20 Jahre nach ihrer Gründung ist für die Brücke/Most-Stiftung Ende 2017 Schluss mit eigener Stiftungsarbeit. Die Erträge aus dem Stiftungsvermögen reichen nicht mehr zur Finanzierung ihrer Projekte aus. Doch ganz aufgeben wollen Vorstand und Geschäftsführung nicht.

20 Jahre ist es her, dass Prof. Dr. Helmut Köser im August 1997 die Brücke/Most-Stiftung in Dresden ins Leben rief. Doch anstatt einer großen Party richten die Stiftungsverantwortlichen Ende August – im Monat des Jubiläums –  eine nüchterne Pressekonferenz aus. Zum Feiern ist niemandem zumute.

„Aufgrund der anhaltend niedrigen Erträge aus dem Stiftungsvermögen sind wir nicht mehr in der Lage, die operative Projektarbeit zu finanzieren. Deshalb müssen wir diese zum 31.12.2017 einstellen“, lautet die Erklärung von Geschäftsführer Peter Baumann. „Das liegt gar nicht an einer schlechten Vermögensverwaltung. Es ist einfach nicht mehr Geld für uns herauszuholen“, sagt er konsterniert. Das zur Stiftung gehörende Brücke/Most-Tagungszentrum schließt schon am 31.8. seine Pforten.

Damoklesschwert über der Brücke/Most-Stiftung

Mit der Projektarbeit der Brücke/Most-Stiftung geht ein nicht unbedeutendes philanthropisches Kapitel in der Geschichte des Freistaats Sachsen zu Ende. 1997 mit einem Stiftungskapital von einer Million D-Mark gegründet, setzte sie sich seitdem für die Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Ländern Mittel- und Osteuropas ein.

Ihren Stiftungszweck erfüllte sie mit Hilfe verschiedener Veranstaltungen und Projekte der kulturellen, politischen und historischen Bildung, wie z.B. seit 1998 mit den Tschechisch-Deutschen Kulturtagen in Dresden, Ústí nad Labem und der Euroregion Elbe/Labe. Ein weiterer Schwerpunkt der operativen Tätigkeit der Stiftung war die politische Jugend- und Erwachsenenbildung. Diese lag anfangs auf Zeitzeugenprojekten. In den letzten Jahren griff sie gezielt aktuelle gesellschaftliche Themen und Debatten auf. 2002 wurde in Prag ein Büro eröffnet.

Doch über der Arbeit der operativen Stiftung schwebte von Anfang an ein Damoklesschwert: Fördermittel für ihre Projekte wurden großteils nur auf Projektbasis gewährt. „Versuche, institutionelle Förderungen einzuwerben, scheiterten.

Erträge aus der Vermögensanlage immer rückläufiger

Um den laufenden Betrieb zu bestreiten und die Mitarbeiter zu bezahlen, war die Brücke/Most-Stiftung somit auch immer auf Spenden angewiesen. 2001 gab es nochmals eine Zustiftung durch Stifter Helmut Köser in Höhe von acht Millionen D-Mark, 2003 wurde eine Immobilie im Wert von 2,7 Millionen Euro in Dresden-Blasewitz ins Grundstockvermögen eingebracht. Diese erweiterte das zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Tagungshaus der Stiftung, das Brücke/Most-Zentrum, um ein modernes Gästehaus und einen zweiten Seminarbereich. Das Tagungshaus der Stiftung in Dresden-Blasewitz bot zahlreichen zivilgesellschaftlichen Akteuren einen Ort der Begegnung und des Austauschs. Zuletzt zählte es etwa 5.000 Übernachtungen jährlich.

2004 erreichten die Erträge der Stiftung ihren Höhepunkt: 240.000 Euro. Seitdem gingen sie sukzessive zurück. Für 2017 rechnet Baumann mit nur mehr knapp 100.000 Euro. Damit lassen sich passabel Projekte fördern, aber eben nicht selbst verwirklichen. „Unsere Fixkosten betragen etwa 150.000 Euro pro Jahr“, sagt Baumann. Unter diesen Bedingungen sah er sich gezwungen, die Stiftungsarbeit einzustellen. Jetzt müssten erst einmal die Finanzen konsolidiert werden. Den zehn Projektmanagern wurde zum 31.12. gekündigt. Der Betrieb des Tagungszentrums wird Ende August eingestellt, das Gästehaus danach fremdvermietet.

Es geht als Förderstiftung weiter

Doch aufgeben wollen Baumann und sein Team nicht. „Die Stiftung bleibt weiterhin bestehen und wird ab 2018 vorübergehend nur mehr fördernd tätig sein“, kündigt er an. Die Fördervolumina können dann flexibel an die Ertragssituation angepasst werden. Aus der Vermietung des Gästehauses sollen außerdem nochmals zusätzlich 200.000 Euro jährlich für Förderungen zur Verfügung stehen.

Mit der Stiftungsaufsicht haben ob der nächsten Schritte bereits erste Gespräche stattgefunden. „Die Behörde zeigte großes Verständnis für unsere Situation“, so Baumann über die Aufsicht. Trotz der Erkenntnis, dass es im Jahr 2017 zu Verlusten kommen wird und das Grundstockvermögen angetastet werden muss, habe die Behörde die Stiftung ermutigt, die Arbeit – auch mit Bedacht auf die Mitarbeiter – bis zum Jahresende weiterzuführen. „Es war schön zu sehen, dass die Aufsichtsbehörde Zweckerfüllung vor realen Kapitalerhalt gestellt hat“, sagt der Geschäftsführer.

Ob Baumann glaubt, dass die Stiftung eines Tages wieder ihre operative Arbeit aufnehmen können wird, wenn sich die Zinssituation verbessert hat? „Natürlich bin ich optimistisch, dass dieser Tag X kommt“, sagt er. „Aber es wird danach nicht mehr so sein wie jetzt. Ein Bruch ist jedenfalls da. In philanthropischer Hinsicht ist das eine Enttäuschung, weil die Wirkung all der Spenden und Zustiftungen jetzt erst einmal verpufft.“

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