeiten da sind, wie zuletzt durch die Turbulenzen, wird der Vorstand von den Beratern unterstützt.

Welche weiteren Lehren haben Sie aus der besagten Studie gezogen?
Reichhart: In der Studie zeigt sich die schwierige Situation für Kapitalanleger. Trotz unserer nur geringen Zinserwar­tung im niedrigen einstelligen Bereich für das Gesamtkapital ist es nicht leicht, die Ertragserwartung konstant zu hal­ten. Wir können das Risiko nicht zu hoch ansetzen und keine spekulativen Anla­gen wählen. Wir wollen aber die Aus­schüttungen der letzten Jahre in Höhe von 15 bis 20 Millionen Euro stabil hal­ten.

Legt die Bayerische Landesstiftung Kapital nachhaltig an?
Reichhart: Wir berücksichtigen Nach­haltigkeitskriterien. Die Vermögensma­nager sind angehalten, die UN-Prinzipien für verantwortungsvolles Investment (UNPRI) zu beachten. Wir lassen das re­gelmäßig unabhängig reporten. Wenn man Ausschlüsse nimmt, kommt man schon in eine gewisse Schiene, und es regelt sich fast von selbst. Ich kann nicht sagen, dass wir speziell im Bereich grü­ne Kraftstoffe oder Wasserstoff oder Ähnliches unterwegs wären.

Aber ESG-Scores berücksichtigen Sie?
Reichhart: Absolut. In den Gesprä­chen über die aktiv gemanagten Anlagen ist das immer ein Thema. In einer der ersten Sitzungen mit dem Anlageaus­schuss war das meine erste Frage. Die Antwort war, dass die Anlagemanager in die Gespräche mit den Firmen oder auch in die Aktionärsversammlung mit der Frage reingehen, welche nachhaltige Strategie sie verfolgen. Das ist natürlich kein völlig scharfes Schwert, aber es ist ein Hinschieben und ein Zeigen, dass uns das Thema wichtig ist. Denn das ist es: In jeder Sitzung des Anlageausschus­ses sprechen wir auch über ESG-Kriteri­en und Ausschlüsse.

Die Kapitalverwaltungsgesellschaft be­treibt also für Ihre Stiftung Engagement?
Reichhart: Ja. Das ist auch ein we­sentliches Element, auf das wir hinwir­ken. Wer sollte es sonst tun? Der einzel­ne Verbraucher tut sich schwerer, eine Verhaltensänderung herbeizuführen, als eine Institution oder eine Stiftung.

Betreibt die Stiftung auch Fundraising?
Reichhart: Nein. Aber wir hatten das Glück, drei Erbschaften zu erhalten.

Ihre Stiftung agiert trotz ihrer Größe rela­tiv leise. Ist das notwendig?
Reichhart: Wir haben in 50 Jahren fast 700 Millionen Euro ausgeschüttet. Würden wir Werbung machen, hätten wir mehr Spenden, aber uns würden wohl auch viele chancenlose Anfragen überrollen. Wir haben eine Einnahmesei­te, die schwach ist für das bisherige Jahr 2022, und sind deshalb froh, dass die An­träge aktuell etwas weniger sind als in den letzten Jahren. Zudem würden die Ausgaben für die Verwaltung steigen, da wir mehr Aufwand hätten, Anträge zu bearbeiten. Ich bin persönlich eher of­fensiv gemäß dem Motto „Tu Gutes und rede darüber“. Das tun wir in der Stif­tung etwa mit unseren Förderpreisen.

 

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