Frau Warning, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), für das Sie tätig sind, fördert international tätige Stiftungen. Dabei führt die hauseigene Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) selbst weltweit Projekte durch. Wieso braucht es diese Doppelstruktur?

Prof. Claudia Warning leitet im BMZ die Abteilung für Asien, Osteuropa, Nahen Osten und Lateinamerika. Foto: BMZ
Prof. Claudia Warning: Das BMZ arbeitet mit Partnerregierungen zusammen – das ist eine staatliche Zusammenarbeit. Für direkte Auftragsarbeiten beauftragt das BMZ bundeseigene Organisationen wie die GIZ, die für verschiedene Ministerien der Bundesrepublik arbeitet. Dort geht es dann um fachliche Beratung und die Umsetzung von Projekten. Daneben sind beim BMZ zusätzlich über eine Milliarde Euro budgetiert, um zivilgesellschaftliche Organisationen zu fördern. Jede Organisation kann bei uns einen Antrag zur Finanzierung eines Projektes stellen und dabei Themen und Projektland selbst vorschlagen. Das BMZ übernimmt drei Viertel der Kosten, wenn der Antrag stimmig ist. Wichtig ist uns, dass die Träger 25 Prozent der Kosten des Projekts selbst stemmen. Außerdem sollte die beantragende deutsche Organisation stets mit lokalen Partnern zusammenarbeiten. Uns ist es wichtig, die Zivilgesellschaft vor Ort zu stärken.
Auf einige Projekte der hier vertretenen Stiftungen, die das BMZ unterstützt hat, wollen wir noch zu sprechen kommen. Welche Vorteile hat denn eine Stiftung in der Entwicklungszusammenarbeit gegenüber einer staatlichen Einrichtung?
Warning: Unsere zivilgesellschaftlichen Partner aus Deutschland arbeiten oft innovativ und haben gute Netzwerke vor Ort. So können sie bis in die „letzte Meile“ zu den Menschen vordringen. Staatliche Zusammenarbeit fokussiert dagegen oft die nationalen Bildungs-, Gesundheits- und Wirtschaftssysteme oder den Klimaschutz als Ganzes.

Ralf Tepel ist seit 32 Jahren bei der Karl-Kübel-Stiftung tätig, seit 15 Jahren als Vorstandsmitglied. Foto: Karl-Kübel-Stiftung/Thomas Neu
Ralf Tepel: Die Karl-Kübel-Stiftung hat in Indien, Äthiopien, Myanmar, den Philippinen und im Kosovo lokale Partner, die in der jeweiligen Kultur zu Hause sind – das sind in der Regel keine Berater, sondern lokale Nichtregierungsorganisationen, die nahe an den Menschen sind, die unsere Stiftung mit armutszentrierter Entwicklungszusammenarbeit erreichen will. Ich denke, das ist unser Vorteil: Wir wissen durch unsere Partner über die Bedürfnisse vor Ort Bescheid.
Angela Bähr: Bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung arbeiten wir mit Jugendlichen zu den Themen Sexualaufklärung, Gleichstellung der Geschlechter oder unter Umständen auch zu Teenagerschwangerschaften – das sind Themen, die nach wie vor stigmatisiert sind und die vor Ort von jungen Erwachsenen für Jugendliche ganz anders umgesetzt werden können als in der staatlichen Zusammenarbeit.
Erich G. Fritz: Die Georg-Kraus-Stiftung ist mit der Absicht gegründet worden, kleine Entwicklungsprojekte in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen zu fördern, die den Geförderten unmittelbar helfen. Das sagt sich so leicht. Ob das immer so einfach ist, ist die Frage. Da versammelt sich häufig ein Potential an gutmeinenden, fleißigen Leuten, die aber wenig Know-how haben. Deshalb bilden wir unser Netzwerk aus, so dass die Organisationen einander ergänzen und voneinander lernen können. Wir bringen unsere Partner zusammen und sprechen über Finanzierung, über Projektkontrolle, aber auch über Schwierigkeiten. Das Netzwerken ist jedoch aktuell einschränkt.
Der Jahresbericht der Georg-Kraus-Stiftung zeigt, dass es coronabedingt auch zu finanziellen Einbußen kam. Wie beeinflusst Corona die Stiftungsarbeit?

Erich G. Fritz ist Vorstandsvorsitzender der Georg-Kraus-Stiftung aus Hagen. Foto: Deutscher Bundestag
Fritz: Wir haben aktuell deutlich weniger Mittel als in den vergangenen Jahren, da unsere Stiftung Unternehmensanteile an einem Reiseveranstalter hält. Das heißt, wir müssen uns genau überlegen, welche Projekte wir fördern möchten, und konzentrieren uns auf die Partner, mit denen wir die besten Erfahrungen gemacht haben. Die Erfahrungsberichte aus den Projekten reichen von erschütternd bis begeisternd: Im zentralamerikanischen Guatemala haben wir 25 Jahre lang Schulen gefördert. Heute hat fast jedes Dorf in der Region eine Schule, weil die Bewohner nach dem Start des Projekts gesagt haben: „Wir wollen auch eine Schule.“ Was wir dort an Berichten bekommen über das Engagement der Lehrer, dass etwa Kinder weiterhin betreut werden, ist einfach fantastisch. Dann gibt es Projekte, etwa eines im ostafrikanischen Malawi, wo das, was wir uns vorgenommen hatten, nicht mehr geht. Kinder, die eigentlich schulisch gefördert werden sollten, müssen dort nun ernährt werden, weil durch die Pandemie so viele Mütter gestorben sind.
Bähr: Die Herausforderungen sind gewaltig, dafür kann ich drei Beispiele benennen. Die Pandemie hat alle Partner in der Entwicklungsarbeit zu Flexibilität gezwungen. Wir haben etwa ein durch das BMZ gefördertes Projekt zu Sexualaufklärung an Schulen in Kenia. Da die Schulen monatelang geschlossen waren, war es nötig, das Projekt umzuplanen. Das zweite Stichwort ist Digitalisierung, wir setzen verstärkt digitale Mittel ein. Und dann gibt es drittens eine Reihe von Folgeschäden: etwa in Ostafrika, wo ein Großteil der Menschen unter 15 Jahre alt ist. Dort wird die Zunahme von Teenagerschwangerschaften und sexualisierter Gewalt gegen Mädchen und Frauen beobachtet; die unzureichende Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum wird durch Covid-19 sichtbar wie unter einem Brennglas.
Tepel: Es gibt desaströse Ergebnisse. All das, was wir und auch die Länder erreicht hatten, etwa durch Beschulung und Schulspeisungen, droht verlorenzugehen. Es ist auch zu befürchten, dass Kinder wieder in Mangel-oder Fehlernährung zurückfallen, es gibt viele Kinder, die seit März 2020 nicht in der Schule waren, Eltern, die das Schulgeld nicht bezahlen können – da wird die Schere zwischen Arm und Reich wieder auseinandergehen. Wir versuchen, durch Homeschooling die Kinder zumindest auf dem momentanen Niveau zu halten, um die Rückführung in die Schule zu gewährleisten, besonders auch für Mädchen. Da kommt ein Riesenproblem auf uns zu, nachdem wir schon viel erreicht hatten. Viele sprechen schon von einer verlorenen Generation.

Michael Opitz ist seit der Stiftungsgründung 2005 Geschäftsführer der Hanns-R.-Neumann-Stiftung. Foto: Hanns-R.-Neumann-Stiftung
Michael Opitz: Bei uns in der Hanns-R.-Neumann-Stiftung ist bedingt durch den unternehmerischen Hintergrund der Stifterfamilie das Thema Kaffee sehr präsent. Wir arbeiten als implementierende Stiftung in Kaffeeproduktionsländern in Zentralamerika, Brasilien, Indonesien und Ostafrika. Während der Pandemie haben wir häufig gesehen, dass Märkte sich von den ländlichen Gebieten entfernten und nicht mehr erreichbar waren. Deswegen sind wir dabei, digitale Marktplätze mitaufzubauen, etwa in ländlichen Gebieten Afrikas. Das ist ein interessantes Format, das die Konkurrenzfähigkeit von Kleinproduzenten stärken könnte.
Warning: Ich würde gerne eine Brücke schlagen von den unmittelbaren Auswirkungen der Krise zu den komplexen Zusammenhängen. Diese Krise ist keine einfache Krise, sondern eine Mehrfachkrise. Viele Staaten sind mit gesunkenen Einnahmen bei drastisch gestiegenen Gesundheits-und Sozialausgaben konfrontiert. Positiv ist, dass viele Regierungen nun gezielt und langfristig in ihre sozialen Sicherungssysteme investieren – von Indien über Lateinamerika bis nach Afrika. Wir beobachten jedoch mit Sorge, dass die Verschuldung zunimmt. Dabei wird die Gesundheitskrise noch lange andauern. Auch die Ernährungs-, die Bildungs-und die Klimakrise werden uns weiter beschäftigen. Keine der Herausforderungen lässt sich losgelöst von den anderen betrachten.
Das klingt ja düster. Gibt es auch positive Aussichten?
Warning: Wir haben enorme Fortschritte in der Entwicklungszusammenarbeit erreicht: Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich, die Sterblichkeitsraten von Müttern und Kindern sinken, und es gibt mehr eingeschulte Kinder als je zuvor. Die Pandemie wirft uns natürlich zurück. Wir sind daher gut beraten, eines nicht aus den Augen zu verlieren: Wir sind aneinandergebunden, auf Gedeih und Verderb. Wenn wir die Pandemie nicht global besiegen, haben wir sie nicht besiegt. Meine These ist, dass wenn wir Ungleichheit und Armut nicht auch gemeinsam in den Griff kriegen, dies immer auch Auswirkungen auf unseren Lebensstil in Europa haben wird. Dies kann die Entwicklungszusammenarbeit jedoch nicht alleine leisten. Wir brauchen daher dringender denn je starke, verantwortungsbewusste Regierungen in den Ländern selbst und alle unsere Partner aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Privatwirtschaft. Letztere wird vielleicht mit den wichtigsten Beitrag leisten, die Masse der Menschen aus der Armut zu holen. Das Gegenargument gegen den Defätismus ist, dass uns so viele Ressourcen wie noch nie zuvor in der Geschichte zur Verfügung stehen. Wir wissen so viel wie noch nie, wir haben die Technik, wir haben lange genug Dinge ausprobiert – nun müssen wir die Umsetzung beschleunigen.
Fritz: Es stimmt, die Entwicklungszusammenarbeit wirkt, hat gewirkt, aber sie ist nur ein Teil. Es besteht immer die Versuchung, alle Länder in einen Topf zu schmeißen und als autokratisch, korrupt und unfähig darzustellen. Viele positive Veränderungen wurden aber durch Regierungen der Länder des Südens selbst herbeigeführt.
Opitz: Es ist spannend, gemeinsam den Flug über die Welt und die Schieflagen zu wagen. Sie sprachen die Wirtschaft an, Frau Warning. Die Privatwirtschaft beobachten wir in unserer Stiftung durch Partnerschaften im Kaffeesektor recht umfassend, und wir sind manchmal erstaunt, wie unzulänglich sie Beiträge leistet. Häufig ist guter Wille da, aber die Unternehmen kommen nicht über das Pilotprojekt hinaus, sind nicht umfassend genug in der Auseinandersetzung mit Themen und blenden aus, was sie nicht direkt betrifft, was aber wichtig wäre, damit Wirkung erzielt werden kann. Ich habe große Bedenken, ob sich nicht aufgrund des Wirtschafts-und Preissystems Maßnahmen, die wir in der Entwicklungszusammenarbeit angestoßen haben, in Luft auflösen, weil sie Ressourcen zehren. Ich kann sagen, dass wir es für Kaffee nicht geschafft haben, einen Marktpreis zu etablieren, der die Produktionskosten abbildet. Wenn das der Fall ist, kann die Produktion nur die Ressourcen, mit denen sie umgeht, ausbeuten: mehr produzieren auf schlechteren Böden, ausgeglichen durch Düngemittel, die wiederum CO2 freisetzen. Das sind Kreisläufe, die auf Marktversagen zurückzuführen sind.
Die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen setzen Ziele bis 2030. Sind wir da noch im Bereich des Erreichbaren oder können wir diese Ziele quasi schon ad acta legen?
Fritz: Weder das Eine noch das Andere. Solche Ziele sind keine operationalisierbaren Prozesse, sondern eine gemeinsame Verpflichtung, aus der viele Ziele entstehen. Ähnlich wie bei den Millennium Goals wird es nicht so sein, dass wir durch die SDGs eine heile Welt haben. Sondern Regierungen und Organisationen können sich überlegen, welchen Beitrag sie zur Erreichung der Ziele leisten können.
Warning: Die Ziele sind ambitioniert und vielfältig. Sie geben der Weltgemeinschaft Richtung und Inhalt vor. Wir müssen alles daransetzen, die Ziele zu erreichen, trotz der Pandemie. Noch etwas zu den Chancen: Ein Bereich, der mich positiv überrascht hat, sind die schon erwähnten sozialen Sicherungssysteme. Viele Regierungen sind dabei, aufzuholen. Zum Beispiel ist Indien auf uns zugekommen und hat gefragt, ob wir in Bezug auf Wanderarbeiter unterstützen können. Wir haben vereinbart, dass wir keine Suppenküchen finanzieren, sondern bei der Entwicklung grundlegender Sozialsysteme unterstützen. Wir haben auch in anderen Ländern gesehen, wie schnell mit strukturellen Antworten reagiert wurde, die über die Pandemie hinaus Bestand haben werden. Wir – also diejenigen, die in der Entwicklungszusammenarbeit arbeiten – sind ja Berufsoptimisten: Ich lade dazu ein, die Ziele als Herausforderung zu sehen.
Kommt dem Ziel 13, den Maßnahmen gegen den Klimawandel, eine besondere Rolle zu?
Opitz: Für uns ist es ein Teil der Theory of Change. Denn in die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung der Familien und Gemeinschaften spielt der Klimawandel mit rein, etwa in Bezug auf die Anpassung der Produktionsbedingungen: Was passiert in den Anbaugebieten, wenn es mal mehr Regen gibt? Und wir spielen das Thema weiter: Reduzierung des CO2-Ausstoßes, auch der Scope-3-Emissionen durch Transport, Bindung von CO2 in Produktionssystemen und der Landschaft sowie das Ermöglichen von Kompensationsmechanismen. Klimawandel ist also ein zentrales Thema. Er zieht sich bei uns durch die gesamte Programmatik hindurch.

Angela Bähr ist stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung. Foto: DSW/Simona Bednarek
Bähr: Neben biologischen, klimatechnischen Fragen, die Michael Opitz gerade angesprochen hat, halte ich es für wichtig, multisektoral zu denken für einen verbesserten Klimaschutz, etwa durch eine Verzahnung von Klimaschutz mit Bildung, Gesundheit und Bevölkerungsentwicklung. Südlich der Sahara gibt es nach wie vor ein hohes Bevölkerungswachstum, welches nicht nachhaltig für die dortigen Gesellschaften ist. Auf der Basis von Menschenrechten daran zu arbeiten, etwa mit dem Zugang zu Bildungs-, Gesundheitssystemen und Sexualaufklärung, vor allem auch für Mädchen und Frauen, erscheint mir außerordentlich wichtig. Und zu schauen: Gibt es zusätzliche Synergien, wenn wir Themen multisektoral angehen?
Tepel: Dem kann ich nur beipflichten. Aus unserer Historie „für Kind und Familie“ fangen wir natürlich bei den Kindern an, Umwelt, Bildung, nachhaltiger Umgang mit Ressourcen, Waschen und Hygiene – da fängt es an, und auch Erwachsene müssen lernen, wie Ökosysteme funktionieren und wie man sie regenerieren kann. Da ist das Thema Bildung ein wichtiger Grundstein. Warning: Der Klimawandel ist nach wie vor der größte Armutstreiber. Man kann zwar unterschiedliche Zugänge wählen, wie die Karl-Kübel-Stiftung, die beim Thema Kinder ansetzt, oder die Hanns-R.-Neumann-Stiftung, die am Produktionsprozess arbeitet, aber die Themen konvergieren. Und das ist jetzt eine steile These: Sie werden immer eine Verknüpfung der Themen haben, egal welchen Einstiegspunkt Sie wählen. Deswegen sind die Spezialisierungen, die wir jeweils haben, in den Kooperationen wichtig. Herr Opitz, Sie sind ja Teil der Stiftungsallianz, wo wir gezielt unterschiedliche Stärken in Wert setzen.
Die Stiftungsallianz für Afrika (Safa) ist ein Zusammenschluss von vier Stiftungen. Welche Stärken bringen diese ein?
Opitz: Safa ist schon die Eskalationsstufe. Entwicklungsminister Müller hat im Jahr 2017 Philanthropen in Deutschland zusammenbracht und gefragt: „Was können wir denn gemeinschaftlich machen angesichts der vielen Herausforderungen in der Welt?“ Die Stifter haben Ostafrika in den Fokus genommen und Migrationsströme und Armut als wesentliche Herausforderungen genannt. Sie haben gesagt, dass angesichts des projizierten Bevölkerungswachstums in Afrika Europa der Lage nicht mehr Herr wird, wenn diese Prozesse weiterlaufen. Das BMZ hat hier eine tolle Rolle gespielt und Interessen zusammengeführt. Das erste Projekt in Uganda war eine Kooperation der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, der Siemens-Stiftung, der Hanns-R.-Neumann-Stiftung und des BMZ. Das war der Auftakt für die Stiftungsallianz für Afrika. Dort ist noch die Rossmann-Stiftung hinzugekommen, die Kühne-Stiftung aus dem Logistikbereich und die Max-und-Ingeburg-Herz-Stiftung. Wir sind dabei, in Äthiopien ein erstes Projekt vorzubereiten, das eine ähnliche Ausrichtung hat wie das Projekt in Uganda, nämlich die Perspektiven junger Menschen in ländlichen Gebieten zu verbessern, indem wir wirtschaftliche Entwicklung fördern, besseren Zugang zu Gesundheitsdiensten und Familienplanung schaffen sowie eine bessere Logistik ausbilden.
Bähr: Ich würde gerne einen Aspekt hinzufügen, nämlich die Frage der Zielgruppen: In Uganda und auch in Äthiopien beschäftigen wir uns vor allem mit den Lebensbedingungen der jungen Bevölkerung. Da mehr als 90 Prozent der jungen Menschen in den Entwicklungsländern leben und ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung sehr hoch ist, verfügt diese Gruppe über eine hohe Aufnahmekapazität. Wir müssen uns intensiver mit der Frage auseinandersetzen: Was braucht diese junge Bevölkerungsgruppe? Sie braucht eine Perspektive auf ökonomische Entwicklung, Zugang zu Märkten, Gesundheit, Bildung et cetera.
Welchen Rat würden Sie einem potentiellen Stifter mit auf den Weg geben?
Tepel: Wir haben vor gar nicht langer Zeit den Stiftungsreport mit dem Bundesverband deutscher Stiftungen herausgegeben und gesehen, dass relativ wenige Stiftungen im Ausland tätig sind. Ich glaube, es geht erst einmal um Vertrauensbildung. Potentiellen Stiftern das Gefühl zu vermitteln, das Geld versandet nicht im Nirgendwo, sondern Wirkungen aufzuzeigen. Ich weiß, die Georg-Kraus-Stiftung macht das, wir machen das. Stifter wollen ernst genommen werden, wollen Eigenes einbringen. Da hilft es zu zeigen, was vor Ort geschehen kann.
Warning: Es ist sinnvoll, von dem auszugehen, was man selbst an Erfahrungen und Wissen hat. Wenig erfolgversprechend ist es, in komplett neue Themenkomplexe einzusteigen. Ich würde auch sagen: Suchen Sie sich Partner, gerne bei Stiftungen oder anderen erfahrenen Akteuren wie Vereinen oder Firmen. Mit der Engagement Global gGmbH hat das BMZ eine weltweit einmalige Organisation aufgebaut, die private Akteure berät, wir weisen auch auf mögliche Partner hin. Grundlegend ist zudem die Frage: Mache ich das fördernd oder implementierend? Und: Mache ich das aus eigenen Kräften? Viele können das, manche auch nicht. Herr Fritz berichtete ja, dass seine Stiftung kleinere Initiativen unterstützt. Es ist gar nicht so schwer, hier tätig zu werden. Außerdem sehen wir in unseren Arbeitsbereichen deutlich, was wir bewirken. Das hat mich in meiner Laufbahn immer fasziniert.
Bähr: Es gibt viele wichtige Sektoren, das haben wir ja gehört. Aber ganz wichtig ist: Was interessiert mich als Stifterin? Denn damit muss ich mich ja intensiv beschäftigen. Auf jeden Fall sollten Stifter Interesse und Engagement mitbringen und sich fragen: „Wo bin ich authentisch?“