Neuer Schwung für Stiftungen

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Auf Seite 47 in Ausgabe 2/2023 hat es einen technischen Fehler gegeben. Daher bieten wir hier den Text als PDF an.

Lina Böhling hat vergangenes Jahr ihr Abitur gemacht. „Danach wollte ich erstmal etwas Praktisches machen“, erzählt die 19-Jährige. „Am liebsten in der Öffentlichkeitsarbeit, in der Richtung möchte ich vielleicht einmal studieren.“ Dabei war es ihr wichtig, dass der soziale Aspekt nicht zu kurz kommt. Während ihrer Schulzeit war sie in einer Familienkirche aktiv und hat als Nachhilfelehrerin und Babysitterin gejobbt. Allerdings kannte sie Stiftungen eher als Organisationen, die Jugendliche in der Schule fördern oder Stipendien vergeben. „Richtig greifbar waren Stiftungen für mich aber nicht“, sagt Böhling, die in einer ländlichen Gegend nahe Braunschweig aufgewachsen ist.

Das hat sich mittlerweile geändert. Über das Bewerbungsportal Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKJ) des Landes Niedersachsen war sie auf die Möglichkeit, ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Bürgerstiftung Braunschweig zu machen, aufmerksam geworden. Die Stiftung suchte eine frische Perspektive für die Öffentlichkeitsarbeit, sagt Böhling.

Ein FSJ als Türöffner zur Stiftungswelt

Böhling bewarb sich erfolgreich. Sie ist die zweite Freiwillige, die die Stiftung beschäftigt, und hat das Gefühl, dass sich die Stiftung und ihre Vorgesetzte Katja Ludt „sehr viel Mühe geben“ und ihr auf Augenhöhe begegnen. Das liegt ihrer Ansicht nach daran, dass sie die gleichen Arbeitsbedingungen wie die Festangestellten der Stiftung genießt, wie zum Beispiel das Arbeiten in Gleitzeit. Und im Bereich Social Media ist ihre Expertise gefragt. So hat Böhling die Möglichkeit, den Instagram-Kanal der Stiftung nach ihren eigenen Vorstellungen zu prägen, zuletzt hat sie für den Weltfrauentag Storys, Reels und andere Beiträge über die Plattform ausgespielt. „In der Stiftung freut man sich, dass ich so viel Content liefern kann“, sagt sie.

Zudem übernimmt sie die Gestaltung des Zukunftstages, an dem Schülerinnen und Schüler die Bürgerstiftung für einen Tag kennenlernen. Böhling muss im Rahmen ihres FSJ ein eigenes Projekt planen und umsetzen, so kam sie auf die Idee, den Zukunftstag zu organisieren. Ein Programm für den Tag, der am 27. April dieses Jahres stattfindet, hat sich Böhling auch schon überlegt: Sie möchte den zehn teilnehmenden Schülern im Alter von zwölf bis 14 Jahren die Stiftung über das Projekt „Radeln ohne Alter“ näherbringen.

Eigene Projektverantwortung bei der Bürgerstiftung Braunschweig

Katja Ludt leitet die Öffentlichkeitsarbeit der Bürgerstiftung Braunschweig.
Katja Ludt leitet die Öffentlichkeitsarbeit der Bürgerstiftung Braunschweig. Foto: Photos of Art / Jérémy Decomble

Bei dem Projekt der Bürgerstiftung fahren Ehrenamtliche Senioren in Rikschas durch Braunschweig und zeigen den Älteren Orte aus deren Jugend, die sie aus eigener Kraft nicht mehr besuchen können. „Gerade in Seniorenheimen gibt es viele, die nicht so oft Besuch bekommen. Es ist schön, wenn die mal rauskommen“, sagt Böhling.

Drei ehrenamtliche Rikscha-Piloten hat Böhling bereits für den Zukunftstag gewonnen. Für diese Piloten werden sich die Schüler, so plant Böhling, Fragen überlegen, die die Ehrenamtlichen vor der Kamera beantworten. Das Resultat soll über den Instagram-Account der Stiftung als Reel, ein kurzer Videoschnipsel, veröffentlicht werden. Das Ziel sei, die Zeit mit dem potentiellen jungen Nachwuchs praxisnah und spielerisch zu gestalten. Auf Frontalunterricht möchte sie verzichten.

Doch es gibt nicht nur Initiativen für Schüler, die Stiftungswelt besser kennenzulernen. Auch die Freiwilligen untereinander sollen sich im Rahmen einer eintägigen Hospitanz miteinander vernetzen. Susanne Hauswaldt, die geschäftsführende Vorständin der Bürgerstiftung Braunschweig, hatte die Idee, den aktuellen FSJ-Jahrgang von deutschen Bürgerstiftungen miteinander in Kontakt zu bringen. Derzeit gibt es drei FSJler in den Bürgerstiftungen in Hamburg, Stuttgart und Braunschweig.

Lina Böhling leistet ihr FSJ bei der Bürgerstiftung Braunschweig. Foto: Photos of Art / Jérémy Decomble
Lina Böhling leistet ihr FSJ bei der Bürgerstiftung Braunschweig. Foto: Photos of Art / Jérémy Decomble

Böhling hat das Gefühl, dass sich die Bürgerstiftung Braunschweig durch die Freiwilligendienstleistenden „frischen Wind“ ins Haus holt. „Junge Leute ziehen Gleichaltrige an.“ Sie habe den Eindruck, dass Stiftungen, die sich personell bereits verjüngt haben, sich mit der Nachwuchssuche leichter tun. Zudem würden die Themen, die Stiftungen anbieten, in ihrer Generation gut ankommen, so Böhling. Und: „Die Stiftungsarbeit ist vielfältig und sinnstiftend.“

Es dürften also beide Seiten gewinnen: Die Bürgerstiftung Braunschweig hat der jüngeren Generation den Dritten Sektor nähergebracht, und eine Vertreterin der sogenannten Generation Z weiß, was Stiftungen wie die Bürgerstiftung in der Gesellschaft bewegen. Die Bürgerstiftung, und bald vielleicht auch andere Stiftungen, dürften für Lina Böhling heute greifbarer sein.

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