Krebserkrankungen sind allgegenwärtig, ebenso präsent sind zahlreiche Hilfsorganisationen, die in der breiten Öffentlichkeit um Unterstützung werben. Einen anderen Ansatz verfolgt die Wilhelm-Sander-Stiftung. Sie fördert hochspezialisierte onkologische Forschung und geht auch beim Thema Spenden eigene Wege.

Die Krebsforschung ist das derzeit bedeutendste Gebiet in der medizinischen Forschung. Weltweit arbeitet die Wissenschaft an Behandlungsmethoden. Auch der Stiftungssektor ist in diesem Bereich etabliert, etwa in Form der Deutschen Krebshilfe. Auch abseits solch prominenter Beispiele wirkt der Dritte Sektor. Dort, wo die pharmazeutische Industrie – noch – nicht aktiv ist, etwa weil es sich um Forschungsansätze im Frühstadium handelt oder aber die Fallzahlen zu klein sind, ist das Wirkungsfeld der Wilhelm-Sander-Stiftung. Hervorgegangen aus dem Nachlass des gleichnamigen Fabrikanten und Unternehmers, hat sie sich die Förderung medizinischer Forschung, insbesondere die Krankheits- und Krebsbekämpfung, zum Ziel gesetzt.

Für die Förderung von über 2.260 Projekten vornehmlich in der klinischen und experimentellen Krebsforschung hat die Stiftung seit ihrer Gründung 1973 bis heute rund 245 Millionen Euro Fördermittel an Universitäten und Großforschungseinrichtungen in Deutschland und der Schweiz ausgeschüttet. „Damit kommt uns eine herausragende Stellung in der Unterstützung wirtschaftlich unabhängiger, innovativer Krebsforschung außerhalb der staatlichen Förderung zu“, so der Vorstandsvorsitzende Bernhard Knappe.

„Wir fördern insbesondere auch Forschungsvorhaben zu seltenen Krebserkrankungen, die für die pharmazeutische Industrie nicht lukrativ sind“, sagt Henrike Boden, die den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Stiftungskommunikation verantwortet und auch im Förderwesen tätig ist. „Wenn Projekte von der Industrie gefördert werden können, weil sie eine unmittelbare wirtschaftliche Verwertung nach sich ziehen, ist dies für uns ein Ausschlusskriterium.“ Um ihren Gemeinnützigkeitsstatus zu wahren, fordert die Stiftung die Mittel zurück, sollte es zu einer direkten wirtschaftlichen Verwertung kommen. „Wir wünschen uns natürlich trotzdem, dass die Erkenntnisse ihren Weg in die praktische klinische Anwendung finden“, ergänzt Boden.

Daher haben die Stiftungsgremien entschieden, nach und nach an allen bayerischen Universitätskliniken eigene interdisziplinäre Zentren mit unterschiedlichen Schwerpunkten ins Leben zu rufen. „In diesen Wilhelm-Sander-Therapieeinheiten arbeiten Mediziner der jeweils relevanten Fachgebiete eng zusammen, um jedem Krebspatienten eine individuell angepasste Diagnostik und Behandlung auf Basis der neuesten Forschungserkenntnisse zu ermöglichen. Darüber hinaus bieten die Zentren Patienten, Angehörigen, aber auch niedergelassenen Ärzten schnellen und direkten Rat“, so Boden. Im Anschluss an die mehrjährige Förderung durch die Stiftung werden die Therapieeinheiten an den Universitätskliniken weitergeführt und in den ordentlichen Klinikhaushalt übernommen.

Schwerpunkt Immobilien

Bisher hat die Stiftung die Fördermittel insbesondere durch Immobilien erwirtschaftet. Das Stiftungsvermögen hat einen Marktwert von rund 400 Millionen Euro. Stifter Wilhelm Sander, der seine Unternehmerlaufbahn mit einer Fabrik für medizinisches Nahtmaterial begonnen hatte, investierte nach dem Zweiten Weltkrieg in Wohnsiedlungen. Als er starb, hinterließ der kinderlose Junggeselle rund 4.400 Wohnungen. Die Immobilien machen heute 70 bis 75 Prozent des Stiftungskapitals aus, befinden sich vor allem im Raum Köln – Leverkusen – Düsseldorf, in München, Berlin, Hamburg und im schweizerischen Luzern. Der Rest des Vermögens ist am Kapitalmarkt angelegt.

Künftig soll auch Fundraising einen Teil beitragen. Diesen Bereich baut die Stiftung derzeit auf – allerdings unter etwas  anderen Vorzeichen, als man dies von bekannten Stiftungen im Bereich Krebsbekämpfung kennt. „Es ist schwierig, mit unseren Forschungsthemen eine breite Spenderschaft anzusprechen“, sagt Thomas Hufnagel, Leiter des Bereichs Stiftungsmarketing und Fundraising. Diese seien in der Regel komplex und dadurch schwer zu vermitteln.

Auch der finanzielle Aufwand sei dabei ein Punkt. „Bei der klassischen Spendengewinnung liegen die Kosten im Schnitt bei etwa 30 Prozent der Einnahmen. Das wollen wir nicht – und wir haben auch nicht die Mitarbeiterkapazitäten, das abzudecken.“ Man habe sich daher für ein qualifiziertes Fundraising entschieden. Das bedeutet, dass man zum einen die Fachwelt, in der man die Stiftung kennt, sowie zum anderen Immobilieneigentümer ansprechen möchte. „Wir haben dafür zwei Produkte entwickelt, um ins Gespräch zu kommen. Damit gehen wir in die Kreise hinein, für die unsere Angebote von Interesse sein können: medizinische Wissenschaftler und Immobilienbesitzer.“

Da wäre einmal die Immobilienrente, bei der die Stiftung die Immobilie des Zustifters übernimmt. „Wir ziehen beim Preis einen altruistischen Anteil ab und garantieren ein lebenslanges Wohnrecht. Ob Einmalbetrag oder monatliche Rente, hängt von den Bedürfnissen des Zustifters ab. Wir sind nicht an Zeiten gebunden, können das lebenslang garantieren“, sagt Hufnagel. „Bei uns geht es vor allem um Menschen, die diese Rente nicht wirklich nötig hätten.“ 20 Prozent oder auch gerne mehr des Schätzbetrags der Immobilie werden als Beitrag zur Krebsforschung gespendet. „Dann wird das Gebäude nach Abzug der Kosten ganz klassisch verrentet.“

Professionelle Beurteilung

Die zweite Schiene ist die Beteiligung von privaten Zustiftern an medizinischer Forschungsförderung durch verschiedene individuelle Zuwendungen. „Die Wilhelm-Sander-Stiftung zeichnet aus, dass sie dank ihres qualifizierten Begutachtungs- und Entscheidungsverfahrens in der Lage ist, medizinische Forschung fachgerecht zu beurteilen“, sagt Knappe. Viele Menschen würden gerne Forschung unterstützen, könnten die Forschungsprojekte aber kaum kompetent bewerten. „Wir können ihnen anbieten, dass wir in unserer Stiftung Möglichkeiten schaffen, damit Ihre finanzielle Unterstützung an geeigneter Stelle ankommt.“ Diese Auswahl wird in der Stiftung vom wissenschaftlichen Beirat und fachkundigen Gutachtern gewährleistet. Letztlich entscheidet der Stiftungsrat, der auch finanzielle und andere Aspekte berücksichtigt. „Dieses Modell kann in Form einer projektbezogenen Spende, einer für bestimmte medizinische Forschungsinhalte vorgesehenen Zustiftung oder anderen individuell zugeschnittenen Instrumenten funktionieren“, erläutert Knappe. „Wichtig ist, dass es in den medizinischen Nutzen durch entsprechend geförderte Forschungsvorhaben übergeht.“

Die Zurückhaltung bei der Erzeugung neuer Kosten begründet Knappe auch mit dem Leitbild, transparent und nachvollziehbar zu agieren. „Wir achten stark darauf, Kosten- und Verwaltungsquoten schlank zu halten.“ Tätig sind für die Stiftung rund 30 Personen an drei Standorten, davon ein Drittel in Vollzeit. Die Stiftung ist Mitglied der Initiative Transparente Zivilgesellschaft von Transparency International Deutschland und orientiert sich an den Grundsätzen guter Stiftungspraxis des Bundesverbandes. Wiederholt positive Rückmeldung von Förderpartnern erhielt die Stiftung 2018 über die alle drei Jahre durchgeführte Studie „Learning from Partners“ des Centrums für soziale Investitionen und Innovationen (CSI) der Universität Heidelberg. „Wir erhalten durch die regelmäßige Teilnahme an der Studie wichtige Hinweise, wie wir unsere stiftungsinternen Prozesse für eine hohe Zufriedenheit und eine gute Zusammenarbeit mit unseren Partnern weiter optimieren und noch transparenter gestalten können“, so Boden.

Wilhelm-Sander-Stiftung

Die Stiftung wurde 1973 gegründet und widmet sich der Förderung medizinischer Forschung – entsprechend dem letzten Willen des Unternehmers Wilhelm Sander. Die Stiftung unterstützt Arbeiten in Bereichen, die für die pharmazeutische Industrie bislang nicht relevant sind. Hauptsitz der Stiftung mit rund 30 Mitarbeitern ist Neustadt an der Donau, das Stiftungsvermögen beträgt ca. 400 Millionen Euro.

www.wilhelm-sander-stiftung.de

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