Immobilien und Stiftungen passen aufgrund des langfristigen Fokus, den beide haben, sehr gut zusammen. Wir haben unseren Bestand an Immobilien im Direktbesitz in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht“, sagt Petra Träg, Geschäftsführerin der SOS-Kinderdorf-Stiftung. Die 2003 gegründete SOS-Kinderdorf-Stiftung verfügt über ein Stiftungskapital von mehr als 100 Millionen Euro, die Dachstiftung allein über rund 57 Millionen Euro. Der Anteil an Direktimmobilienvermögen am gesamten Stiftungskapital der Dachstiftung beträgt rund 26 Prozent. In der ersten Anlagerichtlinie der SOS-Kinderdorf-Stiftung waren noch maximal 25 Prozent Aktien und zehn Prozent Immobilien zugelassen, der Rest musste in Anleihen investiert sein. „Anlagerichtlinien dürfen nie in Stein gemeißelt sein“, warnt Petra Träg. „Die Welt verändert sich, und so müssen sich auch die Anlagerichtlinien verändern.“ Mindestens zweimal im Jahr wird überprüft, ob die Rahmenbedingungen sich so verändert haben, dass die Anlagerichtlinien angepasst werden müssen.
„Wenn die Prüfung ergibt, dass die Renovierungskosten zu hoch sind, um die Immobilie in einen vermietbaren Zustand zu bringen und den dauerhaften Werterhalt zu sichern, beschließt der Stiftungsvorstand den Verkauf.“
Petra Träg, SOS-Kinderdorf-Stiftung
Die Chancen und Risiken einer Immobilie bewertet die SOS-Kinderdorf-Stiftung durch eine von externen Gutachtern durchgeführte Immobilien-Due-Diligence. „Auch langfristige Faktoren wie Standortentwicklung, Ertragserwartungen sowie notwendige Sanierungskosten und die in den nächsten Jahren zu erfüllenden gesetzlichen Auflagen und Bestimmungen sollten in diese Betrachtung einfließen“, rät Träg.
Vermietet oder nicht vermietet?
Vermietete Immobilien übernimmt die SOS-Kinderdorf-Stiftung üblicherweise samt den bestehenden Mietverträgen. Dann läuft alles weiter wie vor der Zustiftung. Die Nettomieterträge nach einer Rücklage für Instandhaltungsmaßnahmen setzt die Stiftung für die Förderung von betreuten Kindern und Jugendlichen ein.
Bei nicht vermieteten Immobilien wird geprüft, ob diese direkt für SOS-Kinderdorf-Zwecke genutzt werden können. Das ist meist nur möglich, wenn die Immobilie in der unmittelbaren Nähe einer bestehenden SOS-Kinderdorf-Einrichtung liegt. „Ist das nicht der Fall, ermitteln wir, ob und wenn ja, welche Maßnahmen notwendig sind, die Immobilie zu vermieten“, erklärt Träg. „Wenn die Prüfung ergibt, dass die Renovierungskosten zu hoch sind, um die Immobilie in einen vermietbaren Zustand zu bringen und den dauerhaften Werterhalt zu sichern, beschließt der Stiftungsvorstand den Verkauf.“
Bei Schenkungen einer Immobilie zu Lebzeiten oder per Testament, auf der noch Belastungen liegen, wie etwa ein Wohnrecht, ein Nießbrauch, ein Restdarlehensbetrag oder eine Leibrente, muss die Annahme der Zustiftung von der Stiftungsaufsicht genehmigt werden. Dabei erstellt die SOS-Kinderdorf-Stiftung sowohl eine Kapital- als auch eine Ertragsbetrachtung des langfristigen Vermögenszuwachses sowie der Liquiditätsströme, wobei auch die künftigen Einnahmeaussichten und notwendigen Renovierungskosten berücksichtigt werden. „Wir behalten die meisten Immobilien, die uns per Testament zugewendet wurden. Wenn die Immobilie mit Auflagen versehen ist, die wir nicht erfüllen können, sagen wir das ganz offen, damit wir keine falschen Erwartungen wecken oder Enttäuschung bereiten.“
Steigende Kosten und Unsicherheiten

Petra Träg ist Geschäftsführerin der SOS-Kinderdorf-Stiftung. Foto: Jonathan Skudlik – Spielmannsbilder
Durch den Klimawandel, die ESG-Thematik, gesetzliche Regelungen zum CO2-Ausstoß und verpflichtende Energiemaßnahmen, aber auch durch ein wachsendes Nachhaltigkeitsbewusstsein werde es in den nächsten Jahren bei Immobilien-Assets viel zu gestalten geben, prognostiziert die Geschäftsführerin der SOS-Kinderdorf-Stiftung. Energetische Sanierungen kosten viel Geld, und der Mangel an Handwerkern sowie Lieferprobleme bei Baumaterial machen die Bewirtschaftung von Immobilien nicht billiger. Damit werde die Kostenseite der Immobilien in den nächsten Jahren ansteigen. Ob in gleichem Maße die Erträge steigen, bleibt laut Träg abzuwarten.
„An Immobilien kommt man als Stiftung nicht vorbei“, sagt Träg. Man sollte bei Immobilien stets das Thema Wertentwicklung im Blick behalten und keine Angst vor der Mehrarbeit haben, die eine Immobilie in der Bewirtschaftung gegenüber einer zehnjährigen Anleihe macht. „Sinnvoll ist für jede Stiftung, eine ordentliche Risikoabwägung zu machen und hier die Einflussfaktoren, Rahmenbedingungen und Prämissen für die Entscheidung gut zu dokumentieren“, lautet der Rat der Stiftungsmanagerin.
Auch die Stiftung Hilfe mit Plan hat Erfahrungen mit Immobiliennachlässen und -schenkungen gesammelt. Als Stiftung der Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland nahm die Hamburger Stiftung 2005 ihre Arbeit auf. Unter ihrem Dach mit einem Stiftungskapital von mehr als 70 Millionen Euro vereinen sich heute rund 260 Treuhandstiftungen.
Stiftung als Alleinerbin?

Julia Selle ist Geschäftsführerin der Stiftung Hilfe mit Plan. Foto: Stiftung Hilfe mit Plan/Emely Inselmann
Die Weitergabe von Immobilien in Form von Nachlässen oder Schenkungen an die Stiftung hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. „Ein Großteil derjenigen, die uns eine Immobilie vererben, haben ihr Testament so gut formuliert und ihren Nachlass so präzise geplant, dass wir alles direkt wie gewünscht umsetzen können“, berichtet Julia Selle, Geschäftsführerin der Stiftung Hilfe mit Plan. Etwas komplexer werde es, wenn die Stiftung nicht als Alleinerbin eingesetzt sei. Dann müsse man sich mit weiteren Erben abstimmen, was die Abläufe verzögern könne. Herausforderungen gebe es auch manchmal, wenn die Immobilie auf eine festgelegte Art und Weise weiter genutzt werden soll, zum Beispiel als Kindertagesstätte. All das ist möglich, doch Julia Selle empfiehlt, auf Zweckbestimmungen zu verzichten.
Für eine möglichst reibungslose Übernahme von Immobilien ist es zudem wichtig, alle notwendigen Unterlagen zur Hand zu haben. Als Hilfestellung für Immobilienbesitzer hat die Stiftung Hilfe mit Plan eine Checkliste erarbeitet. Hier kann man ankreuzen, um was für eine Immobilie es sich handelt, ob es um Eigen- oder Fremdnutzung geht, ob ein Grundbuchauszug vorliegt, die Immobilie mit Altlasten belegt ist und welche laufenden Wartungsverträge, Versicherungen oder Rechtsstreitigkeiten bestehen.
Nutzungsrechte prüfen
Neben dem Vererben einer Immobilie gibt es auch die Möglichkeit einer Schenkung zu Lebzeiten. Immobilienschenkungen haben am Stiftungsvermögen von Hilfe mit Plan bisher noch einen sehr geringen Anteil im einstelligen Prozentbereich. Gerade die Möglichkeit, ein Wohn- oder Nießbrauchrecht für die Immobilie einzuräumen, werde von den Schenkenden gerne gewählt. So kann die Immobilie weiter so genutzt werden wie bisher. Gleichzeitig ist aber sichergestellt, dass die Immobilie in das Eigentum der Stiftung übergegangen ist, und es können dabei noch Steuervorteile genutzt werden. „Da das Nießbrauchrecht gegenüber dem Wohnrecht für die Schenkenden eine größere Sicherheit bietet, raten wir in der Regel zur Gestaltung mit Nießbrauchrechten“, so Julia Selle. Eine Herausforderung sei dabei die Vorfinanzierung von anfallenden Rechts- und Notarkosten sowie der zu zahlendenden Grunderwerbsteuer. Auch müsse in jedem Fall sichergestellt sein, dass auch während des Bestehens von Wohn- oder Nießbrauchrechten keine Verluste mit der Immobilie erwirtschaftet werden.
Externes Know-how einkaufen
Bei der Bewertung von Immobilien nutzt die Stiftung Hilfe mit Plan sowohl das Know-how eigener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch externe Experten und Expertinnen. Tiefe und Breite der Bewertung richten sich jeweils nach der Art und Nutzung der Immobilien und können sehr unterschiedlich sein. In Nachlassfällen erfolgt die Bewertung regelmäßig über unabhängige Sachverständige. Sie wird von den Nachlassverwaltern oder Testamentsvollstreckern im Rahmen der Abwicklung beauftragt. Im Fall von Schenkungen stellen Eigentumswohnungen in der Regel die einfachsten Fälle dar und werden anhand der erwarteten Erträgen durch Vermietung bewertet. In jedem Fall muss die Stiftung im Vorhinein die Chancen und Risiken, die mit dem Erwerb einer Immobilie verbunden sind, gut abwägen, um Verluste zu vermeiden.
„Wir erleben, dass die staatlichen Regulierungen in Bezug auf die Nutzung von Immobilien zunehmen.“
Julia Selle, Stiftung Hilfe mit Plan
„Da es sich bei der Nutzung von Immobilien um eine Form der Vermögensanlage handelt, entscheidet sich die Frage nach Halten oder Verkaufen jedoch grundsätzlich auch unter Beachtung der erwarteten Erträge im Vergleich zu alternativen Anlagemöglichkeiten“, so Selle. In den vergangenen Jahren hätte die Vermögensanlage Immobilie dabei stets besser abgeschnitten. Zumal Stiftungen gehalten seien, in eher risikoarme Anlagen zu investieren, so dass die Renditemöglichkeiten am Wertpapiermarkt abhängig von den Anlagerichtlinien nur eingeschränkt genutzt werden könnten.
Unübersichtliche Marktlage
Die Stiftung Hilfe mit Plan hat eine Grundregel: Einfamilienhäuser werden generell verkauft. Auch andere Immobilien, die zu weit weg vom Einsatzort liegen, werden eher verkauft. In jedem Fall erfolgt eine Einzelfallentscheidung, die sich am Willen der Erblasser und der Schenkenden orientiert. „Ist zum Beispiel die Verwaltung oder Unterhaltung der Häuser mit einem unverhältnismäßigen Aufwand und zu großen Kosten verbunden, ist es besser zu verkaufen“, merkt Julia Selle an.
Wie sich der Immobilienmarkt in der Zukunft entwickeln werde, ist laut Selle derzeit nur schwer einzuschätzen. „Wir erleben, dass die staatlichen Regulierungen in Bezug auf die Nutzung von Immobilien zunehmen. Denken Sie nur an die Anforderungen zu energetischen Sanierungen oder den Einbau neuer Heizungen. Alles in allem begrüßenswerte Anforderungen, da die umweltgerechte Nutzung von Immobilien gefördert werden soll. Aber um diese Auflagen erfüllen zu können, muss teilweise viel investiert werden. Hierzu wird freie Liquidität benötigt“, erklärt sie. Wenn solche Investitionen unverhältnismäßig hoch sind, muss die Stiftung auch einmal „Nein“ sagen können und eine Immobilie ablehnen.
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