Deutschland zählt beim Spenden weltweit zu den Schlusslichtern. Dies zeigt der aktuelle Länderbericht Giving in Germany – Country Report 2025, den die Maecenata-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Charities Aid Foundation vorgelegt hat. Der Bericht ist Teil des World Giving Report 2025. Die Erhebung beruhe auf der Zusammenarbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen weltweit und untersuche das Spendenverhalten in 101 Ländern, so die Stiftung. Datengrundlage des Weltberichts ist demnach die Befragung von über 55.000 Menschen, der Länderbericht zu Deutschland basiert auf einer repräsentativen Befragung von 998 Personen.
Ambivalente Spendenkultur
Giving in Germany zeigt eine ambivalente Spendenkultur in Deutschland: Zwar erkennt die Mehrheit der Bevölkerung die gesellschaftliche Bedeutung gemeinnütziger Organisationen an, doch äußert sich dies nur eingeschränkt in finanzieller Unterstützung. Die Spendenbereitschaft bleibt im internationalen Vergleich niedrig, Spenden erfolgen selten regelmäßig und sind häufig situativ motiviert. Finanzielle Unsicherheit, ein Mangel an Informationen zur Mittelverwendung sowie ein begrenztes Vertrauen in überregionale Organisationen wirken zusätzlich hemmend. Gleichzeitig zeigen sich positive Ausgangsbedingungen: Das Vertrauen in lokale Organisationen ist hoch, und die Qualität der gemeinnützigen Infrastrukturen in Deutschland gilt als stabil.
„Viele Menschen in Deutschland erkennen die gesellschaftliche Bedeutung gemeinnütziger Organisationen an – doch dieses Bewusstsein übersetzt sich bislang nicht in nachhaltige finanzielle Unterstützung“, so Ansgar Gessner, geschäftsführender Vorstand der Maecenata-Stiftung. „Angesichts der Qualität zivilgesellschaftlicher Infrastrukturen in Deutschland besteht erhebliches Potential, das Spendenverhalten gezielt zu fördern.“
Deutlich unterm globalen Durchschnitt
Während weltweit 64 Prozent der Befragten im Jahr 2024 gespendet hatten, waren es in Europa 59 Prozent und in Deutschland 49 Prozent. Auch beim Anteil des gespendeten Einkommens liegt die Bundesrepublik deutlich unter dem globalen Durchschnitt. Dieser liegt bei 1,04 Prozent. In Europa spendeten die Befragten im Schnitt 0,64 Prozent ihres Einkommens, in Deutschland 0,39 Prozent. Der niedrigste Wert liegt bei beiden Werten bei Japan mit 16 beziehungsweise 0,16 Prozent. Der höchste in Nigeria mit 89 und 2,83 Prozent.
Über dem europäischen, aber unter dem globalen Durchschnitt liegen die deutschen Befragten beim ehrenamtlichen Engagement. Sie waren zu 19 Prozent 2024 ehrenamtlich aktiv, während die Europäer dies zu 18 Prozent waren. Weltweit zeigte im vergangenen Jahr mit 26 Prozent gut jeder vierte unvergütetes Engagement. Auf dem letzten Platz liegt Südkorea mit zehn Prozent, ganz vorne wie im Fall von Nigeria ein Land mit deutlich schwierigerer wirtschaftlicher Situation: der Sudan mit 57 Prozent. Die Daten verweisen auf methodische Unterschiede zum deutschen Freiwilligensurvey, der in Deutschland auf eine Engagementrate von 40 Prozent kommt. Er beginnt bei 14 Jahren und beschäftigt sich mit dem Engagement insgesamt. Der World Giving Report 2025 befragt vor allem Personen ab 18 Jahren und bezieht sich ausschließlich auf das Jahr 2024.
Diese Ergebnisse widerlegen aus Sicht der Maecenata-Stiftung die „verbreitete Annahme, dass eine entwickelte Wohlfahrtsinfrastruktur automatisch mit einer hohen Spendenbereitschaft einhergeht“. Vielmehr zeige sich, dass strukturelle Rahmenbedingungen, kulturelle Prägungen und das institutionelle Vertrauen zentrale Einflussfaktoren für bürgerschaftliches Engagement seien.
Die Stiftung fordert einen strategischen Paradigmenwechsel in der deutschen Engagementpolitik, unter anderem:
- Verbesserte Kommunikation und Wirkungstransparenz seitens gemeinnütziger Organisationen
- Stärkung der Fundraisingkompetenz im gemeinnützigen Sektor
- Öffentliche Debatten über die Rolle individueller Verantwortung für eine funktionierende Zivilgesellschaft
