Als schnelle und übersichtliche Informationsquelle haben sich Factsheets für Fondsangebote durchgesetzt. Die Tatsache, dass es sich nicht um Pflichtdokumente wie die wesentlichen Anlegerinformationen KIID oder den Verkaufsprospekt handelt, sondern um Marketingmaterial, beeinträchtigt den Erfolg ganz offensichtlich nicht. Das dürfte insbesondere daran liegen, dass Interessierte wenig Lust verspüren, die sehr ausführlichen und mit gefühlt unendlich vielen Risikohinweisen versehenen Verkaufsprospekte durchzuarbeiten.
Da es sich um ein freiwilliges Angebot handelt, unterscheiden sich die Factsheets in Umfang und Informationsfülle. Grundlegende Elemente finden sich aber stets, insbesondere die Rechtsform, die ISIN und das Auflegungsdatum. Gerade für Stiftungen mit ihren Dokumentationspflichten besitzt die Rechtsstruktur der kollektiven Kapitalanlage Relevanz. So kann es sich zum Beispiel um eine Investmentgesellschaft mit variablem Grundkapital (SICAV) oder um einen Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) handeln. Für Alternative Investmentfonds (AIF) sind in den meisten Fällen keine Factsheets verfügbar, bei diesem Vehikel werden die Investoren meistens in Mailings über Neuigkeiten auf dem Laufenden gehalten.
Ausgangspunkt ISIN
Mit der ISIN (International Securities Identification Number) lässt sich die exakte Tranche des Fonds bestimmen. Denn Anteile für institutionelle Investoren, Privatanleger oder steuerbefreite Investoren unterscheiden sich bei den Kosten zum Teil erheblich. Hinzu kommen No-Load-Tranchen oder auch solche mit Performance Fee. Die Unterschiede können sogar zu unterschiedlichen Einschätzungen bei den maßgeblichen Ratingagenturen führen, so dass es etwa bei Morningstar vorkommt, dass Tranchen desselben Fonds mit zwei oder auch vier Sternen bewertet werden. Damit einhergehend sind auch Ausgabeaufschlag und Mindestanlagesumme unterschiedlich bepreist. „Die unterschiedlichen Ratings der Tranchen identischer Fonds spiegeln die Tatsache wider, dass die herkömmliche, provisionsbasierte Finanzberatung keinesfalls kostenlos ist; dass sie nach dem Kauf eines Fonds laufend Gebühren für die Beratung zahlen, fällt den meisten Anlegern nur nicht ins Auge, da die Vertriebsgebühren der Fonds – wie auch die Gebühren für das Management – automatisch einbehalten werden“, macht die Ratingagentur deutlich.
Unbedingt sollten Stiftungen darauf achten, dass die offiziellen Mindestanlagesummen in einzelnen Fällen auch eine Maßnahme darstellen, um unwillkommene Kleinanleger abzuschrecken. Auf alle Fälle sind sie nicht in Stein gemeißelt. Wichtiger Tipp daher: unbedingt beim Fondsanbieter anfragen, ob eine prämiengünstigere Tranche nicht auch bei geringerem Mindestinvestment als im Factsheet angegeben verfügbar ist. Das ist nämlich meistens der Fall.
Zu den Basics im Factsheet zählt ferner die empfohlene Mindestanlagedauer, die für eine Anlage die besten Renditechancen verspricht, sowie die Risikokategorie: Das Risiko- und Renditeprofil (SRRI Synthetic Risk and Reward Indicator) wird anhand der Einstufung 1 bis 7 angegeben. Die angegebene Punktzahl stellt eine Schätzung des Risikoniveaus im Verhältnis zur potentiellen Rendite des Fonds dar. Die praktische Relevanz ist dabei überschaubar, wie die Kursturbulenzen im Jahr 2022 zeigten. Bedeutung kommt dem SRRI vor allem in der Dokumentation zu, da ein Stiftungsportfolio mit überwiegend SRRI-6- oder -7-Fonds in den Gremien oder bei der Aufsicht zumindest auffallen würde.
Zu den Informationen eines Factsheets zählt fast immer die Angabe des Fondsvolumens und/ oder der jeweiligen Tranche. Leider veröffentlichen nur wenige Anbieter aktuelle Zahlen zu umlaufenden Anteilen. Denn nur diese Zahl ist aussagekräftig, wenn es darum geht, Zu- oder Abflüsse von Mitteln zu ermessen. Die Zahl der umlaufenden Anteile besitzt wiederum großen Einfluss auf die Höhe der Gebühren. Wächst die Zahl umlaufender Anteile, verteilen sich die festen Kosten auf mehr Stücke. Stiftungen können auf diesem Weg überprüfen, ob der Fondsanbieter Kostenvorteile an die Investoren weitergibt.
Schwammige Zuordnungen
Großer Raum wird in Factsheets der Darstellung der Vermögensallokationen eingeräumt. Stiftungen müssen hier darauf achten, wie bei den gängigen Tortendiagrammen zur Aufteilung zwischen Aktien und Anleihen etwaige Mischfonds eingerechnet werden. Denn die größten Einzelpositionen bei Aktien beziehen sich auf Direktinvestitionen, unter Umständen finden sich beliebte Titel auch in den Fonds, was bei einer unglücklichen Zusammenstellung mehrerer Fonds in einem Portfolio zu unbeabsichtigten Klumpenrisiken führen kann. Die Zuordnung der Titel zu bestimmten Branchen führt mitunter ebenfalls mehr zu Fragen als Erkenntnisgewinn. So muss sich hinter der Bezeichnung „Financials“ nicht ein Portfolio aus Banken verbergen. Stattdessen werden unter diesem Punkt auch Versicherungen, Emittenten von Pfandbriefen, Fintechs oder digitale Plattformen etwa zum Vertrieb von Hypotheken oder Fonds subsummiert.
Wenig spezifische Informationen spiegeln sich bislang zu nachhaltigen Aspekten in Factsheets wider. Das liegt zu einem großen Teil darin begründet, dass die Übersichten eben kurz gehalten werden sollen. Vor allem Fonds, die ihre nachhaltigen Eigenschaften vorvertraglich nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung bewerben, verweisen daher häufig auf zusätzliche Dokumente. Darin geht es dann um die Passung des Portfolios zu den Sustainable Development Goals, die CO2-Einsparungen, zum Teil sind auch eigene ESG-Analysen des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) oder einschlägiger Ratingagenturen verfügbar. Wichtig: Fonds aus angelsächsischen Ländern mit deutscher Vertriebszulassung können sehr nachhaltig aufgestellt sein, dokumentieren das aber nicht über die EU-Offenlegungsverordnung, da diese lediglich für in der Europäischen Union domizilierte Angebote gilt.
Stefan Dworschak ist Chefredakteur von DIE STIFTUNG. Zuvor war er nach einem Magisterstudium der Anglistik, Philosophie und Romanistik mit sprachwissenschaftlichem Schwerpunkt an den Universitäten Heidelberg und Sheffield in der Mantel- sowie Lokalredaktion einer Tageszeitung tätig.

