Mit der Hans-und-Berthold-Finkelstein-Stiftung hat die Bayer AG eine gGmbH errichtet, die die „Erinnerungskultur im Unternehmen schärfen“ soll. Die Stiftung soll insbesondere die Zwangsarbeit, die sich zur Zeit des Nationalsozialismus bei der Interessengemeinschaft (I.G.) Farben ereignet hat, für die Bayer AG aufarbeiten. Außerdem soll die Stiftung Führungsprogramme für den Pharmakonzern entwickeln und wissenschaftliche Veranstaltungen organisieren. Die gGmbH hat das übergeordnete Ziel sich gegen Intoleranz, Totalitarismus und Hass zu stellen.
Die Namensgeber und ihre Biografien
Hans und Berthold Finkelstein fungieren als Namensgeber der Stiftung. Ihre Biografien stehen, so Bayer, stellvertretend für das erlittene Unrecht vieler Menschen während der Zeit des Nationalsozialismus: Hans Finkelstein, Erfinder der sogenannten Finkelstein-Reaktion, war Forschungsleiter bei „Chemische Fabriken vorm. Weiler – ter Meer“ in Uerdingen, einem Unternehmen, das später in der I.G. Farben, dem Vorläuferunternehmen der Bayer AG, aufging. Forschungsarbeiten im Archiv des Konzerns zeigten, dass Hans Finkelstein die I.G. Farben 1938 im Zuge der Arisierung verlassen musste. Er nahm sich im gleichen Jahr das Leben. Finkelsteins Sohn Berthold leistete für die I.G. Farben später Zwangsarbeit.
„Mit der Gründung der Stiftung und der Würdigung der Familie Finkelstein erinnern wir an das Geschehene und reflektieren das Handeln der I.G. Farben während der NS-Zeit. Wir möchten damit Freiheit und Meinungsvielfalt unterstützen und unseren Beitrag für den Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz aller Art leisten“, sagte der Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Baumann. „Ich bin Johannes Finkelstein, dem Enkel von Hans Finkelstein, überaus dankbar, dass wir mit seiner Zustimmung seinen Vater und Großvater ehren dürfen. Ihr Andenken wird unsere Erinnerungskultur und die Aktivitäten der neuen Stiftung leiten.“
Die Führungsstruktur der Hans-und-Berthold-Finkelstein-Stiftung
Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung a.D. und ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestags, wurde zur Vorsitzenden des Beirates ernannt. „Die Erinnerung an das nationalsozialistische Unrechtsregime und die zahllosen menschlichen Schicksale aufrechtzuerhalten, ist gemeinsame Aufgabe des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Mit der Hans-und-Berthold-Finkelstein-Stiftung trägt Bayer aktiv zu dieser Erinnerungskultur bei“, sagte Schavan, die seit 2019 auch dem Kuratorium der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) vorsitzt.
Johannes Finkelstein wurde zum Mitglied des Beirats der Hans-und-Berthold-Finkelstein-Stiftung ernannt, ebenso wie Dr. Piotr Setkiewicz, Leiter der historischen Abteilung der Staatlichen Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, Dr. Sara Berger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer Institut und Bella Zchwiraschwili, Direktorin des Pears Jüdischen Campus Berlin.
Mehr zum Thema Stiftungsgründungen lesen Sie hier.
Info
Die Bayer AG: Ein weltweit agierender Chemie- und Pharmakonzern
Die heutige Bayer AG ging 1952 aus der I.G. Farben hervor, die 1925 als Zusammenschluss von sechs deutschen Unternehmen entstanden war. Die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co gehörten zu den Gründungsmitgliedern.
Aus dem Unternehmen von damals hat sich mittlerweile ein weltweit agierender Chemie- und Pharmakonzern entwickelt, der im Geschäftsjahr 2022 mit rund 100.000 Beschäftigten einen Umsatz von knapp 51 Milliarden Euro erzielte.