Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft in Russland „unerwünscht“

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Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation hat die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) als „unerwünschte Organisation“ eingestuft. Der russische Staat bewertet ihre Arbeit damit als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“, teilte die Stiftung in einer Pressemitteilung mit. Die Stiftung EVZ weise diese Einstufung und die damit verbundene Kriminalisierung entschieden zurück. Die Einstufung als „unerwünscht“ hat zur Folge, dass jedem in Russland, der mit der Stiftung zusammenarbeitet, Strafverfolgung droht. 

„Werden Auftrag mit Nachdruck fortsetzen“

„Die Einstufung als ‚unerwünschte Organisation‘ zeigt erneut, wie sehr Russlands Vorgehen die unabhängige demokratische Zivilgesellschaft und eine kritische Erinnerungskultur unter Druck setzt“, so die Stiftung. „Wir werden unseren Auftrag mit Nachdruck fortsetzen: für historische Verantwortung, Menschenrechte und die Stärkung von Demokratie einzutreten. Dazu gehört auch der Einsatz für die Zivilgesellschaft in der Ukraine, die unter dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands leidet. Unser Engagement für russische Exilorganisationen führen wir unvermindert fort.“

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Die Projektarbeit der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch hat sich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine komplett verändert. Geschäftsführer Philipp Stemmer-Zorn über das Verhältnis zu den russischen Partnern, die Suche neuer Aufgabenfelder und die Zukunft der Arbeit der gemeinnützigen GmbH.

Im März 2025 beschloss das Kuratorium der Stiftung EVZ, dass die Vertreter von Belarus ihr Mitbestimmungsrecht im Kuratorium und ihre Mitgliedschaft dort vorübergehend nicht mehr ausüben dürfen und dass die Russische Föderation ihr Recht, Mitglieder für das Kuratorium zu benennen, ebenfalls vorübergehend verliert. Die Stiftung begründete dies mit drei Risiken: der Gefährdung der Stiftungszwecke, der Schädigung des Ansehens der Stiftung und der Gefahr für an Stiftungsprojekten beteiligte Personen durch eine fortbestehende Mitgliedschaft Russlands und Belarus’ im Kuratorium.

Russland hat inzwischen mehr als 250 internationale Organisationen als „unerwünschte Organisationen“ eingestuft – darunter über 30 mit Sitz in Deutschland. Betroffen sind unter anderem die parteinahen Stiftungen Konrad-Adenauer-, Friedrich-Ebert- und Rosa-Luxemburg-Stiftung. Ebenso auf der Liste stehen gemeinnützige Einrichtungen wie Radio Free Europe und die Clooney Foundation for Justice von George und Amal Clooney. Meist handelt es sich um Nichtregierungsorganisationen, die sich für Demokratie, Menschenrechte oder unabhängige Forschung einsetzen.

Über die Stiftung EVZ

Der Deutsche Bundestag gründete die Stiftung EVZ im Jahr 2000 per Gesetz. Das Gründungskapital von rund fünf Milliarden Euro kam je zur Hälfte von der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, an der sich etwa 6.500 Unternehmen beteiligten, und von der Bundesregierung. Die gemeinnützige Stiftung öffentlichen Rechts hat den Auftrag, die Erinnerung an das Unrecht der nationalsozialistischen Verfolgung wachzuhalten. Zentrales Motiv der Gründung war die Auszahlung humanitärer Ausgleichsleistungen an ehemalige Zwangsarbeiter des NS-Regimes. Insgesamt wurden bis 2007 rund 4,4 Milliarden Euro an etwa 1,66 Millionen ehemalige Zwangsarbeiter und deren Rechtsnachfolger in fast 100 Ländern ausgezahlt. Heute fördert die Stiftung Projekte und Aktivitäten, die den Überlebenden nationalsozialistischer Verfolgung, der Völkerverständigung und der Stärkung von Menschenrechten dienen. Die Stiftung EVZ ist vor allem in Mittel- und Osteuropa, in Deutschland und in Israel aktiv.