Die aus dem Pferderennsport bekannte Mehl-Mülhens-Stiftung ist im Streit mit Fiona Streve-Mülhens Achenbach in zwei weiteren Verfahren unterlegen. Das geht aus einer Pressemitteilung der Bonner Kanzlei Rott legal hervor, die Streve-Mülhens Achenbach vertritt. Das Landgericht Köln entsprach in seinem Urteil demnach der Sichtweise der Großnichte der verstorbenen Stifterin Maria Mehl-Mülhens zu Satzungsänderungen, die der Ursprungssatzung widersprachen, darunter die Anhebung der Altersgrenze für Vorstandsmitglieder. Das Verwaltungsgericht Köln betonte in einem separaten Verfahren wiederum die Genehmigungspflicht der Änderungen.
Die beiden Urteile sind das jüngste Kapitel in einem Streit zwischen Stiftung und Stifterinnenfamilie, der 2020 begann. In dessen Zuge hatte Fiona Streve-Mülhens Achenbach im April 2024 Einsicht in die Satzung vor dem Bundesgerichtshof erstritten. Auf dieser bauten die nun behandelten Klagen zu Rechtmäßigkeit und Genehmigungspflicht der Änderungen auf.
Streit auf zwei Ebenen
Der frühere Stiftungsvorstand hatte die Altershöchstgrenze für Mitglieder des Gremiums von 65 auf 75 Jahre angehoben sowie einen Passus gestrichen, nach dem möglichst ein Mitglied der Familie der Stifterin dem vierköpfigen Vorstand angehören soll. Auch das Recht der Familie der Stifterin über die Nutzung des zur Stiftung gehörenden Schlosses Röttgen war entfernt worden. Durch diese Änderungen konnte der frühere Vorstandsvorsitzende, ein heute 84-jähriger Frankfurter Rechtsanwalt, die Kölner Stiftung weit über die vorgesehene Frist hinaus leiten – ohne Einfluss der Stifterinnenfamilie. Er gab sein Amt ab, nachdem der Streit medienöffentlich geworden war. Inzwischen führt seine Tochter die Stiftung, ebenfalls eine Frankfurter Rechtsanwältin. Ein Aufsichtsgremium existiert weiterhin nicht.

Der jüngste Streit bewegte sich auf zwei Ebenen: Vor dem Landgericht hatte die Großnichte der Stifterin gegen die Satzungsänderungen selbst klagte, vor dem Verwaltungsgericht der Stiftungsvorstand gegen die Ablehnung der Änderungen durch die Bezirksregierung. Das Landgericht urteilte, dass an der Satzung vorgenommene Änderungen unwirksam sind, da sie dem dokumentierten Willen der Stifterin widersprächen. Das Verwaltungsgericht lehnte die Klage des Stiftungsvorstands ab, da die Stiftungssatzung explizit jegliche Änderung unter den Vorbehalt einer Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde stelle. „Der in der Stiftungsurkunde niedergelegte Stifterwille ist danach bei einer Satzungsänderung stets zu respektieren und zu verwirklichen. Mit der Genehmigung der Stiftung, durch die diese Rechtsfähigkeit erlangt, wird der Stifterwille verselbständigt und objektiviert. Er bleibt insoweit auch für Satzungsänderungen maßgeblich.“
„Ich bin froh über das Urteil, das zeigt, wie massiv der Stiftungsvorstand gegen den Willen meiner Großtante verstößt.“
Fiona Streve-Mülhens Achenbach
Mit den Änderungen sei der Wille der Stifterin massiv missachtet worden, „obwohl dieser Wille sowohl im Testament als auch in der Stiftungssatzung unmissverständlich dokumentiert ist“, wird der Streve-Mülhens Achenbachs Rechtsanwalt, Eberhard Rott, zitiert. „Im Kern des Rechtsstreits geht es um die Frage, ob eine Stiftungssatzung in wesentlichen Punkten so geändert werden darf, dass sie dem dokumentierten letzten Willen einer Stifterin oder eines Stifters nicht mehr entspricht.“
„Ich bin froh über das Urteil, das zeigt, wie massiv der Stiftungsvorstand gegen den Willen meiner Großtante verstößt“, sagt Streve-Mülhens Achenbach. „Leider werden seitens der Stiftung nach wie vor alle meine Versuche abgelehnt, zu einer gütlichen Einigung zu kommen und so Zeit, Nerven und weiteres Stiftungsgeld zu sparen“, so Achenbach weiter. Da die Stiftung bereits angekündigt habe, Rechtsmittel gegen das Urteil des LG einzulegen, bleibe es wohl bei dieser Haltung, vermutet die Großnichte der Stifterin.
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Hintergrund des heutigen Streits ist auch eine unübersichtliche Entstehungsgeschichte der posthum gegründeten Stiftung. Das Testament und die personelle Konstellation wandelten sich kurze Zeit vor dem Tod der Stifterin im Jahr 1985: Auf das erste notarielle Testament folgt ein handschriftliches: Darin ernennt die Erbin der 47/11-Dynastie einen Frankfurter Notaranwalt der die erste Fassung beurkundet hat, zum Testamentsvollstrecker.
Kurz bevor sie stirbt, erhält Mehl-Mülhens Besuch von einem Nurnotar. Es entsteht ein weiteres notarielles Testament, in dem der erste Kollege und Testamentsvollstrecker nun auch als Stiftungsvorstand benannt wird. Zwei weitere Vorstände werden namentlich eingetragen – ein Rechtsanwalt aus Frankfurt am Main und ein Bankkaufmann aus Zürich. Der vierte Posten, der in der Urfassung der Satzung an Familienmitglieder gehen sollte, wird nicht näher bestimmt. Das Gremium besetzte ihn anscheinend, nachdem die Familie Interesse bekundet hatte.
Über die Mehl-Mülhens-Stiftung
„Bisher hat die Stiftung alle Verfahren in der Sache verloren. In der Konsequenz steht sie nun ohne rechtmäßig bestellten Vorstand da, der zudem mit den von ihm zu verantwortenden Satzungsänderungen wissentlich gegen den erklärten Willen der Stifterin verstößt“, sagt Achenbach. „Wir hoffen, dass sich im Stiftungsvorstand langsam die Einsicht durchsetzt, dass ausschließlich der dokumentierte Wille der Stifterin maßgeblich ist“, so Rott. „Nun ist die Stiftungsaufsicht gefragt, durch geeignete Maßnahmen den Willen der Stifterin durchzusetzen.“
Die Mehl-Mülhens-Stiftung widmet sich der Förderung der Vollblutzucht und des Galopprennsports. Ein zentrales Element ihres Engagements ist das Gestüt Röttgen bei Köln, das seit Jahrzehnten Rennpferde hervorbringt. Teil der Stiftung sind zudem die Land- und Forstwirtschaftlichen Betriebe Röttgen, zu denen das Gestüt, der Rennstall, die Forst- und Landwirtschaft sowie die Gärtnerei gehören. Die Stiftung richtet Pferderennen aus, darunter den „Preis von Europa“, eines der wenigen Gruppe-I-Rennen in Deutschland.
