Privatstiftung - DIE STIFTUNG https://www.die-stiftung.de/privatstiftung/ Magazin für das Stiftungswesen und Philanthropie Fri, 06 Jan 2023 13:49:58 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.3 Stiftung statt Steuer? https://www.die-stiftung.de/stiftungsvermoegen/stiftung-statt-steuer-95419/ Tue, 24 May 2022 10:18:49 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=95419

Stiftungen stehen mitunter in dem zweifelhaften Ruf, der Steuervermeidung zu dienen. Aber ist dieser Ruf gerechtfertigt? Und wie unterscheidet sich das Gestaltungspotential von gemein- und privatnützigen Stiftungen?

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Stiftungen stehen mitunter in dem zweifelhaften Ruf, der Steuervermeidung zu dienen. Aber ist dieser Ruf gerechtfertigt? Und wie unterscheidet sich das Gestaltungspotential von gemein- und privatnützigen Stiftungen?

Häufig sind Stiftungen mit dem Vorwurf kon­frontiert, bloße Vehikel zur Steuervermei­dung zu sein – oder diese zu kaschieren. Ist es aber überhaupt möglich, durch eine Stiftungs­konstruktion auf das eigene Vermögen weniger Steuern zu zahlen?

Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, zwischen gemein- und privatnützig zu unterschei­den. Laut dem Bundesverband deutscher Stiftun­gen sind 92 Prozent der rechtsfähigen Stiftungen ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichtet. Die verbleibenden acht Prozent sind privatnützige Stif­tungen, also Stiftungen, die nicht der Allgemeinheit, sondern dem Interesse eines geschlossenen Perso­nenkreises, meist einer Familie, dienen. Steuerbe­günstigt sind alleine die gemeinnützigen Stiftungen.

Nur scheinbar gemeinnützig?

Für gemeinnützige Stiftungen sieht das Stiftungs­recht einen Steuererlass unter Auflagen vor: Die Stiftungen sind steuerbefreit, dafür wachen Finanz­amt und Stiftungsaufsicht darüber, dass das Grund­stockkapital erhalten bleibt und die Erträge aus­schließlich den in der Satzung genannten gemein­nützigen Zwecken zugutekommen.

Trotz der hehren gemeinnützigen Zwecke gibt es immer wieder Versuche, gemeinnützige Stiftun­gen zur Steuervermeidung einzusetzen und somit zum persönlichen Vorteil zu nutzen. So zum Bei­spiel in einem Fall aus dem Jahr 2021, in dem ein Ehepaar einer selbst errichteten Stiftung Gemälde übertrug und diese einkommensmindernd geltend machen wollte. Der Bundesfinanzhof entschied je­doch, dass die Stiftung dem Ehepaar zu nahe stehe und ein Spendenabzug somit nicht möglich sei. Ju­risten sprechen in so einem Fall von einer verdeck­ten Gewinnausschüttung.

In einem anderen Fall hat eine Testamentsvoll­streckerin und Vorständin eine Stiftung regelrecht geplündert, indem sie für fragliche Zwecke der Stif­tungskasse Gelder entnahm, die sie als gemeinnüt­zig deklarieren wollte (siehe DIE STIFTUNG 4/2020). Außerdem stellte die Vorständin dem Stiftungsvor­stand – sich selbst und weiteren Familienmitglie­dern – ihre privaten Räume gegen eine Mietgebühr zur Verfügung. Aber auch in diesem Fall reagierten die Stiftungsbehörden: Die Stiftungsaufsicht be­stellte einen Notvorstand, der die in Rechnung ge­stellten Beträge zurückforderte.

Eine weitere unlautere Möglichkeit, an das Geld ge­meinnütziger Organisationen zu kommen, besteht in der Zahlung hoher Gehälter. So könnte ein Stifter sich zum einzigen Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung bestellen und sich selbst über hohe Gehäl­ter die Stiftungserträge auszahlen. Aber auch hier schiebt der Bundesfinanzhof einen Riegel vor: Ein angemessenes Gehalt darf Gehälter von ähnlich verantwortungsvollen Posten in vergleichbaren Un­ternehmen, aus dem Non-Profit- oder aus dem For-Profit-Bereich, nicht wesentlich übersteigen.

„Auch wenn solche Fälle regelmäßig vorkommen, heißt das nicht, dass die gemeinnützigen Stiftungen Steuersparvehikel sind“, sagt Birgit Weitemeyer, Professorin für Steuerrecht an der Bucerius Law School. „Erstens ginge das auch mit einer GmbH – man kann praktisch mit allem im Steuerrecht ge­stalten. Und zweitens: Wenn das passiert, fällt es der Stiftungsaufsicht und/oder der Finanzverwal­tung früher oder später auf und der Bundesfinanz­hof unterbindet es.“

Das unbekannte Drittel

Vermutlich weniger bekannt ist, dass eine gemein­nützige Stiftung bis zu einem Drittel ihrer Erträge an den Stifter oder seine Kinder ausschütten darf. Paragraph 58 Absatz 6 der Abgabenordnung be­stimmt, dass Stiftungserträge genutzt werden dür­fen, „um in angemessener Weise den Stifter und sei­ne nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Grä­ber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren“. Als Vo­raussetzung hierfür gilt allerdings, dass dies in der Stiftungssatzung ausdrücklich erlaubt ist. Besteht folglich die Gefahr, dass Stifter steuerbefreit Gelder an ihre Stiftungen übertragen, die sie dann peu à peu an an sich selbst oder ihre Kinder auszahlen?

„Man kann praktisch mit allem im Steuerrecht gestalten.“
Prof. Birgit Weitemeyer, Bucerius Law School

Wohl kaum: Zum einen findet sich in wenigen Stiftungssatzungen ein entsprechender Passus. Zum anderen ist die Auslegung der Formulierung „in angemessener Weise“ relativ strikt: Nach einhel­liger Expertenmeinung darf eine solche Unterstüt­zung nur dazu dienen, den notwendigen Lebensun­terhalt für die Stifterfamilie sicherzustellen – es geht also um eine Absicherung, die Verarmungsfäl­len vorbeugt und etwa die Ausbildung von Famili­enmitgliedern finanziell absichern kann.

Ähnlich restriktiv wird der Nießbrauch, ein Nut­zungsrecht etwa an einer Immobilie, geregelt. Auch dieser bezieht sich nur auf den angemessenen Un­terhalt und erlaubt keine Auslegung, die es etwa er­laubt, Luxusvillen und Yachten steuerfrei zu über­tragen. In der Praxis kämen kaum Fälle vor, in de­nen mit Nießbrauch oder dem Drittel an den Stif­tungserträgen Missbrauch betrieben werde, sagt Weitemeyer.

In der Praxis sei es häufiger, dass Stifter das Ver­mögen, das ihren Erben zukommen soll, von dem Vermögen trennen, das philanthropisch eingesetzt werden soll: Dafür können die Stifter entweder nur einen Teil ihres Vermögens in die gemeinnützige Stiftung einbringen, und der Rest bleibt im Privat­vermögen, oder sie gründen zwei Stiftungen: eine gemein- und eine privatnützige. Wie aber verhält es sich mit den privatnützigen Stiftungen – sind diese zum Gestalten von Steuern, wie Steuerprofis gerne formulieren, geeignet?

Zwischen privat- und gemeinnützig

Privatnützige Stiftungen dienen dazu, einem be­grenzten Kreis von Personen Förderung zukommen zu lassen. Sind die Begünstigten Verwandte, wie Kinder oder Enkel, spricht man von einer Famili­enstiftung. Familienstiftungen finden sich häufig im Umfeld vermögender Privatpersonen und von Un­ternehmen. Denn um die Nachfolge und Besitzver­hältnisse in Unternehmen für die nachfolgenden Generationen zu regeln, sind Stiftungen ein geeigne­tes Vehikel. Wie sieht es aber mit der steuerlichen Gestaltungsfähigkeit bei Familienstiftungen aus?

„Stiftungen können legale Regeln zur Vermögensgestaltung nutzen.“
Boris Piekarek, Kanzlei Winheller

Zunächst einmal gelten für eine Stiftung diesel­ben steuerlichen Spielregeln wie für andere Körper­schaften auch. Ihr Einkommen besteuert der Fiskus mit 15 Prozent Körperschaftssteuer, Solidaritätszu­schlag und gegebenenfalls Gewerbesteuer. Bei Aus­schüttungen fallen 25 Prozent Abgeltungssteuer an. Gleichwohl werben Steuerberater und Rechtsan­wälte damit, für ihre Mandanten durch Stiftungs­konstruktionen günstige Steuersätze herausholen zu können. Wie passt das zusammen?

„Stiftungen können wie alle Steuerpflichtigen le­gale Regeln zur günstigen Vermögensgestaltung nutzen. Dies bietet die Chance zum Vermö­gensaufbau, der bei Stiftungen in gewissem Umfang auch gewollt ist“, sagt Rechtsanwalt Boris Piekarek von der Kanzlei Winheller.

Steuerliche Vorteile gegenüber dem Privatver­mögen bringt die Familienstiftung insbesondere in der laufenden Besteuerung mit sich. So zahlt eine Stiftung nur etwa 15,8 Prozent Körperschaftssteuer inklusive Solidaritätszuschlag auf Kapitalerträge, Mieteinnahmen und andere Einkünfte, sofern keine Gewerbesteuer anfällt. Im Privatbesitz des Stifters wären die Mieteinnahmen hingegen weiterhin mit dem individuellen Einkommensteuersatz, also mit bis zu 47,475 Prozent zu besteuern. Schüttet die Stiftung Gelder aus, addieren sich die bereits ge­zahlten Steuern und die Abgeltungssteuer zu einem Steuersatz von rund 36,9 Prozent auf.

Dadurch, dass die Abgeltungssteuer aber erst mit der Ausschüttung fällig wird, kann die Stiftung als große Familiensparbüchse funktionieren, in der langfristig, etwa für die Versorgung zukünftiger Ge­nerationen, Vermögen erhalten und in gewissem Maße aufgebaut werden kann. Zusätzlich sind die auf die Stiftung übertragenen Vermögenwerte si­cher aufgehoben, da Haftungsansprüche oder an­dere Forderungen in den meisten Fällen nicht auf das Stiftungsvermögen zugreifen können, man spricht in diesem Zusammenhang auch von Asset-Protection.

Alle 30 Jahre fällig

Eine weitere Steuer, die vor allem Familienunter­nehmer und wohlhabende Personen beschäftigt, ist die Erbschaftssteuer. Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer fällt bei der Familienstiftung zu dem Zeitpunkt an, zu dem die Stiftung errichtet wird. Auch hier gibt es zwar geringe Freibeträge, aber vor allem gibt es bei unternehmerischem Pro­duktivvermögen, bei großen wohnwirtschaftlich re­levanten Immobilienunternehmen und bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen eine vollstän­dige oder teilweise Steuerbefreiung, sofern Halte­fristen eingehalten und Arbeitsplätze nur sehr be­grenzt reduziert werden.

„Man nennt das gemischte Stiftung. Das ist ein Trick, den man gefunden hat.“
Birgit Weitemeyer

Da die Familienstiftung eine unsterbliche juristi­sche Person ist, hat der Gesetzgeber sie aus Gleich­heitsgründen der sogenannten Erbersatzsteuer un­terworfen. Die Erbersatzsteuer simuliert alle 30 Jahre einen Erbfall – nach Ablauf dieser Zeit muss die Stiftung also auf ihr Vermögen Erbschaftssteuer zahlen. Gestaltungsspielraum besteht hier freilich auch: Da das Nettovermögen als Berechnungs­grundlage dient, können von dem besteuerten Ver­mögen Verbindlichkeiten abgezogen werden. Au­ßerdem gewährt der Gesetzgeber zwei fiktive Kin­derfreibeträge in Höhe von insgesamt 800.000 Euro. Dieser Freibetrag gilt unabhängig davon, ob der Stifter tatsächlich Kinder hat und ob diese bei Erb­schaften bereits Freibeträge steuermindernd ange­setzt haben. Bei Familienvermögen im Bereich meh­rerer Millionen Euro fallen diese Freibeträge aller­dings weniger stark ins Gewicht. Außerdem gelten ebenfalls die oben erwähnten Steuerbefreiungen für unternehmerisches Produktivvermögen, für große, als „wohnwirtschaftlich relevant“ erachtete Immobilienunternehmen und für land- und forst­wirtschaftliches Vermögen.

Insgesamt lässt sich durch Vergünstigungen, Freibeträge und andere Kniffe bei der Gestaltung der Erbschaftssteuer die Familienstiftung steuer­mindernd nutzen, die mit einer gewissen Laufzeit auch die Kosten der Stiftungserrichtung amortisie­ren. Dass die privatnützige Stiftung deswegen ein Steuervermeidungsvehikel ist, will Piekarek aber nicht gelten lassen: „Wer nur platt Steuern sparen will, für den ist die Stiftung nicht geeignet; sie ist kein Steuersparmodell. Wer aber seine ertragbrin­genden Vermögenswerte neu strukturieren möchte und dabei auch auf steuerliche Optimierung schaut, für den kann die privatnützige Familienstiftung das Mittel der Wahl sein.“

Missbräuchliche Nutzung

Birgit Weitemeyer sieht das kritischer: Es gebe zwei Wege, wie Familienstiftungen missbräuchlich dazu genutzt würden, die Erbersatzsteuer zu vermeiden. Zum einen sei die Voraussetzung für die Erbersatz­steuer, dass die Stiftung überwiegend einer Familie diene. Ist eine Stiftung aber mit mindestens 51 Pro­zent ihrer Erträge gemeinwohlorientiert tätig, so fällt die Erbersatzsteuer nicht an. „Man nennt das eine gemischte Stiftung“, sagt Weitemeyer. „Das ist ein Trick, den man gefunden hat.“

„Eine solche Konstruktion zu verbieten, hat man einfach verpennt.“
Birgit Weitemeyer

Des Weiteren lasse Paragraph 28a des Erbschafts­steuergesetzes zu, die Familienstiftung zur Steuer­vermeidung zu nutzen. Demnach entfällt die Erb­schaftssteuer, wenn der Erbe außer dem Familien­unternehmen, das er erbt, kein sogenanntes freies Vermögen hat – weil dieser sonst das Unternehmen liquidieren müsste. „Jetzt werden munter Famili­enstiftungen gegründet, auf die Teile der Firma ver­teilt werden, die dann über kein freies Vermögen verfügen“, sagt Weitemeyer. In Expertenkreisen sei man sich einig, dass diese Praxis unterbunden wer­den müsse. „Das dauert eine Weile, bis das durchsi­ckert in die Politik. Aber in Fachkreisen ist das be­kannt und wird kritisiert.“

„Neofeudalistische Strukturen“

Darüber hinaus äußert Weitemeyer scharfe grund­legende Kritik an der Familienstiftung als Instituti­on: „Familienstiftungen dürfen unbegrenzt Gelder an die Erben ausschütten, ähnlich wie bei einem Fa­milienfideikommiss.“ Ein Familienfideikommiss war im preußischen Recht ein Vermögen, das – meist in den Händen Adliger – nicht verkauft, nicht verpfän­det und von Gläubigern nicht behelligt werden konnte. Ein Vermögen also, das auch bei Insolvenz von Familienmitgliedern nicht angetastet werden durfte und weiterhin Erträge einbrachte. Die mo­derne Familienstiftung widerspreche der Abschaf­fung des Fideikommisses aus dem Jahr 1919 per Weimarer Reichsverfassung. „Das sind neofeudalis­tische Strukturen“, sagt Weitemeyer. „Sie entspre­chen nicht unserem freiheitlichen Gesellschaftsmodell: Eine solche Konstruktion zu verbieten, hat man in Deutschland einfach verpennt.“

Bisher falle dies noch nicht stark ins Gewicht, weil die Anzahl an Familienstiftungen noch über­schaubar sei. Diese Zahl nehme aber zu. In fast al­len anderen europäischen Ländern sei diese Art von Stiftung verboten: „In Frankreich, Spanien, Itali­en: Da gibt es so etwas wie eine Familienstiftung nicht. In Dänemark oder auch der Schweiz, die häu­fig als Stiftungs-Eldorado gilt, darf eine Stiftung nur sehr beschränkt an die Familie ausschütten, etwa zur Förderung der Ausbildung der Kinder oder für einen angemessenen Lebensunterhalt.“ Lediglich in den angloamerikanischen Ländern finde sich das Vorbild für die Familienstiftung: der Trust. Dass der Gesetzgeber die Familienstiftung noch einmal abschaffen könnte, glaubt Weitemeyer hin­gegen nicht: „Die Diskussion würde ich gerne füh­ren, der Zug ist aber abgefahren. Das ließe sich po­litisch nicht durchsetzen. Es wird kaum möglich sein, das Rad zurückzudrehen.“

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Zahlung einer ausländischen Familienstiftung an inländischen Destinatär ist Kapitalertrag https://www.die-stiftung.de/stiftungsrecht/zahlung-einer-auslaendischen-familienstiftung-an-inlaendischen-destinataer-ist-kapitalertrag-95425/ Sun, 24 Apr 2022 09:14:28 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=95425 Urteil vom 20. August 2021, Az. 6 K 196/20)

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat entschie­den, dass Ausschüttungen einer ausländischen Stiftung an einen inländischen Destinatär bei die­sem als Kapitalertrag zu berücksichtigen sind, so­weit diese aus den Erträgen der Stiftung erfolgen..

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Urteil vom 20. August 2021, Az. 6 K 196/20)

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat entschie­den, dass Ausschüttungen einer ausländischen Stiftung an einen inländischen Destinatär bei die­sem als Kapitalertrag zu berücksichtigen sind, so­weit diese aus den Erträgen der Stiftung erfolgen (Urteil vom 20. August 2021, Az. 6 K 196/20). Das Urteil ist nicht rechtskräftig; das Revisionsverfah­ren ist beim Bundesfinanzhof (BFH) unter Az. VIII R 25/21 anhängig.

Der Streitfall betraf die Zahlung einer nach Schweizer Recht gegründeten Familienstiftung. Ein Angehöriger der begünstigten Familie B hatte nach Maßgabe der Stiftungssatzung eine einmalige Zah­lung erhalten. Der Bundesfinanzhof hatte in einem einen weiteren Familienangehörigen betreffenden Verfahren bereits entschieden, dass es sich bei den Zahlungen nicht um Schenkungen im Sinne des Erb­schaftsteuergesetzes handelt. Das Finanzamt be­handelte die Zahlung bei dem Destinatär als steuer­pflichtigen Kapitalertrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG.

Das FG hat sich der Beurteilung des Finanz­amts angeschlossen. Nach der Ansicht des FG liegt insbesondere eine mit einer Gewinnausschüttung i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbare Leistung vor. Hierfür sei es nicht Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger Einfluss auf das Ausschüt­tungsverhalten der Stiftung nehmen kann. Das Tat­bestandsmerkmal der „vergleichbaren Leistung“ sei weit auszulegen. Es genügt für die wirtschaftli­che Vergleichbarkeit mit dem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, dass die Zuwendung nicht „zu­fällig“, sondern aufgrund eines verbindenden Merkmals, nämlich der Zugehörigkeit zu der Fami­lie B, erfolgt ist.

Über den Autor:
Thomas Krönauer ist Partner bei Ebner Stolz in München und dort als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig.

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712 neue Stiftungen trotz Corona-Krise https://www.die-stiftung.de/stiftungsforschung/712-neue-stiftungen-trotz-corona-krise-91531/ Tue, 11 May 2021 09:57:54 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=91531 Waldspirale in der Stiftungshauptstadt: In Darmstadt gab es am meisten Aktivität bei der Neugründung von Stiftungen 2020.

Im Jahr 2020 gründeten Deutsche so viele Stiftungen wie seit 2011 nicht mehr. Die meisten Neugründungen verzeichnete Hessen. Das Ost-West-Gefälle besteht fort.

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Waldspirale in der Stiftungshauptstadt: In Darmstadt gab es am meisten Aktivität bei der Neugründung von Stiftungen 2020.

Im Jahr 2020 gründeten Deutsche so viele Stiftungen wie seit 2011 nicht mehr. Die meisten Neugründungen verzeichnete Hessen. Das Ost-West-Gefälle besteht fort.

Während einige Wirtschaftsbranchen in der Corona-Krise versacken, wächst der Stiftungssektor stetig. Die Anzahl der Stiftungsneugründungen stieg 2020 um knapp drei Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Das ist das stärkste Wachstum seit beinahe einem Jahrzehnt, zeigt die aktuelle Publikation „Zahlen, Daten, Fakten zum Deutschen Stiftungswesen” des Bundesverband Deutscher Stiftungen. 712 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts erhielten im Jahr 2020 eine Anerkennungsurkunde, bundesweit bestehen nun 23.876 Stiftungen.

Bei deren Ansiedlung besteht ein starkes Ost-West-Gefälle. Denn 88,6 Prozent der Stiftungen haben ihren Sitz in den westlichen Bundesländern. Die meisten Stiftungen – 4.685 – gibt es in Nordrhein-Westfalen, Hamburg ist das Bundesland mit den meisten Stiftungen im Verhältnis zur Zahl der dort lebenden Menschen: 78 Stiftungen kommen auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die geringste Stiftungsdichte hat Brandenburg mit zehn Stiftungen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Die meisten Neu-Stifter kamen 2020 aus Hessen: Hier nahmen die Neugründungen um acht Prozent zu. Auch die aktuelle Stiftungshauptstadt liegt dort: Darmstadt. Hier gibt es 152 Stiftungen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Würzburg und Oldenburg folgen in der Rangliste. Mit Potsdam, Jena und Dresden sind lediglich drei ostdeutsche Großstädte unter den Top-50. Bundesweit kommen 28,7 Stiftungen auf 100.000 Bürgerinnen und Bürger. Neben rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts gibt es eine Vielzahl an Stiftungen anderer Rechtsformen.

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Familienerbe – Streit bei Aldi Nord https://www.die-stiftung.de/familienstiftung/familienerbe-streit-bei-aldi-nord-90358/ Tue, 15 Dec 2020 10:30:16 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=90358

Der Konflikt unter den Aldi-Nachkommen beschäftigt die Gerichte und die Öffentlichkeit. Gründe hierfür liegen nicht nur in den rein persönlichen Auseinandersetzungen, sondern auch in der Organisationsform der Familienstiftung. Über die Historie, Konstruktionsfehler und das Missverständnis der Familienstiftung.

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Der Konflikt unter den Aldi-Nachkommen beschäftigt die Gerichte und die Öffentlichkeit. Gründe hierfür liegen nicht nur in den rein persönlichen Auseinandersetzungen, sondern auch in der Organisationsform der Familienstiftung. Über die Historie, Konstruktionsfehler und das Missverständnis der Familienstiftung.

Die Wirtschaftspresse berichtet seit Monaten über einen Streit unter den Erben von Theo Albrecht, dem Gründer von Aldi Nord, zusammen mit Aldi Süd als Aldi-Gruppe einer der ganz großen Player im deutschen und europäischen Lebensmittelhandel. Beide Aldi-Unternehmen sind 1961 aus einer Realteilung der Gründer Theo und Karl Albrecht hervorgegangen und gehören jeweils verschiedenen Familienstiftungen. Bei Aldi Nord sind es drei solcher Stiftungen. In einer davon, der Jakobus- Stiftung, ist jüngst ein Erbenstreit entbrannt. Bei den anderen Stiftungen sind Prozesse entweder schon abgeschlossen oder befinden sich noch auf dem Wege der Urteilsfindung.

Im berichteten Fall der Jakobus-Stiftung wird von einem Berechtigten geklagt, er sei vom für die Verteilung von Überschüssen (Erträge des Stiftungsvermögens) zuständigen Stiftungsorgan übergangen worden. Der Vorwurf der Veruntreuung steht im Raum. Dass in Familienstiftungen unter den durch den Stiftungsakt des Stifters enterbten Familienangehörigen Streit ausbricht, ist keine Seltenheit. Familienstiftungen sind bekannt dafür, dass hier notorisch vor Gericht gestritten wird. Das Gefühl, übergangen worden zu sein bei der Verteilung jährlicher Wohltaten – in vielen Fällen in Millionenhöhe –, ist zwar menschlich und daher verständlich. Dennoch dürfte es sich dabei wohl um einen Irrtum handeln. Aber diesen Irrtum teilt der Antragsteller mit den meisten Kautelarjuristen und sogar mit der Juristerei, wie sie in gelehrten BGB-Kommentaren verbreitet wird. Wollten vormals die kundigen Thebaner Familienstiftungen als „industrielle Familienfideikommisse“ (H. Liermann, 1963) eigentlich gänzlich verbieten bzw. rechtlich runterstufen, etwa in Bayern, so ist man neuerdings nach einem wiederholten Blick ins Gesetz zu der Erkenntnis gelangt, dass sie ein Recht auf Existenz haben.

Fehler im System

Stiftern wird unter dem Grundgesetz (GG) eine Stifterfreiheit zugestanden, auch familienorientierte Stiftungen einzurichten. Schließlich ist die Familie und ihr Schutz eine Verfassungsaufgabe nach Art. 6 GG. Diese Stiftungen werden, wie jegliche andere Stiftung auch, mit einem Vermögen ausgestattet, das in der gestifteten Form mehr oder weniger ungestört von familiären Wendungen und Begabungen zusammenzuhalten ist. Und mit den anfallenden Erträgen sollen dann den direkten Nachkommen sowie den zukünftigen Generationen aus der Stifterfamilie materielle Hilfestellungen zuteilwerden.

Hier nun setzt der allgemeine Irrtum ein. Denn die Familienstiftung als solche gibt es im deutschen Zivilrecht gar nicht. Das BGB kennt nur eine Stiftung, als Einheitsstiftung unter einer öffentlichen Aufsicht für alle verschiedenen Ausformungen, die es in der Praxis geben mag. Sie ist als eigenständige Rechtsform, wie die kirchliche und die kommunale Stiftung, ein Erbe längst vergangener Zeiten in den Länder-Stiftungsgesetzen. Diese sind aber verwaltungsrechtliche Regelungen und gehören dem öffentlichen Recht an. Damit wird die Familienstiftung allerdings keine Stiftung des öffentlichen Rechts, sie verbleibt im Privatrechtskreis. Aber der Staat in der Gestalt des jeweiligen Sitzlandes hat mit seinem Verwaltungsrecht bei der Verwaltung und Stiftungszweckverwirklichung kein Mandat mehr – außer dem der Rechtskontrolle.

Daher haben in der Vergangenheit, wohl dem preußischen Gesetzgeber im Allgemeinen Landrecht von 1794 folgend, die Landesgesetzgeber die Familienstiftungen von der staatlichen Aufsicht weitgehend befreit und haben diese den Gerichten übertragen. Und das obwohl die Aufsicht bei einem herrenlosen Institut (mit zumeist wichtigem Inhalt, dem Stiftungsvermögen) eigentlich eine unumgängliche Disziplinierungsinstanz bei Streitigkeiten unter den Beteiligten darstellt.

Stiftung mit Verein gleichzusetzen?

Die so verfassungsrechtlich gewonnenen Erkenntnisse haben dazu geführt, dass Stiftungen wie ein Verein angeblich für alle möglichen öffentlichen (wie bisher) und nun auch privaten Zwecke errichtet werden können. Grenzen gibt es für den Stifter nur hinsichtlich der Verfassungskonformität der Zwecksetzung und bei der Stiftungsverwaltung nur hinsichtlich der Rechts- und Gesetzes- sowie Satzungstreue. Ansonsten sind Stifter und später ihre Konstrukte ziemlich frei, sich selbst mit und in der Stiftung zu verwirklichen. Beinahe selbstverständlich ist es, dass Vermögensausstattung und Ertragskraft in etwa dem Stiftungszweck und seiner konkreten Verwirklichung in späteren Zeiten durch das Stiftungsorgan entsprechen müssen. Darüber zu wachen, war und ist bei gemeinwohlorientierten Stiftungen nach derzeitigem Recht die Aufgabe der Länder-Genehmigungsbehörden und der laufenden staatlichen Stiftungsaufsicht. Familienstiftungen sind von solchen Kernanliegen der Rechtsordnung für juristische Personen nicht ausgenommen.

Dabei wird in der öffentlichen Verwaltung und in der Literatur überwiegend verkannt, dass verfassungsrechtlich bei der Zwecksetzung ein Unterschied zwischen Stiftung und Verein besteht. Der Verein als Ausdruck der grundgesetzlich garantierten Vereinigungsfreiheit kann in der Tat zu allen möglichen öffentlichen und privaten Zwecken gegründet werden. Die Stiftung ist dagegen seit unvordenklichen Zeiten bis heute der Förderung des Gemeinwohls verpflichtet. Dabei ist Gemeinwohl mit öffentlichen Zwecken nicht unbedingt identisch. Die öffentliche Sicherheit – Polizei, Verfassungsschutz, Militär, Landesverteidigung, politische Zwecke wie etwa Parteienförderung, Wahlwerbung – ist dem Stifter als Zwecksetzung und der Stiftung bei der Zweckverfolgung versagt, selbst in Auslegung wachsweicher Zweckformulierungen. Das gilt ebenso für rein private und wirtschaftliche Zwecke, wie Hobbys, Clubaktivitäten, Freizeitvergnügungen, Helikoptergeldverteilung an beliebige Zielgruppen, Produkt- oder Firmenwerbung. Wenn solche Stiftungen in falscher Auslegung der Rechtslage entstanden sind, sind sie rückabzuwickeln. Sie genießen keinen auf alle Ewigkeit währenden Vertrauensschutz.

Stiftungszweck überprüfen

Was bedeutet das nun für den vorliegenden Fall? Die Zweckbeschreibung ist, dank Anwaltshilfe, nicht oder nur wenig zu beanstanden. Die Stiftung war durchaus genehmigungsfähig. Aber was die Genehmigungsbehörde seinerzeit übersehen und versäumt hat, ist Folgendes: Um die Rechtsordnung von unsinnigen Rechtsgebilden freizuhalten, gehört es zu den unausgesprochenen Aufgaben einer jeden dafür zuständigen Behörde zu prüfen, ob denn Zweck und zukünftige Leistungsfähigkeit der Stiftung kompatibel sind; eine überdehnte Zwecksetzung ist mit einem geringen Vermögen und den daraus resultierenden sehr kleinen Erträgen nicht zu verwirklichen. Umgekehrt gilt: Für die nahe Zukunft zu erwartende überdimensionierte Erträge aus der Vermögensausstattung können für eine enge Zwecksetzung, beispielsweise langfristig nur zwei Destinatäre, vernünftigerweise nicht ausgegeben werden. Sie verbleiben also zwangsläufig als Vermögensmehrung in der Stiftung. Das wäre ein Konstruktionsfehler. Denn Ausschüttungen auf Zuruf an die Destinatäre sind so ohne Weiteres nicht zulässig. Sie mögen auf dem Papier durchaus berechtigt sein, aber sie sind nicht stiftungsadäquat, also rechtsmissbräuchlich, wenngleich das eher die Theorie und weniger die gelebte Praxis in Familienstiftungen ist.

Denn die Stiftung ist eine von der Rechtsordnung einzig für Zwecke des Gemeinwohls zugelassene Leistungseinheit, was aus dem Grundgesetz allerdings nur indirekt zu erschließen ist: Ihre Aufgabe ist die Dienstleistung in der Form der Anstaltsstiftung oder die materielle Förderung des Gemeinwesens für das Gemeinwohl – dann genannt Förderstiftung. Das beißt sich mit zwangsläufigen Thesaurierungen, wenn der Zweck nach Rechts- und Satzungslage nicht zu verwirklichen ist. Die Stiftung ist keine Sparkasse, bei der Gewinne oder andere Überschüsse eingelagert und früher oder später an durch die Satzung legitimierte Private einfach so ausgeschüttet werden. Das wäre das schon erwähnte Helikoptergeld an definierte Familienangehörige zur privaten Verwendung.

Wichtige Frage: Wer wird hier gefördert?

Zwei Zwecksetzungen, die dem Stiftungsregister Schleswig-Holstein zu entnehmen sind, verdienen in diesem Zusammenhang eine genauere Betrachtung. Da sind seitens der Stiftung zum einen „einmalige Zuwendungen“ zu leisten „für die Zahlung von Erbschaftsteuern“. Das ist nach der Rechts- und Steuerordnung eine persönliche Angelegenheit der Betroffenen als staatsbürgerliche Pflicht. Die Steuer dient letztendlich mit ihrem Ertrag dem Gemeinwohl, aber es kann nicht Aufgabe einer Stiftung sein, dem durch Erbschaft begünstigten Familienangehörigen die Last der zukünftigen Erbschaftsteuer abzunehmen. Und dann kann die Stiftung auf Antrag eines Destinatärs diesem bei der Begründung „unternehmerischer Tätigkeiten“ mit verlorenen Zuschüssen helfen. Das erinnert an staatliche Wirtschaftspolitik in der Form der Förderung der Gründerszene – durchaus zum Wohle des Gemeinwesens –, die aber schwerlich unter das Gebot der Gemeinwohlförderung durch eine Stiftung passt. Darlehen erscheinen hier akzeptabel, nicht aber verlorene Zuschüsse an einen potentiell recht kleinen Kreis. Es spricht einiges dafür, dass bei der Genehmigung der Stiftung hier nicht tief genug nachgedacht wurde. Solche Fehlkonstruktionen sind aus der Satzung zu streichen. Und für die gerade bei neu errichteten Familienstiftungen üblichen Überdotierungen sind hilfsweise alternative Förderbereiche zu fordern, die dem Skandal des Helikoptergeldes abhelfen.

Mit der Anstalt des Liechtensteinischen Rechts könnte solch eine Konstruktion realisiert werden, dann in einer Stiftung des Handelsrechts. Hier in Deutschland sind diese Rahmenbedingungen noch nicht so weit, trotz etlicher Reformbemühungen in der jüngeren Vergangenheit. Der gerade von den relevanten Verwaltungen in Bund und Ländern erarbeitete Entwurf eines modernisierten Stiftungsrechts macht in diese Richtung keinerlei Anstalten. Und auch der ob etlicher handwerklicher Fehler in diesem Entwurf als Gegenentwurf ins Gespräch gebrachte Denkanstoß aus der hieran interessierten Professorenschaft ist in dieser Hinsicht nicht aufgeschlossener. So etwas würde auch der traditionellen deutschrechtlichen Stiftung zutiefst widersprechen.

Über den Autor:
Klaus Neuhoff leitet das Institut Stiftung und Gemeinwohl an der Privaten Universität Witten/Herdecke.

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Gemeinnützige Stiftung: Wann ist eine Stiftung gemeinnützig? https://www.die-stiftung.de/gemeinnuetzige-stiftung/wann-gilt-eine-stiftung-als-gemeinnuetzig-84115/ Wed, 28 Aug 2019 09:36:54 +0000 https://www.die-stiftung.de/?p=84115 Wann ist eine Stiftung gemeinnützig Gemeinnützigkeit

Gemeinnützigkeit bringt steuerliche Privilegien mit sich. Doch wie kommt es, dass Sportvereine wie Kitas gleichermaßen als gemeinnützig gelten? Und wie muss eine Satzung aufgebaut sein, damit sie im Einklang mit dem Gemeinnützigkeitsrecht steht?

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Wann ist eine Stiftung gemeinnützig Gemeinnützigkeit

Gemeinnützigkeit bringt steuerliche Privilegien mit sich. Doch wie kommt es, dass Sportvereine wie Kitas gleichermaßen als gemeinnützig gelten? Und wie muss eine Satzung aufgebaut sein, damit sie im Einklang mit dem Gemeinnützigkeitsrecht steht?

Was haben der FC Bayern München und die Kita „Die kleinen Strolche“ gemeinsam? Nicht viel, bis auf den Status der Gemeinnützigkeit. Dieser bringt für große wie kleine Organisationen Privilegien mit sich. Was genau eine gemeinnützige Stiftung ausmacht, was Stiftungsvorstände beachten müssen und inwiefern gemeinnützige Organisationen Geld verdienen dürfen, erklärt der folgende Artikel.

Gemeinnützige Stiftung vs. privatnützige Stiftung

Zunächst: Was als gemeinnützig gilt, ist in den Paragraphen 51 bis 68 der Abgabenordnung (AO) festgelegt. Dieser Gesetzestext definiert Gemeinnützigkeit anhand eines Katalogs von Zwecken, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Paragraph 52 listet 28 solcher Zwecke, darunter die Förderung von Kunst und Kultur, Umweltschutz oder Wissenschaft. Auch ein paar Exoten finden sich hier, wie die Förderung der Fürsorge für Strafgefangene, der Kleingärtnerei oder „des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals“. Verfolgt eine Organisation einen oder mehrere der 28 Zwecke, so kann sie Gemeinnützigkeit beantragen.

Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass die Allgemeinheit profitiert. Hier gilt es, in privatnützige und gemeinnützige Einrichtung zu unterscheiden: „Eine privatnützige Stiftung fördert einen abgegrenzten Kreis an Personen, etwa Schüler einer Schule oder eine Familie“, sagt Reinhard Berndt, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO. „Oder einen Golfverein, der Auflagen macht, wer in den Verein aufgenommen wird.“ Allgemeinnützigkeit liegt erst dann vor, wenn eine breite Öffentlichkeit die Förderung erhalten kann.

Ist Bridge gemeinnützig?

gemeinützig

Reinhard Berndt ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO. Foto: BDO

Neben der AO gibt es den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), der im Grunde eine Kommentierung ist. In diesem hat die Finanzverwaltung die Paragraphen der AO ausgelegt. Teilweise nennt der AEAO auch konkrete Urteile und Beispiele. So ist etwa die Förderung des Sports in der AO als gemeinnützig festgelegt, mit der Anmerkung, dass Schach auch als Sport gilt. „Auch für Bridge ist entschieden worden, dass es gemeinnützig ist“, sagt Berndt. Diese Information finde sich in der AEAO. Eine ähnliche Debatte gebe es zum E-Sport, dem Wettkampf in Computerspielen.

Welche Rechtsformen können überhaupt gemeinnützig sein? „Juristische Personen können gemeinnützig sein. Klassisch sind das Vereine, Stiftungen oder gemeinnützige GmbHs“, sagt Berndt. „Wer nicht gemeinnützig sein kann, sind natürliche Personen und Personengesellschaften.“

Steuervorteile für gemeinnützige Stiftungen

Mit der Gemeinnützigkeit verbunden sind Steuervorteile: So sind gemeinnützige Einrichtungen von Gewerbe-, Grund- und Körperschaftssteuer befreit. Stephanie Berger vom Deutschen Stiftungszentrum weist auch auf die mit der Gemeinnützigkeit verbundenen Pflichten hin: „Die steuerliche Privilegierung geht einher mit erhöhten Auflagen – die Gemeinnützigkeit legt auch Fußfesseln an. Etwa dadurch, dass nur satzungsgemäße Zwecke erfüllt werden dürfen.“ Dass es zu Grauzonen der Zweckauslegung kommen kann, zeigt der Fall Attac (DIE STIFTUNG berichtete in Heft 3/2019).

Gewinne erlaubt?

Zwar können sich gemeinnützige Organisationen grundsätzlich wirtschaftlich betätigen. Dabei müssen sie aber alle Einnahmen und Kosten strikt vier Tätigkeitsbereichen zuordnen. Diese heißen im Fachjargon „Sphären“.

  1. Der ideelle Bereich ist der hauptsächliche Tätigkeitsbereich der Organisation. In diese Sphäre fallen alle Handlungen, die der Umsetzung der Stiftungszwecke dienen. Hierzu zählen zum Beispiel Ausgaben für Projekte, Personalkosten oder Einnahmen durch Spenden. Einnahmen in diesem Bereich sind steuerbegünstigt.
  2. Ein Zweckbetrieb ist eine Geschäftstätigkeit, die in engem Zusammenhang mit dem Stiftungszweck steht. Ein Beispiel hierfür ist ein Museum, das Eintritt verlangt. Weitere Beispiele sind Kitas und Pflegeheime. Zweckbetriebe sind steuerbegünstigt.
  3. Die Sphäre der Vermögensverwaltung umfasst Einnahmen durch Kapitalanlage, Vermietung und Verpachtung. Sie ist zunächst nicht steuerbefreit. „Es gibt aber hier wieder eine Reihe an Möglichkeiten, wie man steuerbefreit sein kann – gemeinnützige Einrichtungen zahlen in der Vermögensverwaltung meist keine Steuern“, sagt Berndt.
  4. Unterhält eine gemeinnützige Organisation einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so werden dessen Gewinne so versteuert wie bei jeder anderen gewerblichen Gesellschaft auch. Das heißt: „Vollständige Körperschaft- und Gewerbesteuer“, sagt Berndt. „Diese partielle steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit ist gemeinnützigkeitsrechtlich ausdrücklich zulässig.“ Ein Beispiel für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist ein Museum, das zusätzlich einen Shop oder ein Café betreibt: Die Museumstätigkeit ist steuerbefreit, aber der Shop unterliegt der Steuer.

„Wenn die Einnahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wiederum im Wesentlichen in diesen investiert werden, ist dies kritisch“, sagt Berndt. So ist es auch bei den Fußballvereinen der Bundesliga, die oft über den Stiftungszweck „Förderung des Breitensports“ als gemeinnützig anerkannt sind. „Ein Bundesligaverein dürfte nicht beliebig neue Spieler kaufen, sondern müsste hauptsächlich die Jugend oder andere Sportarten fördern.“ Die Bundesligavereine behelfen sich aber meist damit, dass sie die kommerziellen Aktivitäten auslagern – die gemeinnützigen Ziele verfolgt der Verein.

Gemeinnützigkeit in Theorie und Praxis

Dem Anspruch der Gemeinnützigkeit muss eine Stiftung auf zwei Ebenen genügen: In der Satzung und auch in den tatsächlichen Aktivitäten der Stiftung.

Gemeinnützigkeit

Stephanie Berger ist Rechtsanwältin im Bereich „Recht, Steuern & Consulting“ im Deutschen Stiftungszentrum. Foto: Deutsches Stiftungszentrum

Für die Satzung einer gemeinnützigen Stiftung gilt: Die Finanzverwaltung muss diese genehmigen. Ein Muster findet sich unter Anlage 1 zu Paragraph 60 der AO. Dieses nennt Formulierungen, die in jeder Satzung zwingend enthalten sein müssen. Dazu zählen Stiftungszweck und Satzungstätigkeiten. Letztere konkretisieren, durch welche Aktivitäten der Zweck verwirklicht werden soll. Ist der Stiftungszweck Umweltschutz oder Jugendhilfe, so könnte als Satzungstätigkeit genannt sein, Naturschutzgebiete einzurichten oder Kindergärten zu fördern. „Es muss für jeden Zweck eine Zweckverwirklichungsmaßnahme angegeben sein“, sagt Berger. „Es handelt sich dabei nicht um eine abschließende Aufzählung von Maßnahmen – es können weitere hinzukommen oder andere vernachlässigt werden.“ Grundsätzlich sei eine gewisse Flexibilität in der Satzung wichtig, um einer engen Auslegung des Stiftungszweckes entgegenzuwirken. In die Satzung gehört auch eine Anfallklausel: „Wenn der Verein oder die Stiftung aufgelöst wird, muss klar geregelt sein, an wen das Vermögen einer Stiftung geht“, sagt Berndt.

Wird die Satzung durch das Finanzamt als gemeinnützig anerkannt, so verfolgt die Organisation von der Satzung her gemeinnützige Zwecke. Nun gilt es aber, auch die konkreten Tätigkeiten in Einklang mit dem Gemeinnützigkeitsrecht auszugestalten. „Eine große Stiftung muss einmal im Jahr, eine kleine Organisation alle drei Jahre mit einem Bericht belegen, dass das Geschäft der Satzung entspricht“, sagt Berndt. „Auch eine Betriebsprüfung ist möglich.“

Drei Prinzipien

Drei Grundprinzipien müssen zudem sowohl in jeder Satzung stehen, als auch erkennbar die praktische Stiftungsarbeit gemeinnütziger Stiftungen prägen: Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit.

Das Prinzip der Unmittelbarkeit besagt, dass die gemeinnützige Stiftung ihre Satzungszwecke selbst erfüllen muss. „Sie kann aber bis zur Hälfte ihres frei verwendbaren Vermögens an andere Einrichtungen geben“, sagt Berndt.

Das Prinzip der Ausschließlichkeit erfordert, dass gemeinnützige Organisationen nur die in der Satzung genannten Zwecke verfolgen. Eine Ausnahme ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb.

Zudem gilt das Prinzip der Selbstlosigkeit: Gemeinnützige Einrichtungen sollten primär ihren gemeinnützigen Zweck verfolgen, kommerzielle oder gewerbliche Zwecke müssen eindeutig nachrangig sein. Dazu zählt, dass unentgeltliche Zuwendungen an Mitglieder oder an Dienstleister verboten sind. Außerdem gilt das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung: ­„Die Gelder müssen innerhalb von zwei Jahren ausgeben werden“, sagt Berndt. „Es gibt auch hier Ausnahmen. Aber eine gemeinnützige Stiftung ist keine Spardose – sie muss immer auch ihre Satzungszwecke ­verfolgen und das grundsätzlich auch zeitnah.“

Dieser Beitrag erschien in DIE STIFTUNG 4/2019.

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