Wie Stiftungen haben auch Vermögensverwalter oder Privatanleger Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer Investmentansätze gerückt. Dabei ist sowohl das Interesse der Anleger an ESG-Themen (Umwelt, Soziales und Governance) gewachsen, als auch die Erwartungshaltung bezüglich des Angebots von ESG-Investitionen. Inzwischen ist ein negatives ESG-Screening für viele Anleger nicht mehr ausreichend. Andererseits ist auch festzustellen, dass positive Screenings nach wie vor sehr uneinheitlich umgesetzt werden.
Die anonyme Online-Umfrage von Berenberg unter Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der gesamten Investmentbranche, um ein breites Spektrum zu erfassen, führt zu verschiedenen Schlussfolgerungen. So haben Investoren in den letzten Jahren Nachhaltigkeitsaspekte sehr viel stärker verinnerlicht, wobei sie vermehrt darauf achten, wo und wie investiert wird, was sich insbesondere im Vergleich mit einer ähnlichen Umfrage aus dem Jahr 2018 zeigt. Mit einer Quote von 85 Prozent berücksichtigt die überwiegende Mehrheit der Befragten inzwischen die 17 Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs – Sustainable Development Goals) in ihren Anlageprozessen, wobei rund die Hälfte der Befragten SDGs bereits direkt im Anlageprozess integriert hat.
Einige Befragte nutzen die SDGs, um ihre Investitionspräferenzen zu formulieren – „als Grundlage für die Anlageentscheidung“ oder „als Rahmenwerk, das berücksichtigt, aber nicht direkt eingesetzt wird“, während andere, wie beispielsweise Stiftungsbeauftragte sie als Instrument verwenden, um die Auswirkungen ihrer Investitionen aufzuzeigen. Allerdings zeichnet sich auch ab, dass sich die Befragten auf einige wenige SDGs konzentrieren – nicht zuletzt, weil diese im Grunde auf die Anwendung durch Regierungen ausgerichtet sind –, um einen sinnvollen Beitrag dazu leisten zu können. Insbesondere glaubt die Mehrheit der Befragten, dass sich einige Ziele von Natur aus nur bedingt für Investitionen eignen und maximal bis zu drei SDGs durch Investments sinnvoll unterstützt werden können. Die meisten Nennungen in diesem Zusammenhang erhielten SDG 7 (Bezahlbare und saubere Energie), SDG 9 (Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung) sowie SDG 13 (Klimaschutz).
Der Impact von ESG-Investments
Die Auswirkungen ihrer Investments spielen für viele Investoren eine zunehmend wichtige Rolle. So bekannten 62 Prozent der Befragten, sowohl auf Grundlage der aktuellen als auch der zukünftigen Auswirkungen zu investieren. Für 12 Prozent ist die Zukunft der ausschlaggebende Faktor, für 10 Prozent die Gegenwart. Nur 16 Prozent der Befragten sagten, dass keines der beiden für sie eine vorrangige Rolle spielt.
Hinsichtlich der Wirkungsmessung – dem Impact Measurement – gehen die Ansichten der Umfrageteilnehmer gleichfalls auseinander. Während 21 Prozent der Befragten die Rendite einer Investition vor den Impact stellen, ist es bei 14 Prozent der Befragten genau andersherum. 55 Prozent der Teilnehmer betrachten beides wiederum als gleichermaßen relevant. Um die Wirkungsmessung durchzuführen, greifen 35 Prozent der Befragten auf die Hilfe externer Impact-Datenanbieter zurück, während 40 Prozent von ihnen die relevanten Daten selbst erheben. 25 Prozent enthielten sich der Aussage, was auch darauf zurückzuführen sein könnte, dass nur 12 Prozent der Teilnehmer das Angebote von Impact-Datenanbietern für „sehr hilfreich“ halten, 47 Prozent für „etwas hilfreich“ und 10 Prozent für „nicht hilfreich“, während wiederum 31 Prozent der Teilnehmer das Thema als (noch) nicht relevant erachten.
COVID-19 und ESG
Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat sich einerseits sehr stark auf die Kursentwicklung an den Finanzmärkten ausgewirkt und andererseits auch die Präferenzen der Anleger beeinflusst. So ist anhand der Berenberg-Umfrage festzustellen, dass den sozialen Faktoren nunmehr ein höherer Stellenwert eingeräumt wird, der aufgrund der Nachfrage nach Impact-bezogenen Anlageprodukten sogar noch weiter zunehmen dürfte. Covid-19 hat viele Anleger dazu veranlasst, die Art und Weise zu überdenken, wie sich ihre Überzeugungen in Investitionsentscheidungen niederschlagen. So gaben angesichts der Pandemie 47 Prozent der Befragten an, dass soziale Faktoren bei ihren Anlageentscheidungen an Relevanz gewonnen haben, während sich 35 Prozent für ökologische Faktoren entschieden haben.
Darauf aufbauend ergibt sich abschließend, welche ESG-Produkte die Umfrage-Teilnehmer als für die Zukunft am Wichtigsten erachten. 19 Prozent votierten für „aktiv verwaltete ESG-Strategien“, dicht gefolgt vom „Impact Investing“, für das sich 17 Prozent entschieden und „Nachhaltigkeit/SDG-bezogene Anleihen“ mit 15 Prozent. Es bleibt jedoch anzumerken, dass die Covid-19-Pandemie noch längst nicht beendet ist, weshalb sich erst im Lauf der Zeit zeigen wird, ob die dadurch ausgelöste Anlegerstimmung eine strukturelle Veränderung der Anlagepräferenzen bewirken wird. Alles in allem lässt sich aber festhalten, dass auch wenn der Weg zur Nachhaltigkeit derzeit oftmals noch nicht ganz klar ist und vielen als schwierig erscheint, die erreichten Zwischenziele doch ermutigend sind.
Zur aktuellen ESG-Umfrage von Berenberg
Stefan Duus
Wealth Management
Leiter Kompetenzteam Stiftungen & NPOs
Berenberg
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