Seit Vorstandschef und Aufsichtsratschef kurz hintereinander die Thyssen-Krupp AG verließen, steht die Krupp-Stiftung in der Kritik. Nun hat sich zum ersten Mal auch die Gründerfamilie dazu geäußert und erhebt schwere Vorwürfe.

Streitpunkt in der Auseinandersetzung ist die grundsätzliche Ausrichtung von Thyssen-Krupp (die-stiftung.de berichtete hier und hier). Finanzinvestoren möchten das Unternehmen zerschlagen, die Stiftung – mit 21 Prozent größte Anteilseignerin des Konzerns – soll laut Satzung die Einheit des Unternehmens erhalten. Doch von Ursula Gather, der Vorsitzenden des Kuratoriums der Krupp-Stiftung, fühlten sich Vorstandschef Heinrich Hiesinger und Aufsichtsratschef Ullrich Lehner nicht unterstützt, was die beiden letztlich zum Rücktritt bewog.

Gegenüber dem Handelsblatt äußerten sich nun die drei Krupp-Nachfahren. Auch wenn sie weder nennenswerten Anteile an Thyssen-Krupp halten noch an der Krupp-Stiftung beteiligt sind, repräsentieren sie den Familienrat der Krupps, der schon lange vor der Stiftung gegründet wurde: „Die Idee unserer Großeltern Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach war es, eine Familienstiftung zu errichten. Dabei sollte eine Stiftung das Unternehmen erben und der Älteste der Stiftung vorstehen. Gleichzeitig sollte die Stiftung der übrigen Familie Rechenschaft ablegen – im Familienrat“, erklärt Friedrich von Bohlen und Halbach. „Nach heutigen Maßstäben müsste der Familienrat eigentlich die Stiftung beraten“, konstatiert er.

Stiftung müsste Stärke zeigen

Seit der Stiftungsgründung 1967 ist ihr Anteil am Unternehmen von 100 Prozent auf 21 Prozent zusammengeschrumpft. Eckbert von Bohlen und Halbach erläutert im Interview, dass es bei der oft genannten „Einheit des Unternehmens“ nicht nur um die Einheit der Geschäftsbereiche gehe, nicht darum, ob die Stahlsparte abgetrennt oder das Aufzugsgeschäft verkauft werde: „Mit der klassischen ‚Einheit des Unternehmens‘, wie es unsere Vorfahren über Generationen in ihren Testamenten definiert haben, hat das nichts zu tun“, so der Vorsitzende des Familienrats. „Über fünf Generationen waren alle Familienmitglieder stets damit einverstanden, dass das Unternehmen nur von einem Alleinerben übernommen wird. So sollte verhindert werden, dass die Firma im Streitfall unter verschiedenen Erben aufgespalten wird“, erklärt Diana Friz. Es gehe darum, als Eigentümer Stärke zu zeigen: „Eine Stärke, die die Stiftung nicht mehr hat“, so Friz.

„Wir kritisieren, dass die Stiftung ihrem unternehmerischen Auftrag nicht nachkommt“, fasst Friedrich von Bohlen und Halbach die Position des Familienrats zusammen. „Wenn ich mit 21 Prozent größter Aktionär eines Unternehmens bin, dann muss ich eine klare unternehmerische Strategie haben und dazu Farbe bekennen. Und ich muss mich in der Öffentlichkeit auch hin und wieder zu dieser Strategie äußern. Das hat die Stiftung bisher nicht deutlich genug getan“, so der Krupp-Nachfahre.

Auch der langjährige Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Berthold Beitz, der als starke Unternehmerpersönlichkeit galt, kommt beim Familienrat nicht gut weg. Bis zu seinem Tod vor fünf Jahren war er Stiftungschef: „Berthold Beitz hat es versäumt, die Stiftung so zu besetzen, dass das Kuratorium seinen Aufgaben auch heute noch gerecht werden kann“, konstatiert Diana Friz. „Schauen Sie sich die Struktur der Stiftung an: Da haben wir hochrangige Wissenschaftler, einen Journalisten, einen Juristen, eine Kunsthistorikerin. Und natürlich die Vorsitzende, eine hochgescheite Mathematikerin – aber keine Unternehmerin. Auch, wenn jeder auf seinem Fachgebiet sicherlich sehr erfolgreich ist: Wie kann eine solche Gemeinschaft hochkomplexe unternehmerische Entscheidungen beurteilen?“, fragt sich der Unternehmer Eckbert von Bohlen und Halbach.

Stiftung ist eine Blackbox

„Die Stiftung ist für uns eine Blackbox“, so Friedrich von Bohlen und Halbach. Als Familienrat kenne das Trio weder die Satzung der Stiftung noch sei eine Kontaktaufnahme zu Ursula Gather gelungen. „Der Familienrat, als der wir hier sprechen, ist das letzte Organ, das uns über die Testamente verblieben ist“, bedauert  Friedrich von Bohlen und Halbach und erklärt: „Wir würden uns natürlich freuen, aktiv in der Stiftung vertreten zu sein. Wenn man das Konzept des Familienrats zu Ende denkt, wären wir ein Beirat für die Stiftung. Auch das wäre ein gangbarer Weg. Wir würden uns jedenfalls der Verantwortung stellen.“

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